Hofhegnenberg:Der Schlossherr

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Unternehmer Peter Löw hat die Burg in Hofhegnenberg wieder herrichten lassen. Nun wohnt er selbst darin

Von Christian Lamp, Hofhegnenberg

Der Schlossherr empfängt vor dem Torbogen. "Einfach geradeaus, Professor Löw wartet vor dem Schloss auf Sie", gibt einem der Wachmann mit bordeauxrotem Barrett noch mit auf den Weg. Das Schloss selbst steht inmitten von fünf Hektar Park, die einen großen Wirtschaftsteil samt Gästehaus, Gestüt und backsteinernem Brauereigebäude beherbergen. Hinter dem Wirtschaftstor beginnt der Park. Apfelbäume, Ulmen, geteerte Wege schlängeln sich durch gepflegte Wiesen. Auf einer leichten Erhebung steht das Schloss Hofhegnenberg samt Zwiebelturm und kantigem Bergfried.

Peter Löw ist akkurat in Anzug, blauroter Krawatte und Mantel gewandet. Der Scheitel sitzt, unter dem Ärmel lugt eine dezente goldene Uhr hervor. Eine "geografische Besonderheit", so der 56-Jährige zur Begrüßung: Das Schloss stehe auf dem höchsten Punkt zwischen München und Augsburg. Zum Schlossherrn sei er mehr durch Zufall geworden, erzählt Löw. Vor mehreren Jahren war er beruflich in Augsburg, als vor ihm ein Makler das Schild mit dem Schloss ausstellte. Zu verkaufen für "unter zwei Millionen für alles". Löw schlägt zu - für den Preis bekomme man in München ja noch nicht mal ein Eckhaus.

Der Bergfried und damit die Anfänge der Burg liegen um 1300, der Großteil des Schlosses stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Ritter Georg von Hegnenberg-Dux, wie sich der uneheliche Sohn des Wittelsbacher Herzogs Wilhelm IV. nannte, wurde damals mit dem Schlösschen belehnt, um in den Wirren der Reformation für Ruhe zu sorgen. Bis 2008 vererbte sich das Schloss an die Freiherren von Gebsattel.

Diese buntscheckigen Feudalbande wurden rüde durch den ökonomischen Zwang zerrissen, das verfallene Schloss musste aufgrund finanzieller Schwierigkeiten derer von Gebsattel vom Adel zum Kapital übergehen. Auf mindestens zehn Millionen Euro schätzt Löw die laufenden Renovierungskosten, die bisher angefallen sind. Etwa eineinhalb Jahre nach Erwerb sei der Großteil der Gebäude fertig saniert gewesen, berichtet er. Zu Beginn habe man erst einmal mit Notmaßnahmen die löchrigen Dächer stopfen müssen. Primär gehe es ihm um den Erhalt der historischen Bausubstanz.

Das sieht man, die Bauten sind liebevoll saniert und hergerichtet. Vor die Fenster des Schlosses wurden eigens konstruierte Fensterkästen gesetzt, um die Originalscheiben erhalten zu können. Diese historisierenden Bestrebungen bündeln sich im Bergfried. Laut Löw war der Turm seit Ende des 18. Jahrhunderts eingestürzt. Ohne ihn habe dem Schloss einfach etwas "gefehlt", auf alten Stichen sei das Schloss schließlich stets mit Turm abgebildet. Nach einigem Hin-und-her mit Denkmalschutz und Landratsamt wurde der Wiederaufbau schließlich genehmigt. Löw bezeichnet sich selbst als Historiker, damit begründet er seine Liebe zum Original. Der Turm diene ja auch als Identifikation für die Ortschaft. Die "Bevölkerung", wie er sich schon etwas feudal ausdrückt, habe auf den neuen Turm "emotional" und "dankbar" reagiert. Für sie organisiert Löw jedes Jahr Anfang Dezember einen Weihnachtsmarkt im Schlosshof und im Mai Marienprozessionen zur kleinen Wallfahrtskapelle. Die Erlöse des Weihnachtsmarktes werden an bedürftige Familien aus der Umgebung gespendet. Ansonsten bleibt das Anwesen der Öffentlichkeit verschlossen.

Die Gewölbeküche im Erdgeschoss sowie den gesamten ersten Stock mit allen repräsentativen Gemächern hat Löw weitestgehend originalgetreu sanieren lassen. Mit einem Unterschied: Da das Schloss als Wohnhaus für ihn und seine Familie mitsamt den fünf Kindern dienen soll - "Schlösser waren ja als Einfamilienhäuser mitsamt Personal gedacht" -, ließ Löw beispielsweise unter den Steinfliesen eine Fußbodenheizung installieren. Und der zweite Stock, der ehemalige Speicher, sei jetzt "eher supermodern" als Wohnteil ausgebaut, so der Schlossherr. Ausgestattet hat er die Räume selbst, beim Kauf waren laut Löw nurmehr zwei naturalistische Gemälde und zwei Fassadenschränke enthalten. Neben der Küche sind die beiden wundervoll gedrechselten Schränke aus dem 16. Jahrhundert allerdings die schönsten Stücke der Einrichtung.

Leisten kann sich der "Historiker" das alles, weil er eigentlich "Kaufmann" ist. Peter Löw, der sowohl in Jura als auch Geschichte promoviert hat, ist als Unternehmer tätig. Er besitzt mehrere Firmen, die sich auf das Restrukturieren spezialisiert haben: Sie kaufen finanziell marode Unternehmen mit Potenzial auf, sanieren und verkaufen sie dann in der Regel mit Gewinn weiter. Zuletzt hat er Anfang Oktober die Trostberger AlzChem Group AG an die Frankfurter Börse gebracht.

So kann er sich in der Bibliothek seine "eigene kleine Weltgeschichte" zusammenstellen, wie er es ausdrückt. In der Sammlung alter Handschriften, die bis ins zehnte Jahrhundert zurückreichen, liegen unter anderem ein Meteoritenbrocken, versteinerte Dinosauriereier, sumerische Tontafeln in Keilschrift, ein altägyptisches Hieroglyphenfragment, ein "circa dreitausend Jahre alter" Herkuleskopf, ein Bronzegürtel und, und, und. Ähnlich eklektisch sind auch die Schlossräume eingerichtet, ein Raum zeigt Ritterrüstungen, ein anderer eine Cicero-Büste. Auf Rückfrage meint Löw dazu, man müsse eben ab und zu in Auktionskataloge schauen, dann finde sich das schon.

Die mächtigen Folianten dagegen symbolisieren den Versuch, in der grenzenlosen Welt des Kapitals Halt in Geschichte und Tradition zu finden. An der Wand hängt eine Urkunde, die Löw in Ornat mit Papst Benedikt XVI. zeigt. Von Johannes Paul II. wurde der Unternehmer zum päpstlichen Ritter ernannt, seit einigen Jahren ist er zudem an der päpstlichen Hochschule Heiligenkreuz Honorarprofessor. Neben all diesen Tätigkeiten bleibt aber auch am Schloss "immer was zu tun". Vor Kurzem wurden die Fundamente der Brauerei freigelegt, um die Keller zu trocknen. Dabei stieß man auf gemauerte Tunnel. Einer jedenfalls führe zwei Kilometer nach Althegnenberg, so der Schlossherr, den anderen hätte noch niemand abgeschritten. Und falls Prof. Dr. Dr. Löw auf Schloss Hofhegnenberg langweilig werden sollte, hat er sich vorsichtshalber zusätzlich im Steigerwald das Schloss Frankenberg mit 120 Hektar Weinbergen gekauft.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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