Süddeutsche Zeitung

Lesenswert:Mehr als nur Comics

Lesezeit: 2 min

In ihrer Buchkolumne erklärt Katrin Schmidt diese Mal ihre neu gefundene Leidenschaft für Mangas - die es sogar aus Bayern gibt.

Kolumne von Katrin Schmidt

Seit 25 Jahren arbeite ich jetzt schon im Buchhandel. Mangas gab es schon immer - aber sind das nicht einfach Comics, die man, weil aus Japan, von hinten nach vorne liest? So dachte ich, bis ich im vergangenen Frühherbst durch einen Freund, der viele Mangas bei uns kauft, auf jede Menge ganz neue Mangas aufmerksam wurde, die mit den populären, meist actionreichen Reihen so gar nichts gemein hatten. Die Inhalte machten mich neugierig und ab diesem Moment eröffnete sich für mich eine völlig neue Welt. Seit Oktober 2023 habe ich unzählige Mangas gelesen und bin in eine Vielfalt von Geschichten eingetaucht, deren Intensität mich fesselte und es immer noch tut. Eine weitere Besonderheit ist, dass man Mangas kapitelweise liest, weil diese oft über längere Zeiträume (auch Jahre) als Fortsetzung erscheinen. So kommt man beim Lesen schnell auf eine stattliche Anzahl und Vielfalt an Mangas, die man kennen lernt. In Deutschland werden mehrere Kapitel meist in einzelnen Bänden zusammengefasst und als Serie veröffentlicht.

Die Themen, sind unglaublich vielfältig - kaum ein Genre oder Nischenthema, über das nicht schon ein Manga gezeichnet wurde. Vier Serien möchte ich Ihnen hier vorstellen, die mich in den letzten Monaten besonders fasziniert haben und das breite Spektrum verdeutlichen.

"Is love the Answer" (erscheint im Mai bei Carlsen Manga) erzählt die Geschichte von Chika auf ihrer Suche nach ihrer sexuellen Identität - und zeigt, dass man Menschen und ihre Orientierung nicht in eine Schublade pressen muss. Denn Mangas sind eben nicht nur einfach Comics, die man von hinten nach vorne liest. Es ist eine völlig andere Art, Geschichten zu erzählen. Dadurch, dass die Geschichten nur durch die Dialoge und (inneren) Monologe ihrer Protagonisten erzählt werden, werden deren Erlebnisse ganz unmittelbar mit dem Leser geteilt. Durch die Bilder, die sich, je nach Mangaka (dem Zeichner des Mangas) sehr stark unterscheiden können, wird diese Intensität noch einmal verstärkt. So gelingt es in "Blue Giant" (von Shinichi Ishizuka, Carlsen Manga) die Leidenschaft der Hauptperson Dai Miyamoto für das Saxophonspielen so bildhaft darzustellen, dass man beim Lesen der Mangas fast meint, dessen Musik zu hören. Oder "Frieren - am Ende der Reise", (von Kanehito Yamada und Tsukasa Abe, erschienen bei Altraverse) ein Manga, der in einer fantastischen Welt spielt und sich schon fast philosophisch mit der Frage nach dem Wert der Zeit und Sterblichkeit beschäftigt. Und wenn Sie nun glauben, Mangas gibt es nur in Japan, dann irren Sie sich: Dominik Jell ist ein bayrischer Mangaka und hat mit "Crossing Borders" dieses Frühjahr eine Reihe gestartet, die in München spielt. Seine unglaublich ausdrucksstarken Bilder erzählen die Geschichte von Mia und Adam so bewegend und eindringlich, als würde man sie fast selbst erleben. Der erste Band ist gerade erschienen und ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzungen der vierbändigen Reihe. Wenn Sie jetzt neugierig geworden sind, empfehle ich Ihnen unsere Lesung am 14. Mai mit Dominik Jell bei uns in der Buchhandlung. Wer sich auf das Manga lesen einlässt, wird mit einer ganz besonderen Art, Geschichten zu lesen belohnt. Versprochen!

Helen Hoff und Katrin Schmidt sind die Inhaberinnen der Buchhandlung Lesezeichen in Germering. Regelmäßig stellen sie im Wechsel mit Nicola Bräunling von der Buchhandlung Bräunling in Puchheim ihre aktuellen Lieblingsbücher vor.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6560549
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.