Süddeutsche Zeitung

Kaltenberger Ritterspiele:Die Ritter sind zurück

Auf Schloss Kaltenberg wird nach zwei Jahren Zwangspause an drei Juli-Wochenenden wieder gekämpft, gefeiert und gelebt wie im Mittelalter. Der Andrang ist groß, an einigen Tagen soll es nur noch Restkarten geben.

Von Ralf Tögel

Es war reichlich ruhig geworden auf Schloss Kaltenberg, zwei lange Jahre hat die Pandemie das Leben am Hofe nahe Geltendorf weitgehend lahmgelegt. Doch nun sind sie wieder da, die edlen Ritter und ihre Knappen, die Burgfräuleins und Edelmänner, die Marktleute und Gaukler, die Barbaren und Herolde, die Bettler und Hexen. Von Freitag, 15. Juli, an wird das Kaltenberger Ritterturnier von der traditionellen Gauklernacht (noch ohne Turnier) eingeläutet, dann erwacht das Mittelalter auf dem weitläufigen Gelände für die kommenden drei Juli-Wochenende wieder zum Leben, es wird wieder gekämpft, gelacht, getrunken und gefeiert. Die weltgrößte neuzeitliche Veranstaltung ihrer Art geht in ihre 41. Auflage und wird wieder Tausende Besucher in ihren Bann ziehen.

Wie Ritter-entwöhnt die Menschen sind, zeige schon der Vorverkauf, berichtet Ritterturnier-Pressesprecher Markus Wiegand: "Ich denke, da hat sich etwas aufgestaut". Viele Kaltenberg-Fans etwa hätten ihre Tickets aus den beiden Vorjahren in ungebrochener Vorfreude umbuchen lassen, an einigen Tagen seien lediglich Restkarten für die riesige, fast 10 000 Zuschauer fassende und auf einer Seite überdachte Arena verfügbar. Dort findet der Höhepunkt der Mega-Veranstaltung statt, das namensgebende Ritterturnier.

Das ist freilich längst mehr als ein Lanzenstechen mit atemberaubenden Stunts und Spezialeffekten der weltberühmten Kaskadeure der französischen Gruppe Cavalcade und ihren Pferden, die allein wegen zahlreicher Hollywood-Produktionen Weltruhm errungen hat. Theaterregisseur Alexander May setzt in bewährter Manier eine Geschichte ins Szene, die auch dank ihrer mehr als 250 hoch professionell agierenden Mitwirkenden weltweit ihresgleichen sucht. Hörbuchsprecher Johannes Steck führt mit seiner markanten Stimme durch die Erzählung "Der Feldherr des Königs": Kaltenberg ist belagert, Königssohn Sewalt will seinem Vater, König Richard, beweisen, dass er des Thrones würdig ist. Weil er wegen Übermut und Eitelkeit zu scheitern droht, eilt ihm der tapfere Ritter Egmund zur Hilfe, der bei einem großen Freudenfest vom König die Nachfolge angeboten bekommt. Natürlich zum Unmut seines Sohnes.

Das Ritterturnier bietet faszinierende Reitkunst, spektakuläre Stunts und hautnahe Einblicke in das Leben im Mittelalter

Es gibt faszinierende Reitkunst zu bewundern, epische Schlachten, eine Prinzessin in Not und natürlich den ewigen und finalen Kampf Gut gegen Böse. Die fast zweistündige Liveshow hat sich seit der Premiere 1979 stetig weiterentwickelt, Jahr für Jahr inszeniert das Kreativteam eine neue Geschichte in bekannt hoher Qualität. Zwar habe man in der Geschäftsführung um Heinrich Prinz von Bayern angesichts der Pandemie, die auch auf Schloss Kaltenberg Spuren hinterlassen haben, durchaus überlegt, die Veranstaltung abzuspecken. Der Gedanke, so erklärt Pressechef Wiegand, sei aber schnell verworfen worden, schließlich habe man "ein Qualitätsversprechen" einzuhalten, der Standard müsse nicht nur gehalten, sondern stetig verbessert werden.

Zugute kommt dem Veranstalter dabei, dass er dank staatlicher Hilfen wie Kurzarbeit, Versicherungen und umsichtigem Wirtschaften das gesamte Team habe halten können, erklärt Wiegand. In der Veranstaltungsbranche keine Selbstverständlichkeit, viele Unternehmen würden händeringend Personal suchen. Doch das Ritterturnier ist das Pfund, mit dem der Eventstandort Kaltenberg wuchert, um weitere hochkarätige Veranstaltungen zu etablieren, was etwa mit dem Weihnachtsmarkt gelungen sei, so Wiegand.

Den besonderen Reiz des mittelalterlichen Events macht indes die Interaktion zwischen Besuchern und Teilnehmern aus: Wo sonst kann man sich eine Auszeit in einer längst vergangenen Zeit gönnen und mit Marktleuten feilschen, Hexen, Gaukler und Musikanten auf den fünf Bühnen oder mitten im Gelände treffen oder einen Rundgang durch das Barbarenlager wagen?

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