Im Landkreis:Ideen für das gedeihliche Miteinander

Im Landkreis: Hans Sautmann kümmert sich als Referent des Kreistages um das Thema Integration

Hans Sautmann kümmert sich als Referent des Kreistages um das Thema Integration

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Integration von Menschen mit einer Migrationsgeschichte soll als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe verstanden werden. Dafür wird in den kommenden Jahren von Ehrenamtlichen ein Konzept entwickelt

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Sie sind entweder Ausländer oder Fremde, manche bezeichnen sie als Migranten und nicht erst seit Kurzem werden sie auch als "Menschen mit Migrationsgeschichte" bezeichnet. Menschen also, die woanders als in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, die in einem anderen Land ausgebildet wurden und die ihre Kultur mitbringen. Ihnen nicht nur das Gefühl zu vermitteln, dass sie im Landkreis Fürstenfeldbruck glücklich und friedlich leben können, sondern sie auch tatsächlich spüren lassen, dass man sie gern als Nachbarn oder Arbeitskollegen hat, sollte menschliche Verpflichtung für jeden sein. Wie der Staat in Form des politischen Landkreises dabei helfen kann, dass aus der Türkei, Syrien, Afghanistan, Österreich und anderen Ländern Zugewanderte Fuß fassen und akzeptiert werden, dabei soll ein Integrationskonzept helfen. Bürgerinnen und Bürger werden daran ehrenamtlich zusammen mit einem kleinen Kreis aus Praktikern und Politikern mitarbeiten. Ziel ist es, das Integrationskonzept dem Kreistag in spätestens zwei Jahren zur Entscheidung vorlegen zu können.

Seit dem vergangenen Jahr haben der Kreisrat Hans Sautmann (Grüne), der Referent für Migration und Integration des Kreistages ist, und der Integrationslotse im Landratsamt Mirko Sfeir viele Konzepte anderer Landkreise geprüft, um erst einmal eine Grundlage für den Beginn des Denk- und Planungsprozesses zu bekommen. Um diese Diskussionen nicht in kleine Zirkel zu verlegen, sondern eine "breite gesellschaftliche Anbindung zu erreichen", wie Sfeir sich ausdrückte, hat sich die Koordinierungsgruppe um ihn und Sautmann im Frühsommer an die Öffentlichkeit gewandt und zur Teilnahme an Workshops aufgerufen. Daneben wurde ein Kreis gebildet, in dem Menschen mit Migrationsgeschichte mit Vertretern von Institutionen, Verbänden und Vereinen, deren Thema Integration ist, zusammensitzen. Dieser Kreis soll darüber entscheiden, welche der sich herauskristallisierenden Themen und Aufgaben weiterverfolgt werden. Dieser Entscheiderkreis aus 25 Personen soll alle zwei bis drei Monate zusammentreten und jeweils zu Zwischenergebnissen kommen. Schließlich soll er im Herbst 2023 das Gesamtergebnis zur politischen Beratung und Entscheidung vorlegen.

Einige Zielsetzungen sind bereits definiert und bei einer ersten Kennenlernrunde den Teilnehmern des Entscheidungskreises sowie den örtlichen Medien vorgestellt worden. Als landkreisspezifische Themen gelten demnach eine Art Hilfe zur Selbsthilfe. Das vorbereitende Team formulierte: "Stärkung der selbstbestimmten Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger mit Bedarf an Integrationsunterstützung." Ein weiteres Ziel soll das gedeihliche Zusammenleben" von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sein. Gemeinden und Städte sollten sich interkulturell öffnen und eine "antirassistische Orientierung als verbindliche Handlungsgrundlage schaffen". Ganz wesentlich dürfte sein, wie das Ziel: "bessere Ausschöpfung und gerechten Ausgleich der unterschiedlichen Fähigkeiten, Potenziale und Interessen in der Bevölkerung erreichen", in den kommenden beiden Jahren vorangetrieben und entscheidungsreif vorbereitet werden kann.

Kreisrat Sautmann sieht die "Integration als Querschnittsaufgabe" und hat deshalb den Aufbau von sechs Arbeitsgruppen vorgeschlagen. So soll Bildung und Sprache ein Themenfeld werden, ebenso Ausbildung, Arbeit und Wirtschaft. Eine weitere Gruppe soll sich mit Kunst, Kultur und Religion befassen, eine andere Vorschläge für die interkulturelle Öffnung und die antirassistische Orientierung machen. Schließlich sollen sich zwei Gruppen mit dem Leben in der Gesellschaft sowie dem Lebensumfeld Wohnen und Gesundheit auseinandersetzen. Zu jedem dieser Arbeitsbereiche werden Bürger-Beteiligungsworkshops angeboten.

Den politischen Auftrag zur Erarbeitung dieses Konzepts hatte der Kreistag im vergangenen Jahr gegeben. Landrat Thomas Karmasin (CSU) sagte in seinem Grußwort an den Entscheidungskreis, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten im Landkreis "eine ganz andere Dimension von Migration" entwickelt habe und es ebenso "ganz andere Motive der Migration gebe. 15 Prozent der Landkreisbevölkerung haben nach Karmasins Angaben eine Migrationsgeschichte, deutschlandweit liege die Zahl bei 25 Prozent. Karmasin erinnerte daran, dass bereits zwei Mal in den vergangenen 50 Jahren Kriege - auf dem Balkan und in Syrien - zu Flüchtlingswellen und Einwanderung geführt hätten. Wichtig sei ihm, dass man miteinander rede und sich kennenlerne. Weil das aber nicht immer im Landkreis der Fall ist, sollen politische Leitlinien aufgestellt werden, wie Moderator Ludger Wahlers erläuterte. Denn nach wie vor gebe es "Unterschiede zum Rest der Bevölkerung", die Menschen mit Migrationshintergrund litten unter Diskriminierung, fehlenden Netzwerken und mangelnder Unterstützung, beispielsweise durch Arbeitgeber.

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