Inklusion:Wunschliste für die Amperoase

Ein im Rollstuhl sitzender Brucker klagt über wenig freie Schwimmzeit und über die fehlende Hebevorrichtung am Beckenrand des Hallenbads. Die Stadtwerke verweisen auf bauliche Hürden und setzen auf Hilfe durchs Personal

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Wenig Zeit für freies Schwimmen und die fehlende Einstiegshilfe am Becken für Rollstuhlfahrer: Stefan Bitterauf kommt regelmäßig in die Amperoase und nutzt die Angebote gern. Aber für Menschen mit körperlichem Handicap blieben dort ein paar Wünsche offen, findet er. Von den Stadtwerken als Betreiber der städtischen Bäder heißt es, man habe durchaus diverse Angebote für behinderte Menschen. Und das Personal sei angehalten, den Betroffenen bei Bedarf zu helfen.

Bitterauf, 55, ist es gewohnt, hart an sich zu arbeiten. Seit einem schweren Motorradunfall im Alter von 20 Jahren ist er auf den Rollstuhl angewiesen. Damals aber entschloss er sich, nicht klein beizugeben. Er begann mit Rollstuhltennis und Rollstuhlbasketball. Im Rollstuhltennis nahm er an zwei Paralympischen Spielen teil. 1992 gewann er im Doppel die Bronzemedaille. 1996 in Atlanta erreichte er im Einzel das Achtelfinale, im Doppel das Viertelfinale. Seine letzte Saison bestritt er 1999. Im Rollstuhlbasketball wurde Bitterauf, der seit 1996 in Fürstenfeldbruck lebt, deutscher Meister und belegte den dritten Rang bei der Europameisterschaft. 2002 begann er dann auch noch mit dem Bodybuilding, gewann beim "Universe 2005" der World Fitness Federation die Klasse der behinderten Menschen und qualifizierte sich damit für die Welttitelkämpfe im englischen Southport.

Inklusion: Seit einem schweren Motorradunfall vor 20 Jahren kann Stefan Bitter die Beine nicht mehr bewegen. Es ist ein Kraftakt, um aus dem Rollstuhl ins Becken zu gelangen.

Seit einem schweren Motorradunfall vor 20 Jahren kann Stefan Bitter die Beine nicht mehr bewegen. Es ist ein Kraftakt, um aus dem Rollstuhl ins Becken zu gelangen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Mittlerweile geht es Stefan Bitterauf ruhiger an, wegen einer Arthrose kann er keinen Leistungssport mehr treiben. Ein bisschen Fitnessstudio geht noch, vor allem aber Schwimmen. Drei- bis viermal die Woche ist er in der Amperoase. Dort aber gebe es zu wenig freie Zeiten, klagt er: "Die Leute können leider nicht schwimmen, da die Bahn für die schnellen Schwimmer häufig reserviert ist." Nur wenige Stunden in der Woche könne man diese nutzen. Der Nichtschwimmerbereich sei keine Alternative, weil sich die Badegäste dort bedrängt fühlten, wenn jemand schnell vorbeiziehe. Zudem fehle es an einer Einstiegshilfe für Menschen mit Handicap ins Schwimmbecken. Bitterauf: "Das ist technisch heutzutage kein Problem. Das Mammendorfer Freibad ist ein Beispiel dafür und fast alle Hallenbäder in München sind mit entsprechenden Vorrichtungen ausgestattet."

Alexander Isenmann, Leiter der Amperoase, dämpft hohe Erwartungen: So leicht sei das alles nicht - so auch bei der Belegung: "Da es bestehende Verträge mit Schulen und Vereine gibt, die ja auch ihre Zeiten benötigen, haben wir hier kaum Handlungsspielraum. Die Sportbahnen stehen der Öffentlichkeit etwa 75 Prozent der Zeit zur Verfügung." Bitterauf kann das kaum glauben. Er verweist als Beispiel auf den Montag: Von zehn bis 17 Uhr ist geöffnet - und von 14 bis 17 Uhr ist für Viscardi-Gymnasium und Schwimmverein reserviert. Und die Einstiegshilfe? Es gebe sehr wohl diverse Hilfseinrichtungen und Angebote für körperbehinderte Besucher", sagt Alexander Isenmann. So gibt es eine speziell für behinderte Menschen eingerichtete Umkleidekabine, einen Aufzug vom Erdgeschoss in den ersten Stock sowie einen Duschrollstuhl. Der freilich sei wegen der verrosteten Räder kaum benutzbar, widerspricht Bitterauf. Auch das neuere Exemplar, das mittlerweile offenbar bestellt wurde, ist seiner Überzeugung nach ein ungeeignetes Modell. Bei der Umkleidekabine hingegen habe sich in der Tat einiges zum Positiven entwickelt.

Inklusion: Die Bahnen in der Amperoase sind oft für Schulen oder Vereine reserviert.

Die Bahnen in der Amperoase sind oft für Schulen oder Vereine reserviert.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Ab einem Behinderungsgrad von 50 Prozent gibt es laut Isenmann einen ermäßigten Eintritt und je nach Schweregrad freien Eintritt für eine Begleitperson. Auch die Anschaffung einer Einstiegshilfe wurde nach seinen Worten geprüft. Ergebnis: Aufgrund des sehr breiten Beckenrandes und der "Verkehrssicherungspflicht" wäre so etwas "nur schwer und dementsprechend teuer umsetzbar". Zudem wäre der Auf- und Abbau einer mobilen Einstiegshilfe "aufwendiger als die direkte Hilfe durch unser Personal".

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