Süddeutsche Zeitung

Jubiläum:Vereint unter dem Membrandach

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Beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Puchheimer Kulturzentrums unterstreicht Bürgermeister Norbert Seidl dessen Bedeutung für die Identität der Stadt

Von Florian J. Haamann

Wohl kein (modernes) Gebäude im Landkreis hat das Image seines Ortes so sehr geprägt wie das Puchheimer Kulturzentrum mit seiner anfangs umstrittenen, später vielfach ausgezeichneten und heute noch einmaligen Architektur. "Wenn man auf dem Weg in eine Ortschaft ist, die man nicht kennt, sucht man oft nach dem Schild mit der Aufschrift Zentrum", sagt Bürgermeister Norbert Seidl in seiner Festrede zum 20-jährigen Bestehen des Puc. "Wenn man aber auf Puchheim zufährt, gibt es kein Schild mit "Zentrum", aber eines mit "Kulturzentrum Puc". Ich glaube, das sagt einiges aus über eine so junge Stadt, wie wir es sind." Puchheim, ein Ort, der auch mangels Alternativen ausgerechnet sein Kulturzentrum zum Wegweiser und Identitätsstifter macht.

Der unbestreitbare Erfolg und die Bekanntheit des Hauses sind vor allem mit einem Namen verbunden: Michael Kaller. Seit 19 Jahren, also fast von Anfang an, ist er dessen Leiter. "Ich bin der Meinung, dass ein Kulturzentrum eine wichtige Aufgabe als Identitätsstifter hat", sagt auch er. Vor einigen Jahren habe er in der S-Bahn die Unterhaltung einer Gruppe Jugendlichen verfolgt, die gerade aus einem Münchner Theater zurück unterwegs gewesen seien. "Sie haben darüber diskutiert, welche Bühne denn größer sei. Einer von ihnen hat denn von "unserem Puc" gesprochen. Das war schon toll."

Die leuchtende Installation mit dem Schriftzug "Hokous PUCos" weist auch in der Dunkelheit den Weg.

Unter den etwa 100 Besuchern des Festakts sind zahlreiche Politiker und Kulturschaffende.

Eine Ausstellung beschäftigt sich mit der Architektur des Puc.

Im Gästebuch, das in der Ausstellung zu sehen ist, ist auch ein Text von Bürgermeister Norbert Seidl zu finden.

In seiner Rede spricht er darüber, warum Menschen Kultur brauchen. Mächtig stolz ist Bürgermeister Norbert Seidl auf sein Kulturzentrum.

Jede Stadt brauche einfach ein Zentrum, befindet dann auch Bürgermeister Seidl. Der Mensch sei nun mal ein Wesen, das kommunizieren und andere Menschen treffen wolle. Dafür brauche es feste Treffpunkte. Das Puc sei über die Jahre ein solcher Ort geworden.

Für den Festakt hat sich Kaller einen ganz besonderen Rückblick einfallen lassen. Der Boden ist vom Einfang bis in den Saal mit einem "Teppich" aus den Ankündigungsplakaten der vergangenen 20 Jahre bedeckt. Naja, zumindest mit einer Auswahl. Denn für wirklich alle Plakate hätte der Platz wohl nicht gereicht. Und so schreitet man schon Anfang der 2000er über das Porträt des jungen Josef Hader - vorbei an Künstlern, von denen man später nicht mehr viel gehört hat.

Der eilige Streifzug durch die Geschichte zeigt, wie vielfältig das Programm von Anfang an war, es macht aber auch deutlich, was die Leute am meisten interessiert: Kabarett. "Ich glaube, das hat was mit der Zeit zu tun, in der Bayern von der Monarchie und der Kirche geprägt war. Kabarett war der Weg, seinen Unmut kund zutun. Ich selbst komme ja aus Hamburg, wo die Bürger schon immer eine wichtige Rolle in der Politik gespielt haben. Dort gibt es kaum Kabarett", erklärt Kaller.

Die außergewöhnliche Architektur des Gebäudes ist das Thema der Jubiläumsausstellung, die auf der Galerie noch bis zum 2. Juni zu sehen ist. Dort werden Fotografien gezeigt, die Oliver Jaist vor wenigen Jahren aufgenommen hat. Sie sollen das einzigartige Konzept des Hauses aufarbeiten. Ergänzt werden die Bilder durch Modelle der Deckenmembran und anderer Gebäudeteile sowie der Grundrisse der einzelnen Stockwerke. Die Ausstellung ist eine gelungene Ergänzung zum vielfältigen Kulturprogramm, mit dem das Stockwerk in den kommenden Wochen seinen Geburtstag feiert.

Einen Vorgeschmack darauf haben die Besucher des Festaktes bereits erleben dürfen. Denn zum Jubiläum wird auch die Puchheimer Taschenoper, quasi das Hausensemble des Puc, das in diesem Jahr selbst 15 Jahre alt wird, wieder ein Stück inszenieren. Gespielt wird eine eigens arrangierte gekürzte Fassung von Donizettis selten aufgeführter Oper "Rita". Darin terrorisiert die rabiate Gasthaus-Besitzerin Rita (Silke Wenzel) ihren Ehemann Beppe (Markus Schmid), der eigentlich nur noch abhauen will. Da kommt der verschollen geglaubte gewalttätige Ex-Mann Gasparo (Florian Dengler) gerade recht. Doch auch der hat nichts anderes im Sinn, als endgültig von Rita los zu kommen. Es stellt sich also die Frage, wer am Ende den Rest seines Lebens mit Rita verbringen muss. Wie von der Taschenoper nicht anders zu erwarten, ist ihr eine rasante, hoch unterhaltsame Inszenierung mit wunderbarer Musik des Puchheimer Taschenorchesters.

Und auch wenn die Chefs charakterlich doch sehr unterschiedlich sind, weisen Gasthaus und Puc doch einige Parallelen. So singt Wetzel mit ihrem klaren Sopran gleich zu Beginn: "Wie gemütlich und hübsch ist mein schönes Gasthaus. Auch heute ist mir ja die Bude ganz voll. Mein Gasthaus ist toll." Treffender als mit diesen Worten lässt sich ein Abend im Puc wohl nicht beschreiben.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2019
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