Ein ungewöhnlicher Vormittag im Kinderhaus Sankt Michael in Jesenwang: Es wird gesägt, gehämmert, genagelt, geschliffen und gezeichnet. 19 Vorschulkinder, wie auf Baustellen mit einem gelben Schutzhelm auf dem Kopf, betätigen sich als Bauherren. Angeleitet von Maximilian Fueßl und Charlotte Buchlmann als Harry Hammer und Nicki Nagel, werden Holzhäuschen gebastelt. Die Nachwuchsinitiative der bayerischen Bauwirtschaft: „Baumeister gesucht – Harry Hammer und Nicki Nagel auf Tour“, ist zu Gast in der Kita, um die Kleinen im Umgang mit Holz und Werkzeugen zu begeistern.
Die Sozialpädagogen Hammer und Nagel sind die „Lehrmeister“ der mobilen Bildungsinitiative und besuchen bayernweit Kindergärten. Ihre Mission: Die Baumeister von morgen aufspüren. „Erzählerisch, spielerisch und aktiv“ sollen die Kinder laut Johann Schlemmer an das Handwerk, in diesem Falle an das Holzhandwerk, herangeführt werden. „Wenn Kinder frühzeitig den Umgang mit Werkstoffen kennenlernen, werden vielleicht Interessen oder Talente mit Einfluss auf die spätere Berufswahl geweckt“, sagt der Chef der ortsansässigen Firma Johann Schlemmer und Sohn Holzbau-GmbH.
Er ist Vizepräsident des Landesverbandes des bayerischen Zimmererhandwerks, hat das Projekt nach Jesenwang geholt und betreut es als Pate. Mit dabei sind als Aufsicht, aber auch als Mitlernende das Kita-Personal und einige Eltern, denn neben der Motivation der Kleinen sollen die Erwachsenen erfahren, wie solche Handwerksprogramme in den Alltag einer Kindertagesstätte eingebaut werden können.
„Wir werden in der Folge dieser Aktion das Thema Holz und Umgang mit Werkzeugen weiter vertiefen, insbesondere auch mit Blick auf Nachhaltigkeit“, sagt die Leiterin des Kinderhauses, Anja Vennefrohne. Kinder sollen lernen, dass sie auch selbst etwas herstellen können. In vielen Familien hätten Eltern kaum Bezug zum Handwerk, und der Alltag sei geprägt von Internet, Smartphone und Fernsehen. Daher sei es wichtig, Kindern andere Betätigungsfelder aufzuzeigen – und: „Wer weiß, ob da nicht Fähigkeiten wach werden“.

Hammer und Nagel haben ein Baumeister-Paket als Geschenk für die Kita mitgebracht: Eine Werkbank für Kinder, ein Werkzeugset und ein Baumeister-Handbuch mit Wissenswertem zum Handwerken mit Kindern. Das Team schult auch das Personal und zeigt, wie Kindern das Bau-Handwerken fach- und altersgerecht vermittelt werden kann. Vier Tische sind zu Werkbänken umgestaltet. Auf einem haben Hammer und Nagel ein Kantholz eingespannt, von dem Klötzchen als Hauskorpus abgesägt werden.
Zögerlich nur wagt sich Anna daran, doch als Nicki Nagel meint, mehr Druck auszuüben, sagt sie selbstbewusst: „Das schaffe ich schon.“ Und das Holzstück ist ab. An einer anderen Werkbank wird von einer Eckleiste ein Stück für das Dach abgeschnitten, was Leon etwas fuchst, weil die Leiste immer wieder kippt. Harry Hammer schraubt sie fest, und so kann Dach für Dach entstehen. „Hausblock und Dach müssen abgeschliffen werden, damit man sich nicht reißen oder mit einem Holzsplitter spießen kann“, klärt Hammer auf, woraufhin die Kinder alle Kanten mit Schleifpapier bearbeiten.
Auf einem anderen Tisch bekommen die Häuschen ihre individuelle Gestaltung. Die jungen Bauherren zeichnen Fenster und Türen auf. David will eine große Tür und kleine Fenster, Luca wiederum möchte mehr Licht durch Fenster in sein Häuschen lassen. „Was jetzt noch fehlt, ist ein Zaun vor eurem Haus“, sagt Hammer. Dazu müssen mehrere Nägel in geringem Abstand in ein Holzstück geschlagen werden, was so manchem Fünfjährigen zumindest anfänglich Probleme bereitet. Zwischen die Nägel wird ein Stück Tuch gewunden. Natürlich brauchen Schwerstarbeiter auch Pausen, wofür die Kita Getränke und Essen bereithält. Alle schaffen die „Gesellenprüfung“ und erhalten die offizielle Urkunde mit der Aufschrift: „Ich bin ein Baumeister!“