Süddeutsche Zeitung

Kabarett:Auf einer anderen Party

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Franziska Wanninger hätte gern vor mehr Publikum gespielt

Von Manfred Amann, Maisach

Auf einem Anhänger am Skaterplatz im Maisacher Ortsteil Gernlinden jammert, kokettiert, philosophiert, singt, kalauert eine junge Frau und schlüpft ab und an in verschiedene Rollen. Die Kabarettistin, schwarzer Rock, schwarze, luftige Bluse und knallrote Pumps, aus dem Raum Altötting will bei den Zuhörern "die sieben Chakren wecken". Für Franziska Wanninger ist dies ein Leichtes, nicht nur, weil zu der von der Maisacher Brauerei organisierten Veranstaltung in der Reihe "Volksfest bei dir" nur etwa zwei Dutzend Besucher kamen, sondern weil sie es wunderbar versteht, Menschen in ihre Erzählungen einzubinden und der Situation mit Humor das Beste abzugewinnen. Und weil es oft in verschiedenen Dialekten und ohne Unterbrechung wie ein Wasserfall aus ihr sprudelt, geht der häufige Szenenapplaus meist in ihrem modulierten Sprachwitz unter.

Brauereichef Michael Schweinberger bedauert, dass das Angebot wenig Anklang fand und hofft, bei den weiteren Musik-, Tanz- und Kabarettabenden mehr Gäste begrüßen zu können. Weil wegen des schlechten Wetters schon zwei Veranstaltungen hätten abgesagt werden müssen, seien die geringen Zuschauerzahlen nicht gerade erbauend, merkt eine Besucherin mitfühlend an. "Franzy" aber nimmts gelassen und vor allem stets mit einem Lachen. "De hod vielleicht a Gosch'n", ist zu vernehmen und dass die Mittdreißigerin "nicht auf den Mund gefallen" sei. "Maisach griaß Eich!", ruft die Kabarettistin lautstark über die leeren Reihen von Bierzeltgarnituren hinweg in den Abendhimmel: "Irgendwo muaß no a große Party sein".

In ihrem facettenreichen Bühnenstück "Furchtlos glücklich" hadert sie mit sich selbst, weil sie "noch keinen abgekriegt" hat. Und weil sie den Grund dafür in ihren vielen "Alltagsrührmichnichtan-Schutzfunktionen" vermutet, besucht sie ein Seminar, um diese loszuwerden, um eben furchtlos glücklich werden zu können. Tatsächlich fürchtet sich die Kabarettistin vor gar nichts, nicht einmal vor dem Zahnarzt, der zu ihrer großen Liebe wird.

Bis dahin ist jedoch ein langer Weg, auf dem Franzy nicht nur ihr Leben mit all ihren Sorgen nach außen kehrt, sondern auch ihre wechselnden Gesprächspartner mimt. "Wenn du immer an mich denkst, ist das Amore" trällert sie sehnsuchtsvoll in den Abendhimmel. Mal trifft sie in der S-Bahn "an geschertn Münchner", dem sie in derber Gossen-Sprache die Meinung geigt. Mal ist sie eine etwas affektierte "Preißin", und mal erzählt sie als Volksfest-Bedienung, wie sie mit den Gästen umgeht, "damit de a Hendl woin und nix anders, damit I ned so weid renna und lang osteh muaß". - "A Preiß, der mir bei der ersten Maß ned a guats Trinkgeld gibt, den lass'i austrocknen", verrät sie, und immer wieder kommt ihr der Andy, der liebe Zahnarzt in den Sinn, "ein Arzt, der einen immer gleich flachlegt".

Sie möchte mutig sein wie Pippi Langstrumpf, findet die wahren Helden jedoch in den Männern, die alten Frauen das Glas aus dem oberen Regal holen. Die leeren Bänke vor sich, träumt Franzy: "I möcht amoi vor vollem Haus spuin", um dann festzustellen "heid reicht's Ihr mir scho." Gekonnt und witzig spricht sie mit Gästen und selbst wenn ihr ein Text-Malheur passiert, improvisiert sie daraus eine spaßige Geschichte.

Auf dem Programm "Volksfest bei dir" der Maisacher Brauerei stehen bis 12. August noch die Kabarettisten Stefan Kröll und Josef Brustmann sowie Musik- und Tanzabende. Weitere Informationen und Ticketreservierung unter www.brauerei-maisach.de.

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SZ vom 26.07.2021
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