Zur flexiblen Jugendhilfe kommen Mütter und Väter meist nicht von sich aus. Sie werden vom Jugendamt geschickt und treffen in den Räumen in der Ludwigsstraße in Fürstenfeldbruck auf Fachleute, die ihnen zuhören und helfen wollen. Immer geht es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erster Linie darum, die Eltern dabei zu unterstützen, gut für ihre Kinder zu sorgen und den Familien zu helfen, miteinander gut klarzukommen. Die Stelle ist für den ganzen Landkreis Fürstenfeldbruck und auch für Dachau zuständig.
„Die Kinder bleiben grundsätzlich in den Familien“, versichert Sozialpädagogin Katharina Berg, 43, die die Ängste von Eltern kennt. „Manche brauchen einfach mehr Kompetenzen in der Erziehung. Wir stärken die Selbsthilfekräfte.“ Es geht dann darum, den Eltern zu zeigen, wie sie Grenzen setzen können oder dass sie den Medienkonsum der Kinder begrenzen sollten und wie das gelingen kann. „Unsere Aufgabe ist der Kinderschutz, für Kinder und Jugendliche bis zur Volljährigkeit, und für ihre Familien.“ Zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die flexible Jugendhilfe des Diakonischen Werks Rosenheim, allesamt sind Sozialpädagogen, drei Männer sind darunter. Manche arbeiten in Teilzeit.
Das Jugendamt werde zuweilen von Schulen und Kindergärten auf Familien aufmerksam gemacht, in denen es Schwierigkeiten gibt, erklärt Berg. Auch wer selbst den Eindruck hat, dass er Hilfe braucht, muss sich zuerst ans Jugendamt wenden. „Wir sind die Jugendhilfemaßnahme“, erklärt Berg. Die Familien kämen aus allen Schichten, betont sie. Über Monate begleiten die Sozialpädagoginnen die Eltern und Kinder, etwa im Rahmen von Erziehungsbeistandschaften, und helfen ihnen dabei, das Leben auf die Reihe zu bekommen, oft trotz schwieriger Umstände wie Armut oder Krankheit.
Eine größer werdende Gruppe, die Unterstützung braucht, seien die minderjährigen Flüchtlinge, die alleine nach Deutschland gekommen sind, erklärt Berg. Viele sind traumatisiert von schlimmen Erlebnissen im Heimatland oder auf der Flucht. Es gibt deshalb auch Mitarbeiter mit traumapädagogischer Zusatzausbildung.
Immer wieder sind die Menschen, die zur Diakonie kommen, finanziell schlecht gestellt und brauchen rasch und unbürokratisch praktische Hilfe – Kleidung, wetterfeste Schuhe, Produkte für die Körperpflege oder auch einmal ein Handy, um beispielsweise für den Arbeitgeber erreichbar zu sein. Damit schnell geholfen werden kann, möchten die Guten Werke der SZ für solche Fälle einen Notfalltopf einrichten. Sind die Grundbedürfnisse gestillt, gelingt die pädagogische Arbeit leichter.
Die flexible Jugendhilfe ist im Landkreis gut vernetzt. Die Mitarbeiter könnten alle möglichen Arzttermine und therapeutischen Angebote vermitteln, wie etwa therapeutische Wohngruppen, in denen Jugendliche mit Essstörungen für einige Zeit aufgenommen werden könnten, sagt Berg. Leider dauere es oft lange, bis ein Therapieplatz frei sei oder man einen Termin beim Psychiater bekomme.
Manche Heranwachsenden könnten oder wollten nicht in ihren Familien bleiben, auch sie bekommen Hilfe in der Einrichtung der Diakonie. Da gehe es um die Entwicklung der Persönlichkeit und die Vorbereitung auf ein selbständiges Leben. Etwa in den vier Wohnungen im Landkreis, die für 17-Jährige im betreuten Einzelwohnen zur Verfügung stehen. Die jungen Leute lernen dort, einen Haushalt zu führen, sowie den Umgang mit Geld und Behörden. Einige müssten auch erst lernen, zu telefonieren, etwa um einen Arzttermin auszumachen.

„Manche brauchen im Haushalt gar keine Hilfe, sind aber vereinsamt“, sagt Berg. Ein großes und wachsendes Problem, verschärft durch die Maßnahmen während der Corona-Pandemie. „Das hat viel verändert auf psychischer Ebene – zum Negativen. Viele waren monatelang nur zu Hause.“ Soziale Kontakte gingen verloren, dafür hingen die jungen Leute viele Stunden am Smartphone.
Die meisten würden gar nicht mehr unbedingt zocken, sondern viel Zeit auf Plattformen wie Snapchat, Tiktok und Instagram verbringen, sagt Berg. „Diese ganzen Wisch- und Weg-Dinge. Die jetzige Generation ist hobbylos.“ Und auch deshalb häufig einsam. Man könne sie da nur rausholen, wenn man sie an soziale Netzwerke anbinde, über Schule und Ausbildung, Freiwillige Feuerwehr oder Sportvereine und Hobbys. „Die müssen lernen, sich aktiv darum zu kümmern, dass sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“ Manche seien gar nicht in der Lage, zu erkennen, was sie interessiert, sagt Berg. „Aber Menschen ganz ohne Interessen gibt es nicht.“
Die Sozialpädagogen suchen zusammen mit den jungen Menschen nach Aktivitäten, vereinbaren Probetrainings, fragen nach, ob die Jugendlichen auch wirklich dort waren und begleiten sie sogar in Einzelfällen, wenn die Ängste so groß geworden sind, dass der erste Schritt alleine nicht gelingen mag.
Die Anlaufstelle in Fürstenfeldbruck ist sozusagen der westlichste Außenposten des Diakonischen Werks Rosenheim, das in zwölf Landkreisen und zwei Städten mehr als 300 Angebote macht. Im Landkreis Fürstenfeldbruck gehört auch die Jugendsozialarbeit an Schulen dazu – vier Mitarbeiterinnen sind in diesem Bereich an der Eugen-Papst-Schule in Germering tätig. Und für manche Beratung können die Leute doch selbst ins Büro in Fürstenfeldbruck kommen – wenn sie eine Kur brauchen. Dann helfen die Diakonie-Mitarbeiter dabei, die zu beantragen. Es gibt Kuren für Mütter mit ihren Kindern, aber auch für Väter und Kinder und sogar für beide Elternteile mit ihrem Nachwuchs.