Fürstenfeldbruck:Begleiterinnen auf dem letzten Weg

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Hospize kümmern sich um Menschen, die beispielsweise unheilbar erkrankt sind. Oft ist es für diese vor allem wichtig, dass jemand einfach da ist. (Foto: Felix Kästle/dpa-tmn)

Die Hospiz- und Palliativberatung der Caritas schult Ehrenamtliche, die Sterbende und ihre Angehörigen unterstützen wollen.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Dem Tod ins Auge blicken, Sterbende besuchen und sie auf ihrem letzten Weg begleiten, das erfordert eine Menge Mut und auch eine gute Portion Stabilität der eigenen Gemütsverfassung. Die 14 Frauen, die an diesem frühen Abend zur Caritas in Fürstenfeldbruck gekommen sind, um sich über die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizhelferin zu informieren, scheint die Vorstellung, fremde, sterbende Menschen und ihre Angehörigen in dieser Situation zu begleiten, nicht zu schrecken. Während der Tod in unserer modernen, auf ewige Jugend fixierten Leistungsgesellschaft weitgehend verdrängt wird, skizzieren Bianca Haucke und Jacqueline Stryczek vom ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst der Caritas Fürstenfeldbruck den altersmäßig gemischten Interessentinnen recht konkret, wie ihre zukünftige Aufgabe aussehen könnte und beispielsweise, dass die meisten ihrer Schützlinge über 80 sind. Voller Überzeugung und mit leuchtenden Augen sagt die gelernte Krankenschwester Haucke am Ende: „Es ist mit eine der am meisten Sinn stiftenden Sachen, die man machen kann.“

Seit rund 15 Jahren gibt es das ambulante Hospiz- und Palliativteam der Caritas

Seit rund 15 Jahren gibt es das ambulante Hospiz- und Palliativteam der Caritas Fürstenfeldbruck. Haucke, Stryczek und Susanne Heußler sind als Angestellte sozusagen das Fundament dieses Konstrukts, das einerseits eng mit Medizinern, Krankenhäusern, Pflegeheimen zusammenarbeitet. Und andererseits als praktische Unterstützung vor Ort im ganzen Landkreis, meist bei den Sterbenden zu Hause, die ehrenamtlichen Hospizhelfer einsetzt. Die drei Frauen kommen alle ursprünglich aus einem medizinischen Beruf und haben eine Ausbildung zur sogenannten Fachkraft Palliative Care absolviert. Sie koordinieren und begleiten die Einsätze der 55 Ehrenamtlichen, davon drei Männer.

Darüber hinaus bietet das Team einmal im Jahr interessierten Erwachsenen eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizhelfer an. Die Qualifizierung dauert 120 Stunden, etwa sieben Monate, und findet überwiegend Freitagabend und Samstag sowie an einem Wochenende statt. Die Lehrinhalte umfassen unter anderem Kommunikation, Biographiearbeit, Einführung in die Palliativmedizin sowie Trauer und Trauerbegleitung. Die Frauen, die an diesen Abend gekommen sind, überlegen, diese Fortbildung zu machen. Eine Frau wollte sie schon vergangenes Jahr absolvieren, wie sie erzählt. Doch weil sie die Anmeldefrist verpasst habe, habe sie sich stattdessen bei der Kreisklinik engagiert. Auch dort gibt es eine Gruppe ehrenamtlicher Hospizhelfer. Nun will sie die Qualifizierung bei der Caritas machen.

Auch nach dem elfstündigen Grundkurs kann man die Ausbildung noch abbrechen

Die aktuelle Veranstaltung diene allein der Information, es gehe nicht um eine Anmeldung, unterstreicht Haucke. Auch nach dem elfstündigen Grundkurs habe man noch die Möglichkeit, die Ausbildung abzubrechen, wenn man merkt, dass die Auseinandersetzung mit dem Sterben oder auch die oft weitreichende Begleitung der Angehörigen einem doch nicht liegt. Zudem umfasse die Aufgabe keinerlei Pflegetätigkeiten. Mit diesen Aussagen will die ehemalige Krankenschwester offenbar Hürden bei den potenziellen künftigen Helferinnen abbauen. Das Angebot soll möglichst niederschwellig sein, wie es neudeutsch heißt. Andererseits verweist Haucke auch auf Alternativen wie zum Beispiel die ehrenamtliche Tätigkeit als Demenzhelfer.

In der folgenden Stunde erfahren die Frauen, die zwischen Anfang 30 und Mitte 60 sind , viel über die Ausbildung und die Art der Aufgabe, die sie danach erwartet. So müssen sie beispielsweise die Kosten – insgesamt etwa 350 Euro – selbst tragen, dürfen höchstens zehn Prozent der Kurse versäumen und müssen in der Zeit auch ein Praktikum – zehn Besuche bei einer Person im Pflegeheim – absolvieren. Das sei kein Mensch, der im Sterben liegt, unterstreicht Haucke – auch wenn das in dem Alter nicht ausgeschlossen und schon vorgekommen sei. Aber der Sinn des Praktikums ist es, die Besonderheiten bei der Kommunikation mit alten Menschen zu erfahren. „Es kann zum Beispiel sein, dass sie bei allen zehn Besuchen das Gleiche hören“ oder der Senior einen Annäherungsversuch mache. Auf derartige Situation will die Qualifizierung, die von den Krankenkassen anerkannt ist, vorbereiten. Dennoch: „Es passt nicht immer alles. Es gibt auch für uns immer wieder Situationen, die neu sind und schwierig. Und da muss man drüber reden“, sagt Haucke.

„Dazusitzen und auszuhalten ist die schwerste Disziplin“

„Es gibt verschiedene Sterbephasen, das lernen sie dann in der Ausbildung“, spricht Stryczek einen weiteren Aspekt an. So könne es beispielsweise passieren, dass der Sterbende sein Wesen extrem ändere, etwa plötzlich aggressiv sei, obwohl er bisher immer sehr ausgeglichen war. Das Wissen um die Hintergründe helfe, mit einer gewissen Distanz zu reagieren. Häufig komme es bei den Besuchen auch vor, dass es nur darum gehe, da zu sein, sagt Stryczek. „Dazusitzen und auszuhalten ist die schwerste Disziplin. Aber da sie von außen kommen, fällt es Ihnen leichter.“ Viele würden gar keine große Unterhaltung wünschen, kein Vorlesen oder Spielen, sondern einfach nur die Anwesenheit eines anderen Menschen. Für die im Haushalt lebenden Angehörigen bedeutet der Besuch der Hospizhelfer Entlastung: In der Zeit können sie das Haus verlassen oder sich anderen Dingen widmen.

Oft gehört zu den Einsätzen noch eine Nachbegleitung der Angehörigen, sofern diese das wünschen. Zudem müssen die Einsätze von den Ehrenamtlichen dokumentiert werden, damit sie bei der Krankenkasse abgerechnet werden können. Geld gibt es für das bis etwa vier Stunden pro Woche dauernde Engagement zwar keines. Allerdings werden die Fahrtkosten erstattet und das Team bietet unter anderem regelmäßige Supervisionen an.

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