Im Landkreis:Rundfahrt auf historischen Motorrädern

Bei einer Tour vom Kloster Fürstenfeld aus kommen die Besitzer ins Gespräch mit Gleichgesinnten. Es wird gefachsimpelt und genossen

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Im Landkreis: Kurt Seitz (links) mit seiner Zündapp unterhält sich vor dem Start mit Organisator Werner Röhrner.

Kurt Seitz (links) mit seiner Zündapp unterhält sich vor dem Start mit Organisator Werner Röhrner.

(Foto: Günther Reger)

Als auf dem Vorplatz der ehemaligen Klosterkirche etwa 70 Classic Motorrad Enthusiasten (CMT) ihre Maschinen starten, ist dies wohl nur für die Fahrer der Raritäten aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg ein Wohlklang. Manche Zuschauer halten sich die Ohren zu, bis die Motorräder durch den Torbogen zwischen Klosterstüberl und -laden hindurch Richtung Engelsberg auf eine 110 Kilometer lange Tour gehen. "Wir starten im Abstand von zwei Minuten in Gruppen zu je acht, so wie es das Straßenverkehrsrecht vorsieht", erklärt Werner Röhrner. Der Brucker hat zum dritten Mal eine CMT-Tour organisiert und ist froh, dass nach der Lockerung wieder Rundfahrten mit vielen Teilnehmern möglich sind.

Heuer geht die Überlandfahrt über Schöngeising, Grafrath und Kottgeisering in den landschaftlich reizvollen Pfaffenwinkel. Um die Landschaft genießen zu können, wird kaum schneller als 50 gefahren, verrät Röhner. Zurück führt der Weg über Türkenfeld und Adelshofen zum Kloster. "Das Wetter ist super", freut sich Jans Keizer aus Holland, der nach einer Fünftagesfahrt in der "Südpfalz" nun auf seinem Motorrad der Marke "Triumph" aus dem Jahre 1924 mit vier PS ein Stück Bayern kennen lernen will. "Die CMT-Tour vor der schönen Barockfassade zu starten, kommt gut an. "Die klösterliche Umgebung vermittelt schöne Erinnerungen und weckt auch das Verlangen, mal für mehrere Tage in der Gegend zu verbringen", weiß Röhrner. Davon profitiere auch die Stadt. Die meisten Teilnehmer kommen ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz, nur wenige aus dem Landkreis.

Im Landkreis: Einer der Teilnehmer wird auf der Tour von einem bärigen Begleiter unterstützt.

Einer der Teilnehmer wird auf der Tour von einem bärigen Begleiter unterstützt.

(Foto: Günther Reger)

So wie Heiner Klimasczewsky aus Grafrath. Er hat vor Jahren in England eine Maschine "Brough Superior L50" erworben und hat neben dem deutschen auch das Insel-Kennzeichen TV9922 mit dabei, das so lange gültig ist, bis das Motorrad verschrottet wird. "Ich habe es in vielen Stunden Freizeit restauriert und nun steht es da, wie neu, obwohl es schon 1934 gebaut wurde", erzählt er interessierten Kollegen. Ein "Hingucker" ist die "Morgan Threewheeler" mit "Jap-Frontmotor", eine Rarität aus dem Jahre 1930. Die Piloten, Adam und Silke Dirk, haben sich auch entsprechend der Entstehungszeit gekleidet und auf dem Heck sind ein Koffer und ein Regenschirm festgezurrt. Mit 40 PS ist es eines der Boliden auf der Rundfahrt, bei der laut Röhrner 52 verschiedene Motorradmarken vertreten sind. Das älteste Fahrzeug ist ein französisches "Clyno-Gespann" von 1910, und die seltene "Ner-a-Car" aus den USA mit 1,5 PS das leistungsschwächste.

Die "Zündapp K800 " von Kurt Seitz aus Bruck stammt aus dem Jahre 1933 und glänzt wie am ersten Tag. "Wer sich das Motorrad damals leisten konnte, war wohlhabend", erzählt er. Er habe es in einem Schuppen bei Friedberg entdeckt, in dem es 50 Jahre niemand beachtet habe. Von den Nationalsozialisten sei es dem Besitzer einst weggenommen worden, nach dem Zweiten Weltkrieg als Polizeimotorrad im Einsatz gewesen und danach in Vergessenheit geraten. Auf einer NSU 601, Baujahr 1931 mit Beiwagen, reiht sich Veronika Gleich aus Rottbach ein und ihr Gatte Michael fährt auf einer NSU T von 1927 mit. Auf dem Schutzblech des Vorderrades ist IIB-202277 zu lesen. "Das war das Kennzeichen während des Nationalsozialismus, das B steht für Bayern" erklärt Gleich.

Die meisten der Teilnehmer kennen sich, viele sind befreundet. Sie nutzen das Treffen zum Fachsimpeln. "Manchmal ist es schwierig, für die alten Maschinen Ersatzteile zu bekommen, entweder macht sie sich selbst oder fragt einem Leidenschaftskollegen nach", sagt Bernd Nöst aus Weyarn. Ein 85 jähriger Fahrer einer Harley-Davidson von 1926 freut sich ebenso wie Otto Schwarz aus der Kreisstadt auf einer "Ardie" aus dem Jahr 1936 auf die gemeinsame Fahrt, "weil wir coronabedingt auf viele solcher schönen Treffen verzichten mussten". Als alle Motorräder auf der Strecke sind, schickt Röhrner den "Besenwagen" los, dessen Aufgabe es ist, Unterstützung zu leisten, sollte ein Fahrzeug liegen bleiben. "Das kommt aber glücklicherweise nur sehr selten vor", sagt der Organisator.

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