Kabarett in Fürstenfeldbruck:Lustige Figuren der Heimat

Kabarettist Wolfgang Krebs

Auch die Volksmusik hat ihren Platz im Programm: Wolfgang Krebs fordert als Allgäuer Schlager-Kanone Meggy Montana das Publikum zum Singen auf.

(Foto: Matthias F. Döring)

Stoiber, Beckstein und Seehofer: Mit seinen Persiflagen von bayerischen Politikern bereitet der "Kabarist" Wolfgang Krebs den Besuchern in Fürstenfeld einen äußerst vergnüglichen Abend

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Eines stellt Wolfgang Krebs sofort klar: Wer in der ersten Reihe sitzt, muss sich nicht fürchten, zum Mitspielen aufgefordert oder gar angesprochen zu werden. Diese erste Reihe im ausverkauften Fürstenfelder Stadtsaal solle sich einfach nur zurücklehnen. Aber so ganz entspannt beginnt der Abend nicht, denn bevor der Meister der Persiflage seine Feuerwerksbatterie starten kann, gibt's erst einmal eine Fehlzündung - die Tontechnik versagt. Bravourös improvisiert der "Kabarist", wie er sich tituliert, bis nach zwei Minuten der Tontechniker erscheint und das Problem beseitigt. Dann legt er mit seinem Programm: "Geh zu, bleib da!", los. Er steht jedoch vor der dreiteiligen Alpenpanorama-Kulisse, deren eine Seite vertauscht wurde. Macht nichts, Hauptsache, er kann rechts hinter diesem "Berg-Paravent" als Schorschi verschwinden und nach einem rasend schnellen Kostüm- und Perückenwechsel links davon als Edmund Stoiber wieder auftauchen.

Und dann können die "Dagebliebenen", jene, die im Großraum München statt in Schwabing wohnen, erst einmal was über ihre Heimat lernen. Stoiber, der ja bekanntlich in "Hausratswolfen, äh, Ratswolfhausen" wohnt, bekennt stolz: "Meine sehr entsetzten Damen und Herren, ich bin ein Fürstenfeldbruckerererer", und behauptet, einst "diese schöne Halle hingerichtet" oder miteingeweiht zu haben. Zu Stammel-Stoiber, den Krebs zwischendurch auch immer als mahnenden Normalmenschen darstellt, der dazu aufruft, zur Kommunalwahl zu gehen, gesellen sich im Lauf des Abends noch viele reale oder erfundene Prominente. Joachim Gauck konkurriert mit Inge Meysel als "untere sprechende Zahnreihe", der Allgäuer Schnulzensänger Meggy Montana träumt von einer Bouzouki, die in Montepulciano weint. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sinniert mit sonorer Stimme: "Der äh Bayer äh ist bei Nacht äh unberechenbar äh", Kurt Beckstein konstatiert pfiffig: "Ich weiß, dass ich dumm bin, denn i bin ja net bleed" und "Minister Seevogel" bräuchte nicht einmal ein Kostüm - man würde Horst Seehofer schon an seinem schnarchenden Kreissägen-Lachen erkennen.

Regierungschef Söder ist an diesem Abend kein sprechendes Ikea-Regal, muss aber folgenden Reim aushalten: "Wenn du meinst, es geht nicht blöder, kommt der Markus Söder." Der wolle 30 Millionen Bäume in fünf Jahren pflanzen "oder doch umgekehrt"? Mit König Ludwig II., der zugibt, dass er viel, aber nicht günstig gebaut hat, wird's nachgerade historisch. Und wenn Angela Merkel, "gefühlt 70 Jahre im Amt", in Bayern auftritt, bei den "Eingeborenen", dann vergisst man sogar, dass sie eine Männerstimme hat, so typisch und unverwechselbar stellt Krebs sie dar. Und natürlich darf auch Hubert Aiwanger nicht fehlen, "das Geschenk für jeden "Kabaristen", vielen auch schon bekannt aus der Fernsehsendung "Quer", im Dialog mit dem krebsschen Söder als Running Gag.

Gerade von "Oiwonger" hätte man sich noch mehr gewünscht. Doch angesichts der Fülle von Figuren mit all ihren Dialekten, unterschiedlichen Körperattitüden, Stimmlagen und Besonderheiten wie der unübertrefflichen Stoiberstammeltechnik ist jeder Zusatz-Wunsch nur das Zeichen dafür, dass das Publikum bereits schwer verwöhnt ist. Da kommt der Knabe gerade recht, der weint: "Kartoffelbrei macht mich traurig, denn es hätten ja auch Pommes werden können."

Kritisches fließt immer ein, aber so, dass es gewiss keine "einstweilige Verfügung nach sich zieht, sondern nur dauerhafte Vergnügung". Zugegeben, es ist blöd, aber eben auch zum Lachen, wenn man mit dem Coffee-to-go-Becher zum Bienenretten antritt, wenn die Franzosen mit ihren Gelbwesten und die Italiener mit ihren Geldresten nicht mehr klarkommen. Krebs macht sich über "die gelbe Gefahr mit der Orangenhaut" im Weißen Haus lustig und amüsiert mit der Aussage, dass ein tausend Euro teures Zimmerchen in München neuerdings zum "Microloft" hochstilisiert wird. Wohltuend die Aussage: "Ich bin weder bei Fackebuck noch bei Zwitscher." Auch der Immobilienmakler, der sich als arm bezeichnet, weil er alten Wein trinkt, schimmligen Käse isst und ein Auto ohne Dach fährt, kann einem begegnen. Ja, es stimmt, was er Ludwig II. sagen lässt: "Wenn Sie gestorben sind, sind Sie ganz entspannt." Aber das Programm von Wolfgang Krebs gehört zu den Dingen, die man vorher gemacht haben sollte, denn herzhafter lachen kann man nirgendwo anders.

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