Süddeutsche Zeitung

Impfstatus:Überraschung an der Kinokasse

Wer sich für Johnson & Johnson entschieden und nur eine zusätzliche Impfung hat, gilt als nicht vollständig immunisiert. Das hat Auswirkungen überall dort, wo 2 G plus verlangt wird

Von Erich C. Setzwein, Puchheim

Was gilt nun? Diese Frage stellen sich gerade jetzt alle jene, die sich im vergangenen Jahr mit dem Impfstoff namens Janssen des Herstellers Johnson & Johnson gegen Covid-19 haben immunisieren lassen. Denn Johnson & Johnson wurde nicht doppelt gespritzt wie andere Impfstoffe, sondern nur einmal. Und alle damit Geimpften, wie etwa die Puchheimerin Julia Davari, durften davon ausgehen, dass eine weitere Impfung mit einem mRNA-Impfstoff wie von Biontech als sogenannter Booster gilt. Doch dem ist nicht so, wie die bei einem Kraillinger Unternehmen beschäftigte Davari jetzt bei einem Besuch in einer Therme feststellen musste. Denn dort gilt 2 G plus, Heißt: Wer zweimal geimpft oder genesen ist und ein aktuelles negatives Schnelltestergebnis vorweisen kann, darf rein. Und wer nach zwei Impfungen geboostert ist und damit als vollständig geimpft gilt, der bekommt sogar Einlass ohne Test.

In der Annahme, nach einmal Johnson & Johnson und einmal Moderna den vollen Schutz zu haben, wollte Julia Davari jene Therme besuchen, in der sie zuvor schon zu Gast war. Sie hatte keinen Test gemacht und wurde prompt abgewiesen, weil ihr Impfstatus nicht anerkannt wurde. Jetzt macht sich nicht nur sie Gedanken, was nun gilt, sondern auch ihre Kollegen würden rätseln, berichtet die Puchheimerin. Denn viele in ihrer Firma hätten im Juni vergangenen Jahres von dem Angebot Gebrauch gemacht, sich vom Betriebsarzt gegen Covid-19 impfen zu lassen.

Es war die Zeit, als die Liefermengen der Impfstoffe noch begrenzt waren. Impfzentren und Betriebe hatten nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Mitte Juni schon etwa 40 Millionen Impfdosen gespritzt, bei Hausärzten waren es um die 20 Millionen. Man war also auf einem guten Weg, und in vielen Firmen wurde den Mitarbeitern sogar eine Auswahl angeboten: Biontech und Astra Zeneca sowieson oder Johnson & Johnson, das für alle, die bald in Urlaub fahren wollten, als ideal erschien. Nur eine Impfung, rascher Impfschutz und keine Wartezeit auf die zweite Impfung und einen späteren Schutz.

So dachte auch eine andere Bürgerin aus dem Landkreis, die sich ebenfalls für den Impfstoff von Johnson & Johnson entschied und später im Jahr eine vermeintliche Booster-Impfung bekam. Als sie nun einen Kinobesuch plante, wurde ihr auf der Homepage des Fürstenfeldbrucker Scala-Kinos mitgeteilt: "Achtung für Johnson & Johnson-Impfstoff: Die zweite Impfung mit einem mRNA Impfstoff gilt nicht als Booster! Auch hier gilt man erst nach der dritten Impfung als geboostert." Danach durchsuchte sie die Stiko-Empfehlungen, und die Hausarztpraxis bestätigte, dass mit Johnson & Johnson Geimpfte eine dritte Impfung bräuchten. Die sei ab drei Monaten nach der Zweitimpfung möglich.

Wer nun keinen Hausarzt fragt, sondern eine Antwort auf die Frage, wann jemand als geboostert gilt, vom staatlichen Gesundheitsamt bekommen möchte, wird vom Landratsamt mit einem Hinweis auf Ausführung des bayerischen Gesundheitsministeriums versorgt. Aus der 15. Infektionsschutzmaßnahmen-Verordnung sind die Details nicht herauszulesen. Dafür gibt es aber die zweite Schutzmaßnahmenausnahme-Verordnung, ausgegeben von der Bundesregierung, nach der zwar eine Person, die eine Impfstoffdosis von Johnson & Johnson erhalten hat, als vollständig geimpft gilt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) - und das ist das große Aber - empfiehlt jedoch allen Personen, die bisher eine Dosis Johnson & Johnson erhalten haben, "zur Optimierung der Grundimmunisierung eine zweite Impfstoffdosis mit einem mRNA-Impfstoff in einem Mindestabstand von vier Wochen zur ersten Impfstoffdosis". Deshalb sei diese Optimierung nicht als Auffrischungsimpfung zu werten. Erst eine dritte Impfung im Abstand von mindestens drei Monaten nach der zweiten Impfung gilt demnach als Auffrischungsimpfung. "Danach", stellt das Gesundheitsministerium fest, "gilt man in Bayern im Hinblick auf die 2-G-plus-Regelung als geboostert."

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SZ vom 14.01.2022
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