Hoteliers im Landkreis Fürstenfeldbruck:Zimmer frei

Das Romantik Hotel zur Post hat bis Januar ganz dicht gemacht, andere Häuser halten sich mit den wenigen Geschäftsreisenden eher schlecht als recht über Wasser. Die ganze Branche im Landkreis ist in der Corona-Krise

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Beim "Romantik Hotel zur Post" in Fürstenfeldbruck kommt man nur bis zum Anrufbeantworter. Der teilt mit, dass Hotel und Restaurant schon seit dem 2. November geschlossen sind und erst voraussichtlich am 12. Januar wieder öffnen. "Schweren Herzens haben wir uns dazu entschlossen", heißt es.

Die Hotels im Landkreis sind im Corona Lockdown bis Ende Dezember für Touristen geschlossen - Geschäftsreisende dürfen sie jedoch beherbergen. Doch auch die reisen momentan nicht gerne, so dass die Auslastung sehr überschaubar ist und sich wirtschaftlich kaum lohnt. Auch die Zukunft sehen die Hotels wenig rosig.

Besonders hart trifft der aktuelle Lockdown das neue Hotel "Amper" in Germering. "Ein Geschäftsreisender, der abends nicht Essen gehen kann, fährt nicht weg", sagt Andreas Schön und schaut sich wehmütig im großen Speisesaal des Restaurants um. 140 Plätze stehen dort samt Terrasse für Gäste zur Verfügung. Vor dem 2. November verteilten sich dort nur 60 Stühle. Erst am 1. September hatte das Hotel an der Ecke Oskar-von-Miller-Straße/Streiflacher Straße eröffnet. Dort steht ein riesiger Neubau anstelle des ehemaligen Amper-Einkauf-Zentrums (AEZ). Viele Meter läuft man in den Fluren des Gebäudes an schier endlosen Zimmertüren vorbei. 147 Zimmer sind es genau und etwa 300 Betten. Senior Fritz Schön, sein Sohn Andreas und Schwiegertochter Katharina Schön führen das Hotel. Vater und Sohn sind seit Jahrzehnten in der Branche tätig. Fritz Schön, 82, schon seit seinem 14. Lebensjahr, als er eine Hotellehre antrat. Zusammen mit seinem Sohn Andreas hat er 14 Jahre lang das "Hotel zur Post" in Pasing betrieben. Ihr neues Hotel liegt nur 400 Meter von der Germeringer Stadthalle entfernt. Auch die ist geschlossen. "Vor Corona waren wir vom Standort überzeugt", sagt Andreas Schön, 54. Jetzt wirkt er eher nachdenklich. Bereits Ende 2016 hatten sie den Vertrag mit dem Eigentümer des Gebäudes unterschrieben. "Wir haben alles streng auf Business-Reisende ausgelegt", bekräftigt Schön. Sie wollten jetzt eigentlich so richtig loslegen mit der Akquise von Geschäftskunden, um die 147 Zimmer zu füllen. Doch dann kam Corona und sie mussten ausgefeilte Hygienekonzepte umsetzen. "Genutzt hat das nichts", sagen die Schöns enttäuscht.

Hoteliers im Landkreis Fürstenfeldbruck: Allein zu Haus: Andreas Schön in einem der Zimmer des Germeringer Hotels Amper.

Allein zu Haus: Andreas Schön in einem der Zimmer des Germeringer Hotels Amper.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Geschäftsreisende, viele von ihnen kommen zu Tagungen, Fortbildungen oder Firmenkonferenzen, sind die bevorzugte Klientel aller Hotels im Landkreis. Etwa 80 Prozent aller Hotelgäste machen sie aus. Auch im Puchheimer Hotel "Das Seidl - Hotel und Tagung" ist das so. "Von 96 Zimmern sind an einem Montag nur 15 belegt, vergangene Woche waren es nur sieben", erzählt Frank Seidl. Das Hotel gehört seiner Ehefrau Andrea Seidl. Seit 2014 betreiben sie es selbst. Sie haben momentan auf einen Notbetrieb umgeschaltet. "Es gibt kein Frühstück und die Rezeption ist nur sporadisch besetzt", erklärt Frank Seidl. Am Wochenende ist das Hotel, wie viele andere auch, komplett geschlossen. Geschäftsreisende seien schon im September und Oktober wenig unterwegs gewesen. Die zwei besten Firmenkunden seien in diesem Jahr nahezu total ausgefallen, weil dort ein kompletter Reisestopp verordnet wurde. Seidl: "Das sind tausend Übernachtungen im Jahr, die fehlen."

Ab welcher Belegungsmarke ist ein Hotel wirtschaftlich zu betreiben? "50 Prozent Belegung müssen wir schon haben", sagt Seidl. Andreas Schön vom Hotel "Amper" nennt als Marke "66 Prozent". Man habe ja noch 500 000 Euro in die Ausstattung der Zimmer und aller Räume investieren müssen. Die Erwartungshaltung der Familie Schön lag bei etwa 75 Prozent Auslastung. "Das war noch konservativ gerechnet", so Senior Fritz Schön.

Beim "Schiller's Hotel" in Olching sind am Dienstag 13 von 51 Zimmern belegt. "Wir werden dieses Jahr nur eine Auslastung von 35 Prozent haben", prognostiziert Harald Schöffler, der zusammen mit einer Schwester Ute Spöttl das Schiller's betreibt. An den Wochenenden ist das Hotel ebenfalls geschlossen. Etwa 20 der 25 Angestellten sind in Kurzarbeit. 35 Prozent Zimmerbelegung in 2020 sind es auch nur deshalb, weil Januar und Februar "noch normal gewesen sind", so Schöffler. 2019 lag die Zimmerbelegung noch bei 65 Prozent. "Wir sind die dritte Generation, die das Hotel führt", sagt Schöffler nicht ohne Stolz. Aus Café und Pension ist ein Hotel mit Restaurant geworden, das sich schon immer im Familienbesitz befindet.

Hoteliers im Landkreis Fürstenfeldbruck: Ähnlich wie Andreas Schön ergeht es seinen Olchinger Kollegen Ute Spöttl und Harald Schöffler vom Schiller (im angeschlossenen Restaurant).

Ähnlich wie Andreas Schön ergeht es seinen Olchinger Kollegen Ute Spöttl und Harald Schöffler vom Schiller (im angeschlossenen Restaurant).

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Theresa Hartmann vom Hotel "Hartmann" an der Amperbrücke in Fürstenfeldbruck kann da noch mehr bieten. Sie ist die fünfte Generation, die dieses Hotel leitet. Das Haus stammt ursprünglich aus dem Jahre 1509. "Auch bei mir ist nichts los", sagt sie. Nur fünf von ihren 15 Zimmern sind belegt. "Und das ist eine gute Woche", so Hartmann. 2019 hatte sie noch eine Zimmerbelegung von 70 Prozent. Frühstück gibt es im Lockdown-November nicht. Einen Kaffee reicht sie ihren Gästen aber schon. Auch Hartmann beherbergt vor allem Geschäftsreisende - "weil Fürstenfeldbruck kein Urlaubsort ist". Das sieht auch Schöffler von Schiller's so. "Vom Sommer hatten wir nichts", berichtet er, "da sind die Leute in die Berge oder ans Meer gefahren." Frank Seidl kommt mit den drei Monaten im Frühjahr und dem geschlossenen August auf vier Monate, die das Hotel in diesem Jahr komplett geschlossen ist. Und jetzt der Notbetrieb im November ohne Restaurantbetrieb - wie überall.

Etwas besser sieht es im Hotel "Abasto" in Maisach aus. Hotel-Manager Maximilian Toth berichtet von einer Auslastung der 73 Zimmer von 50 bis 60 Prozent, hauptsächlich mit Geschäftsreisenden - "aber nur von Montag bis Donnerstag". Das Restaurant hat auf Lieferung umgestellt und zehn der maximal 20 Angestellten sind in Kurzarbeit. "Wir haben aber auch die Preise angepasst", sagt Toth. Zimmer, die sonst mehr als hundert Euro kosten, bietet das "Abasto" jetzt als Doppelzimmer mit Frühstück zwischen 50 und 80 Euro an. Das bedeutet für 2020 eine Umsatzeinbuße laut Toth von etwa 50 Prozent. Familie Schön im Germeringer Hotel "Amper" unterbietet den Rabatt von "Abasto" für ihre "neuen hochwertigen Zimmer" noch etwas. "Wir werden demnächst bis März Einzelzimmer für 49,90 Euro anbieten", kündigt Andreas Schön an. Sein Gesicht hellt sich am Montagnachmittag doch noch etwas auf, weil sich an diesem Tag immerhin 40 Gäste angesagt haben. "Von Donnerstag bis Montag sind dann aber nur drei Zimmer belegt", so Schön. Beim Blick in die Zukunft ist er sehr pessimistisch: "Normal wird es erst wieder 2024."

Hoteliers im Landkreis Fürstenfeldbruck: Andrea und Frank Seidl vom gleichnamigen Hotel in Puchheim.

Andrea und Frank Seidl vom gleichnamigen Hotel in Puchheim.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Wie wird "normal" in Zukunft aussehen? Die Aussichten sind für alle Hotels im Landkreis wahrlich nicht günstig. Geschäftsreisende wird es wohl in der gewohnten Masse nicht mehr geben. Gelebt haben die Hotels auch von den Messen in München und vom Oktoberfest. Auch hier besteht große Unsicherheit, weil noch nicht klar ist, ob ein Impfstoff das Virus gänzlich in Schach halten wird. Viele Hoteliers bieten kostenlose Stornierungsmöglichkeiten bis kurz vor dem Aufenthalt an. Frank Seidl ist optimistisch und hofft auf das zweite Halbjahr 2021. "Vielleicht wird es dann wieder etwas normal", aber die Tendenz gehe zu weniger Geschäftsreisenden. Das deckt sich mit den Erwartungen seiner Kolleginnen und Kollegen. Theresa Hartmann hat "keine Hoffnung, dass es 2021 schon besser wird." Sie rechnet wie alle anderen auch mit immer mehr Videokonferenzen der Firmen. Der Olchinger Harald Schöffler knüpft einige Hoffnung an die Buchungen mehrerer Stammkunden bereits fürs nächste Jahr. "Normal wird es überhaupt nicht mehr", sagt Toth vom Hotel "Abasto". Die vielen Tagungsräume werden dann nicht nur wie jetzt im November leer stehen. "Trotzdem muss alles jeden Tag gereinigt werden", sagt Katharina Schön vom Hotel "Amper" bei der Führung durchs Haus. Als sie in der leeren, nagelneuen Restaurantküche ankommt, wird sie spürbar emotional: "Da blutet mir das Herz." Leere Räume "in Schwung zu halten, kostet viel Geld."

Ob das neue Hotel "Amper" von der staatlichen Hilfe von bis zu 75 Prozent für den November/Dezember-Lockdown profitiert, ist ungewiss. Soeben erst eröffnet, gibt es keinen vergleichbaren Umsatz aus dem Vorjahr, an dem sich die Hilfe orientieren soll. Von den 75 Prozent Zuschuss wird das Kurzarbeitergeld abgezogen. Harald Schöffler vom Schiller's beschäftigt sich beim Blick in die Zukunft auch mit der Sorge um das Personal. "Was ist das für eine Botschaft an unsere Auszubildenden?", fragt er. Es werde noch schwieriger werden, geeignetes Personal zu finden. "Ist die Branche noch tragfähig?", würden sich Jugendliche bei der Berufswahl fragen. Momentan ist sie es offenbar nicht.

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