Hörbach:Im Bann eines Multitalents

Hörbach: Subversives Duo: Maxi Schafroth (links) und sein Gitarrist Markus Schalk beim Auftritt in Hörbach.

Subversives Duo: Maxi Schafroth (links) und sein Gitarrist Markus Schalk beim Auftritt in Hörbach.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Hörbacher Publikum lässt sich von Maxi Schafroth begeistern

Von Edith Schmied, Hörbach

Das Programm "Faszination Bayern" könnte locker in "Faszination Maxi Schafroth" umgetauft werden. So begeistert war das Publikum beim Brettl-Festival, dass es von dem quirligen Kabarettisten gar nicht genug kriegen konnte. Ach was, Kabarettist. Ein Multitalent steht da auf der Bühne. Er singt und schauspielert mit so viel Charme, knattert seinen herben Allgäuer Dialekt raus, das ist einfach hinreißend und ungemein witzig. Da steht er im Trachtenjanker, ganz der Heimatminister, der von Eusebius, dem Wirbellosen abstammt. In herrlichem Politikersprech wanzt er sich ans einfache Volk heran, gibt sich jovial, ist total verliebt in seine eigenen Fähigkeiten und berauscht von der sprichwörtlichen Toleranz der Bayern. In dem Land, wo bereits die Franken mit Graffiti und Brandbomben begrüßt werden. Wo beim Grattlerscheuchen der mit dem niedrigsten Einkommen nackert durchs Dorf getrieben wird. Jawoll, so schaut's aus, das Brauchtum.

Schafroth, im 700-Seelendorf Stephansried geboren, ist auf dem besten Weg, dem aus demselben Kaff stammenden Wunderheiler Sebastian Kneipp den Rang abzulaufen. Dem 30-Jährigen haftet noch immer der Stallgeruch, das "Eau de Gül", seiner Heimat an. Die ist ein unerschöpfliches Reservoir an Geschichten, die in herbem Gegensatz zur alternativen Betulichkeit der Stadtbewohner stehen. Da müssen besonders diejenigen mit dem Autokennzeichen STA herhalten. Die Demarkationslinie ist der Lech, der bairische Ganges. Auf der einen Seite Daunenmichelinmännchen im SUV, heilbringendes Vollmondwasser, Fötenballett und Psychoanalytikerkatzen, auf der anderen Traktorrodeo des Siebenjährigen, Fanta Generika Kometensprudel und Rosenkranzweiber, die ihren verblichenen Betschwestern noch Stricknadeln in den Sarg legen, "damit sie weiterschaffe können".

Die Bankertätigkeit hat bei dem struwweligen Lockenkopf Spuren hinterlassen. "Resozialisierung für Aussteiger" heißt sein Programm, in dem haptische Dinge, wie selbständig essen, gelehrt und Eurozeichen aus Sauerteig gebacken werden. Die Botschaft des Protestsongs: "I hab' koa Luscht mehr auf den stupid Exelschiss." Die völlig sinnfreie Frage: "Mähen oder nicht mähen?", setzt Schafroth in eine rockig fetzige Gesangsnummer um. Dabei schlängelt er sich lasziv wie Shakira und stampft im Discorausch, fantastisch unterlegt von seinem Allgäuer Hofnachbarn und Gitarristen Markus Schalk. Das Subversive liegt Schafroth im Blut. Er animiert das Publikum zum "Ineffizienzcoaching" und fordert es zu einem Experiment auf. Zeigefinger in die Luft gereckt, dann den Nachbarn ordentlich in den Arm gepikst. Müsste bei der nächsten Polizeikontrolle wunderbar funktionieren, schlägt er hinterlistig vor.

Nach diesem fulminanten Feuerwerk war die Schöngeisinger Musikgruppe "Dobré" an der Reihe. Keine leichte Aufgabe gegen diesen vorangegangenen Wirbelwind zu bestehen. Schon die Voraussetzungen - eine bestuhlte Arena - waren nicht optimal, um eine rockige Session zu entzünden. Die Stärke der Gruppe liegt vielmehr in melodischen, oft melancholischen Arrangements, verspielt und gefühlvoll, die durchaus mal ins Rockige und Schräge abdriften. Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als "Abenteuer-Spielplatz-Pop", was vermutlich damit zusammenhängt, dass die Gruppe sich seit gemeinsamen Sandkasten- und Schulzeiten kennt. Mit ihrem Debutalbum "Do the Dobré" schafften sie 2011 den Durchbruch. Joe Dobroschke, von ihm leitet sich der Bandname ab, ist Frontmann und Songschreiber. Seine markante Stimme variiert von einschmeichelnd bis kratzig. Um sie herum drapieren sich Bass, Balalaika und gelegentlich auch die Harmonika von Ludwig Kettenberger und die Rhythmen von Drummer Martin Pöner.

Der Indie-Pop verführt zu nostalgischen Träumereien, ein Hauch von Lagerfeuerromantik weht durch das Zelt. Experimentelle Übersteuerungen holen den Zuhörer in die Wirklichkeit zurück, wo mitreißende Balladen eine weitere Seite des musikalischen Spektrums zeigen und Freunde und Fans gleichermaßen begeistern.

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