Süddeutsche Zeitung

Erneuerbare Energien:Bundeswehr gibt Widerstand gegen Windrad auf

Vorschriften zur Mindestflughöhe haben die geplante Anlage in Jesenwang bislang verhindert. Nun sind sie geändert worden - ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Bau der Anlage.

Von Andreas Ostermeier, Jesenwang

Der geplante Bau eines Windrads bei Jesenwang ist einen wichtigen Schritt vorangekommen. Die Bundeswehr steht der Errichtung nicht mehr im Weg. Wegen der Nähe des Militärflugplatzes Lechfeld galt für Jesenwang und Umgebung eine Mindestflughöhe von 760 Metern. Das machte den wirtschaftlichen Betrieb eines Windrads unmöglich, denn das muss bei den Windbedingungen im Oberland an die 200 Meter hoch sein. Nun hat die Bundeswehr die Mindestflughöhe auf 836 Meter angehoben, der Bau eines Windrads wird möglich.

Die Freude über die Änderung ist groß. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi aus Olching begrüßt die Entscheidung als "wichtigen ersten Schritt für mehr Windkraft in Oberbayern". Seit der Ablehnung durch die Bundeswehr im Jahr 2020 habe er sich für den Bau des Windrads eingesetzt, sagt Schrodi. Doch so lange das Verteidigungsministerium von der CDU geführt wurde, seien seine Gespräche und Schreiben ohne Erfolg geblieben. Nun, unter einer SPD-Ministerin, ist Schrodi durchgedrungen und hat einen Erfolg erzielt.

Eine Freisinger Genossenschaft will bauen

Auch die Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land (BEG) freut sich über die neue Entwicklung. Sie will das Windrad bei Jesenwang bauen. Nach dem Wegfall der bisherigen Höhenbeschränkung könne die geplante Anlage deutlich mehr Strom produzieren, schreiben die beiden Geschäftsführer Andreas Henze und Werner Hillebrand-Hansen in einer Pressemitteilung. Das Verfahren für den Bau, das 2020 gestoppt worden ist, kann wieder aufgenommen werden. Die BEG erwartet in den nächsten Wochen den Vorbescheid aus dem Landratsamt.

Allerdings kann dann noch nicht gebaut werden. Zunächst einmal ist eine artenschutzrechtliche Prüfung des Standorts vorgesehen. Dabei soll eruiert werden, ob das Windrad beispielsweise für bestimmte Vogelarten gefährlich werden könnte. Eine Vegetationsperiode lang dauert dieses Verfahren, also ein ganzes Jahr. Erst danach fällt die Entscheidung über einen Bauantrag. Hillebrand-Hansen hofft, Ende 2023 mit der Errichtung der stromerzeugenden Anlage beginnen zu können.

Die BEG hat bereits Erfahrung mit dem Bau eines Windrads im Landkreis Freising. Dort gebe es wegen der 10-H-Regelung allerdings keine freien Flächen mehr, sagt Hillebrand-Hansen. Deswegen interessieren sich die Freisinger für den Standort bei Jesenwang.

Der Freistaat importiert Strom

Henze und Hillebrand-Hansen hoffen, dass nicht nur das Windrad in Jesenwang bald gebaut werde kann, sondern dass der Ausbau der Windkraft in Bayern insgesamt vorankommt. Der Freistaat sei jahrzehntelang Stromexporteur gewesen, heißt es in ihrer Mitteilung, seit 2019 müsse das Land jedoch Strom importieren, weil es selbst nicht mehr genug erzeugt.

Die Entscheidung der Bundeswehr zur Anhebung der Mindestflughöhen von derzeit 760 auf 836 Meter komme fast zeitglich mit der Verabschiedung des Energiepakets der Bundesregierung für den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, sagt Schrodi. In dem Energiepaket wird unter anderem gesetzlich geregelt, dass jedes Bundesland rund zwei Prozent seiner Flächen verpflichtend für Windkraft zur Verfügung stellen muss. Die Entscheidung der Bundeswehr von ihrer bisherigen Regelung zur Mindestflughöhe abzuweichen, hilft dabei, geeignete Flächen zu finden.

Schrodi kritisiert Staatsregierung

Der bayerischen Staatsregierung macht Schrodi Vorwürfe. "Sie hat den Ausbau der Windkraft viel zu lange ausgebremst und kann sich jetzt nicht mehr verstecken. Wir brauchen in Bayern mehr Windkraftanlagen, um die Energiewende zu schaffen, aber auch, um schnell unabhängig von russischen Gas- und Ölimporten zu werden."

Planungen für Windräder gibt es auch für Flächen zwischen Krailling und Germering. Die Anlagen könnten entlang der Lindauer Autobahn stehen. Auch in diesem Fall stand laut der Starnberger SPD-Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge die Mindestflughöhe des Militärflugplatzes Lechfeld bislang dem Vorhaben entgegen. Etwas anders sieht es in Maisach aus. Auch dort gab es Unklarheiten, ob eines der zwei geplanten Windräder zu hoch ist und das Radar für die Anflugzone des Münchner Airports stören könnte. Nach den Worten von Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) sind diese Unklarheiten aber ausgeräumt, Regelungen für den Luftverkehr stehen einer Errichtung nicht im Weg.

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