Süddeutsche Zeitung

Individualverkehr:Stroh-Antrieb

Der Puchheimer Stephan Schober hält Autos, die mit Bio-Methangas betrieben werden, für umweltfreundlicher als Elektroautos. Für 100 Kilometer Fahrstrecke benötigt er unter vier Kilogramm

Von Peter Bierl, Puchheim

Der Strom für Elektroautos kommt nicht einfach aus der Steckdose, sondern auch aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken. Stephan Schober aus Puchheim favorisiert deshalb Autos, die mit Biomethan angetrieben wird. Das sei "konkurrenzlos günstig und umweltfreundlich", sagt er. Vorausgesetzt, das Gas werde aus Stroh gewonnen, nicht aus Mais, dann stelle sich die Problematik von "Essen im Tank" nicht.

Schober ist 53 Jahre alt, hat Maschinenbau studiert und arbeitet als IT-Leiter bei einer großen Firma. Seine Frau Sabine Schober ist beim Landesbund für Vogelschutz aktiv und im Umweltbeirat der Stadt. 2006 haben die beiden angefangen, ihr Haus umzurüsten. Das Gebäude wurde saniert und gedämmt, anstelle der alten Ölheizung installierten sie eine Wärmepumpe, etwa 90 Prozent des Stroms stammt aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach.

Ihr nächstes Projekt war die Mobilität. Ein Elektroauto als Ersatz für den alten Diesel schied aus, weil die Garage weit entfernt vom Haus ist und über keinen Stromanschluss verfügt. Außerdem zweifelten sie am ökologischen Nutzwert.

Deshalb entschied sich das Paar für einen serienmäßigen Wagen mit einem Tank für knapp 16 Kilogramm Gas. Für das Kilo Biomethan zahlt Schober zwischen 1,05 und 1,17 Euro. Für 100 Kilometer benötigt das Auto etwa 3,9 Kilo, die Kosten liegen demnach bei etwa 4,50 Euro. Damit sei ein gasbetriebenes Fahrzeug in kurzer Zeit rentabler als ein Benziner, auch wenn die Anschaffung etwa um 2000 Euro teuerer sei, rechnet Schober vor. Die Reichweite einer Füllung liegt demnach bei etwa 400 Kilometer. Als eiserne Reserve gibt es noch einen Benzintank mit für 50 Liter, den Schober aber nicht nutzt, wie er sagt.

In einem halben Jahr ist er etwa 8000 Kilometer gefahren und hat 29 mal getankt. Tankstellen findet Schober nicht überall, aber etwa in Freiham und Moosach, die von den Münchner Stadtwerken beliefert werden. In Fürstenfeldbruck gebe es dagegen nur eine Zapfsäule mit fossilem Erdgas und einem Anteil von 20 Prozent Biomethan. Bundesweit gibt es etwa 860 Gastankstellen. "Man muss ein bisschen anders planen", erzählt er.

Bevor er sich den gasbetriebenen Wagen zulegte, musste sich Schober erst selbst schlau machen. "In einem Autohaus finden Sie niemanden, der sie beraten kann." Kein Wunder, denn derzeit gebe es nur etwa 80 000 Autos in der Bundesrepublik, die mit Gas fahren, wobei dessen Herkunft unterschiedlich ist. Verwendet wird Erdgas, Gas aus Windenergie oder aus Biomasse und maximal zwei Prozent Wasserstoff.

Als Massentransportmittel stellt der Pkw in jedem Fall und egal mit welchem Antrieb eine enorme ökologische Belastung dar, weil das Verhältnis zwischen dem Aufwand an Rohstoffen, Energie und Flächenverbrauch sowie dem Nutzen schlecht ist. Besonders wenn im Berufsverkehr das Gewicht von im Schnitt 1,4 Tonnen bewegt werden muss, um eine Person zu transportieren. Elektroautos sind zwar leichter, aber für die Herstellung der Karosserie braucht es Aluminium und Karbon und für die Batterien metallische Rohstoffe wie Lithium, Mangan, Grafit, Nickel oder Kobalt. Manche Rohstoffe wie Kobalt werden unter elenden Bedingungen etwa im Kongo von Kindern aus dem Boden gekratzt und dabei die Umwelt zerstört.

"Individuelle Mobilität ist nie neutral", sagt Schober. Auch Biogas ist problematisch, wenn nicht ausschließlich Abfälle verwendet, sondern extra Mais dafür angebaut wird, in Monokultur und mit Pflanzengiften versehen. Schober hält Biomethan für eine Alternative, wenn Gas aus Stroh produziert wird. Er schätzt das Potenzial für Biogas aus Stroh als sehr hoch ein. Schober bezieht sich auf einen Hersteller, der von bis zu dreizehn Millionen Tonnen verfügbarem Stroh in Deutschland pro Jahr ausgeht, was für etwa vier Millionen Autos reichen würde. Allerdings ist Stroh nicht einfach ein Abfallprodukt, das sowieso keiner haben will. Der heiße Sommer 2018 hat dafür gesorgt, dass die Preise für Heu und Stroh, die etwa als Einstreu und Futtermittel genutzt werden, enorm gestiegen sind.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2019
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