Süddeutsche Zeitung

Integration:Verständigung geht durch den Magen

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Bei dem Fest "Gröbenzell ist bunt" bieten die Betreiber von etwa 40 Ständen Speisen an, die für ihr Herkunftsland typisch sind. Auch Tanz und Gesang werden geboten

Von Leonie Albrecht, Gröbenzell

Mittagessen in der Türkei, Nachtisch in Belgien - und das ganz ohne Privatflieger. So ein abwechslungsreiches Angebot hat die Besucher bei "Gröbenzell ist bunt" am Samstag erwartet. Mit einer vielfältigen Kulinarik von kurdischen Weinblättern bis hin zu gebratenen Nudeln aus Tibet lockte das Fest Hunderte Besucher nach Gröbenzell. An rund 40 Ständen stellten Einwohner ihre Nationen mit selbst gekochtem Essen sowie Kunst, Tanz und Gesang vor. "Das Fest war noch nie so gut besucht", sagte Cordula Braun, Veranstalterin und Referentin für interkulturelle Zusammenarbeit.

Bunt war das Fest im wahrsten Sinne des Wortes. Die Länderstände wurden in landestypischen Farben geschmückt, die Teilnehmer kamen in traditionellen, meist farbenfrohen Gewändern. "Man sieht die Mühe, die sie sich gemacht haben", sagte ein Besucher. Für ihn sei das Fest die ideale Gelegenheit, zusammenzukommen und mehr über andere Kulturen zu lernen. Gerade durch die vielen unbekannten Gerichte, kommen Besucher und Verkäufer oft ins Gespräch. "Es macht Spaß, hier Essen zu verkaufen", erzählte ein Mädchen aus Afghanistan. "Die Menschen sind neugierig und möchten alles probieren."

Wie viele andere Verkäufer, wurde die Familie des Mädchens von Braun auf der Straße angesprochen. So kommen immer wieder neue Nationen dazu, in diesem Jahr unter anderem Griechenland und Kenia. Beide Gruppen verkauften nicht nur Essen, sondern zeigten traditionelle Tänze auf der Bühne. Zahlreiche Besucher folgten dem abwechslungsreichen Bühnenprogramm, sogar als der Regen begann, blieben viele sitzen "bis sie richtig nass geworden sind", erzählte Braun. Eine tibetische Tanzgruppe nutzte den Rahmen der Veranstaltung aber auch, um auf die Unterdrückung durch China und die gewünschte Unabhängigkeit aufmerksam zu machen.

Einige Teilnehmer gehören schon seit Jahren zu "Gröbenzell ist bunt". So eine Inderin, die zunächst nur Essen kochte, aber mittlerweile traditionelle indische Tänze vorführt. Heuer wurde ihr Auftritt durch eine Kindertanzvorführung ergänzt. "Es ist schön, wenn sich Menschen durch die positive Bestärkung dazu entscheiden, ihre Bräuche weiterzupflegen", sagt Braun.

Eine besondere Neuheit war ein Stand, an dem die Plansprache Esperanto vorgestellt wurde. Mit nur 16 Grammatikregeln ist Esperanto eine einfach zu lernende Sprache, die an keine Nation gebunden ist und auf der ganzen Welt gesprochen wird. Auch die Organisatoren des Standes sprachen untereinander in Esperanto, das wie eine Mischung aus romanischer und skandinavischer Sprache klingt. "Ich habe mir die Sprache selbst im Internet beigebracht", sagte ein Mann. Auch im Ausland sei sie nützlich. Per Handyapp konnte er in Frankreich Esperanto-Sprecher finden, die im schließlich Paris zeigten. Mit Esperanto wurde die Möglichkeit geschaffen, über Nationen hinweg in Austausch zu kommen.

"Es ist notwendig, ins Gespräch zu kommen", sagte auch Braun. Integration sei wichtig, aber "man muss auch respektieren, dass es verschiedene Traditionen und Kulturen gibt". Durch "Gröbenzell ist bunt" soll verhindert werden, dass diese Kulturen in Vergessenheit geraten. Ein Besucher betont die Offenheit, mit der sich die Menschen auf diesem Fest begegnen. "Jeder bekommt die Möglichkeit, sich zu zeigen und anderen die eigene Kultur näherzubringen." Auch Braun beobachtete, wie vielfältig die Besucher sind und dass auch Jugendliche das Fest besuchen. Bei anderen Veranstaltungen der Gemeinde sei diese Altersgruppe meist weniger stark vertreten. "Wir müssen aufeinander zugehen und miteinander sprechen. Nur so kann das funktionieren", erklärte sie. "Und Gröbenzell ist durch dieses Fest ganz vorne mit dabei."

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SZ vom 27.05.2019
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