Idee der Brucker Grünen:Eindämmen der Plastikflut

Fürstenfeldbruck soll die erste Kommune Bayerns ohne Einwegtaschen werden und auf Stoffbeutel umsteigen. Der Einzelhandel zeigt sich kooperativ, pocht aber darauf, dass ein Zwangsaufschlag für alle gelten muss.

Stefan Salger

Die Kreisstadt soll ganz ohne Plastiktüten auskommen, in Geschäften sollen stattdessen haltbarere Einkaufstaschen ausgegeben werden. Das wünschen sich die Grünen. Fürstenfeldbruck soll als erste plastiktütenfreie Kommune in Bayern ausgerufen werden und auf diese Weise sogar mit einer Art "Alleinstellungsmerkmal" für sich werben können.

Einkaufstüten

Wie beim AEZ bietet der Handel schon jetzt Alternativen aus Papier und Stoff zur Plastiktüte. Sie müssen nur angenommen werden.

(Foto: Günther Reger)

Am Samstag warb der Ortsverband der Grünen auf dem Geschwister-Scholl-Platz für sein Anliegen und tauschte Plastiktüten gegen umweltfreundliche Baumwolltaschen aus. Bei der Geschäftswelt findet die Initiative durchaus Zuspruch, Vertreter des Gewerbeverbands machen aber deutlich, dass der Erfolg letztlich von der Akzeptanz der Kunden abhängt.

Einen hundertprozentigen Verzicht hält der neue Brucker Gewerbeverbandschef Rico Ritter "für eine gewagte Vision". Nicht zuletzt deshalb, weil es ja nicht nur um die dünnen Tüten geht, die beispielsweise von Lebensmittelgeschäften ausgegeben werden. Für viele Geschäfte seien die Tüten doch auch Werbeträger, sagt Ritter. Das bestätigt der im Verband für den Einzelhandel zuständige Wilhelm Kohl, selbst Chef eines Modehauses an der Hauptstraße. Gleichwohl zeigt sich Kohl den Forderungen der Grünen gegenüber sehr aufgeschlossen. Auch er würde gerne die Plastiktütenflut zumindest eindämmen. "Wir haben uns da natürlich schon Gedanken gemacht", sagt er, "vernünftig wäre das schon."

Am Mittwoch wurde im Gewerbeverband über Möglichkeiten diskutiert. Witterungsunbeständige Papiertüten kämen für den Transport von Modeartikeln eher nicht in Frage, findet Kohl. Man habe es bereits mit Stofftaschen versucht. Die aber wurden von den Kunden nicht angenommen: "Das war nichts." Andererseits habe das Schuhhaus Englschalk bewiesen, dass kreativ gestaltete Stofftaschen ein Weg sein könnten. Diese Taschen sehe man bei Passanten öfters, so Kohl. Angeboten werden auch haltbarere Kunststofftaschen.

Aber von hundert Kunden entscheiden sich "nur zwei oder drei" dafür, die meisten greifen doch zur kostenlosen Plastiktüte. Es geht um 70 000 bis 100 000 Tüten pro Jahr. Und weil auch der Händler für jede davon bis zu 25 Cent zahlen muss, brächte der Ersatz durch mehrfach verwendbare Taschen auch einen ökonomischen Vorteil. Vieles spricht dafür, dass ein Aufschlag, den dann aber auch alle Geschäfte einheitlich erheben müssten, ein Weg wäre.

So sieht das auch Klaus Klotz, Seniorchef des AEZ in Fürstenfeldbruck. Bei ihm, wie in fast allen anderen Supermärkten, gibt es Plastiktüten nicht mehr kostenlos. Wenn im nahen Drogeriemarkt, in dem vergleichbare Produkte verkauft werden, dann aber nichts für die Plastiktüte berechnet werde, dann sei das nicht optimal, findet Klotz. "Wir stehen ja alle im Wettbewerb."

Immerhin werden den Kunden im AEZ bereits viele Alternativen angeboten. So ist die Papiertüte mit 15 Cent bereits fünf Cent billiger als die Plastiktüte. Außerdem werden beispielsweise an der Kasse im Citypoint Stofftaschen (ein Euro), Shoppingtaschen (2,99 Euro) und Tragetaschen (1,99 Euro) angeboten. Nun müsste nur noch der Kunde mitspielen.

Dokumentarfilme wie "Der Fluch der Meere" oder der kürzlich im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlte Streifen "Plastik über alles" zeigen, dass Plastik viele Schattenseiten hat - vor allem dann, wenn es in die Weltmeere und langfristig auch in die Nahrungskette der Menschen gerät. Der Brucker Grünen-Ortsverbandsvorsitzende Harald Kaluza verweist auf Pakistan, das dem Vorbild von Tansania und Ruanda gefolgt sei und zum 1. April normale Plastiktüten verboten habe. In Irland konnte die Quote der Plastiktüten durch eine Abgabe von 44 Cent deutlich gesenkt werden, Experten halten einen Zwangsaufschlag von 22 Cent pro Tüte für realistisch - und das möglichst weltweit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: