750-Jahr-Feier:Fürstenfeld für alle

Das neu eröffnete Museum zeigt das Kloster im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Macht und religiösen Idealen. Und lässt den Festrednern viel Raum für ihre eigene Interpretation der Geschichte.

Von Gerhard Eisenkolb

Jeder sieht Fürstenfeld anders. Das hat am Freitagabend der Festakt zum Beginn der 750-Jahrfeier des Klosters im Kurfürstensaal gezeigt, bei dem auch die Eröffnung des umgebauten Museums Fürstenfeldbruck gefeiert wurde. Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) verbindet mit der barocken Klosteranlage eine Aufwertung der Kreisstadt. Sparkassenchef Klaus Knörr, dessen Bank mit einer Großspende von 250 000 Euro die Neugestaltung des Museums erst ermöglichte, sieht in dem Kloster, das Geld gegen Zinsen vergab, den Vorläufer seiner öffentlich-rechtlichen Bank.

Und selbst die beiden Kulturreferenten der Kreisstadt verwiesen auf unterschiedliche Zugänge: Für Klaus Wollenberg (FDP) waren die Zisterziensermönche prägend für die wirtschaftliche Entwicklung der Region, Brigitta Klemenz (CSU) sprach von einem Ort der Konzentration und Selbstfindung.

Museumsleiterin Angelika Mundorff wies auf Spannungen hin, beispielsweise die zwischen mönchischen Idealen und der Wirklichkeit, zwischen dem "Unternehmensziel Seelenheil" und dem auf Profit ausgerichteten wirtschaftlichen Handeln, zwischen der Jenseitsvorsorge und dem Machterhalt.

Mundorff nannte aber auch einige Ziele des Ausstellungskonzeptes. Beispielsweise solle es dazu anregen, Vergleiche zum eigenen Leben zu ziehen, nachzudenken und Fragen zu stellen wie die: "Verdient ein Herzog, der seine Frau ermorden ließ, wirklich Respekt?"

Der CSU-Stimmkreisabgeordnete Thomas Goppel wiederum versuchte, 750 Jahre Klostergeschichte in ein zweites Jubiläum einzubinden: den Beginn der Säkularisation vor 210 Jahren, die er als barbarischen Akt mit der Zerstörung vieler Kulturgüter, aber auch als geschichtlich unabwendbaren Vorgang bezeichnete. Laut Goppel ist es den Fürstenfeldbruckern gelungen, diesen Widerspruch aufzulösen, indem sie die Klosterökonomie zuerst kauften, dann als Veranstaltungsforum in Besitz nahmen und schließlich den zerstörten Kurfürstensaal mit großem bürgerschaftlichen Engagement wieder restaurierten.

"Der Saal ist zum Symbol dafür geworden, dass wir gelernt haben mit dem Erbe umzugehen, das wir vor 210 Jahren angetreten habe", sagte der Abgeordnete. Klöster, die über Jahrhunderte die Kulturlandschaft in Bayern prägten, seien mehr als nur Stein gewordene Geschichte.

OB Kellerer zeigte sich trotz des Stolzes auf das Erreichte auch nachdenklich, bescheiden und selbstkritisch. So merkte er an, dass es in der heutigen Zeit höchstwahrscheinlich nicht mehr möglich wäre, das Großprojekt Fürstenfeld noch einmal politisch durchzusetzen. Und er gestand, er habe selbst zu den Bedenkenträgern gehört, die an der Richtigkeit des nach der Fertigstellung nun so sehr gelobten neuen Museumseingangs gezweifelt haben. Nun hofft der Oberbürgermeister, dass das Museum Fürstenfeldbruck im Museumsranking beste Chancen auf eine gute Platzierung hat.

Wollenberg räumte mit der Legende auf, dass es zwischen den Bewohner Brucks und dem Kloster zu einem jahrhundertelangen Ringen um "Herrschaft und Freiheit" gekommen sei. Wenig schmeichelhaft für die Brucker war laut Wollenberg allerdings deren Charakterisierung durch den letzten Fürstenfelder Abt Gerard Führer. Dieser habe darauf hingewiesen, das sein Kloster "gefällig und nachgiebig" sei, die Brucker hingegen seien "undankbar, streit- und habsüchtig" und sie legten "erblich fortgepflanzte Gehässigkeiten" an den Tag.

Wollenbergs zentrale Frage lautete jedoch, wie die Fürstenfeldbrucker den Geist der erworbenen Klosterökonomie in Besitz nehmen können, wie das Ererbte ankomme. Seine Antworte lautete, das habe weniger damit zu tun, ob Fürstenfeld gefalle, sondern wie es im Kopf und im Herzen ankomme.

Bei der Wirkung aufs Herz setzten auch die Überlegungen von Brigitta Klemenz an. Sie erinnerte daran, dass es ohne den Glauben der Mönche von Fürstenfeld weder das Herzstück des Klosters, die imposante, alles überragende Klosterkirche geben würde, noch die vielen Bilder und Symbole. Der Ort, an dem sich viele wohl fühlen und der ein wenig anders sei als andere, erinnere an den Zisterzienser Bernhard von Clairvaux. Dieser habe gesagt: "Gönne dich dir selbst, nicht immer, aber immer wieder, damit du dich nicht selbst verlierst." Auch daran lasse sich an einem solchen Ort in einer Zeit wieder denken, in der viele Menschen ausbrennen, weil sie sich verschleißen, weil immer mehr von ihnen gefordert werde.

Zur Entspannung trug vielleicht die Musik der Hofkapelle München bei. Und Kellerer knüpfte an die Tradition der Fürstenfelder Mönche an, als er den gleichen Wein aus Esslingen ausschenken ließ, den hier früher die Zisterzienser tranken. Als größtes Kompliment des Tages empfand die Museumsleiterin Angelika Mundorff den Hinweis, der Stress und die jahrelange Vorarbeiten seien ihr überhaupt nicht anzusehen. Das wäre Fürstenfeld als Antistressmittel.

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