750 Jahre Kloster Fürstenfeld:Barock wohin man schaut

Die Historiker Lothar Altmann und Birgitta Klemenz haben einen Kunstführer für den Landkreis verfasst.

Peter Bierl

Kloster Fürstenfeld

Kloster Fürstenfeld besteht 2013 seit 750 Jahren. Es ist die Keimzelle der Stadt an der Amper.

(Foto: Günther Reger)

- Die meisten Baudenkmäler im Landkreis Fürstenfeldbruck sind Kirchen. Viele schauen mit ihren Zwiebeltürmen typisch bayrisch-barock aus. Im Kern handelt es sich oft um mehrfach umgebaute romanische Bauten aus dem Mittelalter, wie der Kunsthistoriker Lothar Altmann schreibt. Zum 750-jährigen Bestehen des Klosters Fürstenfeld im kommenden Jahr haben er und die Historikerin Birgitta Klemenz einen kleinen Band über Kunststätten in Fürstenfeldbruck publiziert. Altmann hat einen interessanten Aufsatz über die Entwicklung kirchlicher Bauten von der Romanik bis zur Gegenwart sowie über die beteiligten Künstler verfasst. Zusammen haben die beiden Autoren eine lexikalische Darstellung der einzelnen Stätten geschrieben, die einen informativen und reich bebilderten Überblick bietet.

Bruck: Klosterkirche Fürstenfeld / Neuer Volksaltar

Der neue Volksaltar in der KLosterkirche.

(Foto: Johannes Simon)

Die meisten Kirchen entstanden im 12. und 13. Jahrhundert, was heute für Laien kaum noch zu erkennen ist, etwa anhand von Rundbogenfriesen oder einem so genannten Deutschen Band. Dabei wurden als Verzierung die Ziegelsteine um 45 Grad gedreht ins Mauerwerk gesetzt, so dass sie eine Art Sägezahn-Fries bilden. Heute sind solche Friese in den Kirchen in Esting, Hörbach und Tegernbach erkennbar, schreibt Altmann. Der Altarraum bildete oft das Untergeschoss eines großen Sattelturmes, etwa in Unterschweinbach, Frauenberg, Rottbach oder Überacker. Abgesehen von solchen Chortürmen wurden in der Spätgotik am Ende des Mittelalters romanische Altarräume gerne durch größere aus Ziegelstein ersetzt. Alte Langhäuser und Türme wurden erhöht und die Fenster vergrößert. Die Kirchenräume erhielten neue Altäre, etwa in Bergkirchen und Moorenweis. Ein spätgotischer Flügelaltar ist noch in der Kirche von Zankenhausen erhalten.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg sowie um 1800 wurden viele Kirchen barockisiert. Ein achteckiges Glockengeschoss mit Zwiebelkuppel wurde den mittelalterlichen Turmstümpfen aufgepfropft. Sämtliche Fenster wurden oben und öfter mal auch unten gerundet. Die Decken und Gewölbe verschönerten die Künstler mit Stuck und Fresken. Die Romantik mit ihrer Idealisierung einer angeblich heilen mittelalterlichen christlichen Welt führte dazu, dass manche Kirchen erneut umgebaut, diesmal regotisiert, wurden, etwa in Alling, Germering oder Mittelstetten. Das Ergebnis wertet Altmann als nicht immer stimmig. Das rasante Bevölkerungswachstum in der Folge der frühen Industrialisierung und des Eisenbahnbaus sieht Altmann als Grund für die Welle der Kirchenvergrößerungen, die im 19. Jahrhundert beginnt. Es entstanden ungewöhnlich lange Kirchengebäude. Weil die Pfarreien jedoch finanziell knapp bei Kasse waren, erkenne man die Anbauten daran, dass deren Mauern oft um eine Ziegellage schmäler ausgeführt wurden. Ein weiterer Modetrend, der um 1900 aufkam, war der Neubarock. Manche Erweiterung wurde stilistisch den vorhandenen Barockbauten angeglichen, etwa in Aufkirchen und Maisach.

Kurfürstensaal

Der aufwendig renovierte Kurfürstensaal im Kloster Fürstenfeld wird für Veranstaltungen genutzt, unter anderem von der in der Klosteranlage ansässigen Polizeihochschule.

(Foto: Günther Reger)

Die Fürstenfeldbrucker Erlöserkirche sowie die Kirche in Puchheim-Ort führt der Kunsthistoriker als Beispiele für einen ersten Aufbruch in die Moderne an. Ziemlich einzigartig sei die Pfarrkirche in Olching, deren Neubau 1895 sich in all seiner Pracht an romanischen Kirchen orientierte. Die Liturgiereform im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil führte schließlich dazu, dass manche katholische Kirchen mit Volksaltären ausgestattet oder in den 1960er-Jahren ihrer Altäre oder Kanzeln beraubt wurden.

Bäume Nöscherplatz Olching

Die Kirche St. Peter und Paul in Olching stammt aus dem 19. Jahrhundert.

(Foto: Günther Reger)

Während über die Baumeister und Künstler der Gotik und Spätgotik wenig bekannt ist, mit Ausnahme der Baumeister-Familie Schöttl aus Holzkirchen bei Alling, ist der Kenntnisstand über die Barockzeit umfassend. Altmann erwähnt die italienischen Künstler, die nach dem Dreißigjährigen Krieg im Gefolge Giovanni Antonio Viscardis in den Münchner Raum kamen, sowie eine Reihe prominenter Hofmaler und Hofbildhauer bis hin zu den Asams und den Stuckatoren aus Wessobrunn.

Der alphabetische Teil des Bildbandes reicht von Adelshofen mit der Kirche Sankt Michael und dem barocken ehemaligen Hofmarksrichterhaus bis zum Zellhof und der Kapelle Sankt Vitus, deren Rechteckchor aus dem 13. Jahrhundert stammt. Altmann und Klemenz berücksichtigen sämtliche Schmuckstücke des Landkreises und geben jeweils einen knappen Überblick über Geschichte und kunsthistorische Einordnung der Bauwerke. Besonders imposant sind etwa der Innenraum von Sankt Georg in Roggenstein mit seiner spätgotischen Ausmalung oder die klassizistische Kirchentür von Mariä Himmelfahrt in Unterschweinbach.

Bruck: Son et Lumiere / Fürstenfeld im Licht

Die Fassade der Klosterkirche dient auch als Projektionsfläche für Lichtinstallationen.

(Foto: Johannes Simon)

Als Beispiel einer modernen Kirche findet sich die evangelische Michaelkirche in Grafrath, erbaut zwischen 1962 und 1964, deren quadratischer Grundriss mit dem Altar in der Mitte die Idee des Zeltes des wandernden Gottesvolkes materialisiert. Das 48 Meter lange Wandfries von Hubert Distler zeigt die Heilsgeschichte und -botschaft. Als Beispiel für einen gelungenen Profanbau ist etwa die Stadthalle Germering erwähnt. Landrat Thomas Karmasin, selber gelegentlich in Italien als Reiseführer tätig, freut sich über den neuen Kunstführer, der den Blick für eine landschaftliche und bauliche Schönheit öffnen wolle, "die uns oft so selbstverständlich ist, dass wir sie gar nicht bewusst wahrnehmen".

Nachdem das empfehlenswerte Buch nicht den Anspruch einer historischen Aufarbeitung zur Kirchengeschichte erhebt, kann man wohlwollend darüber hinwegsehen, dass der Landrat in seinem Grußwort die fromme Legende, Kloster Fürstenfeld sei von Herzog Ludwig als Buße für die Hinrichtung seiner Gemahlin Maria von Brabant gestiftet worden, wieder bemüht. Das mag ein Aspekt gewesen sein, aber dass Fürstenfeld ausgerechnet an dieser Stelle entstand, war gezielte Standortpolitik, um es in der Terminologie moderner Kommunalpolitik zu formulieren. Die Wittelsbacher wollten im Zuge ihrer Expansionspolitik den wichtigen Amperübergang auf dem Weg nach Westen sichern.

Lothar Altmann, Birgitta Klemenz: Der Landkreis Fürstenfeldbruck. Ein Führer zu seinen Kunststätten, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2012, 95 Seiten, gebunden, 14,95 Euro

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