Historie:Der Wappenbecher des Abtes

"Ein echter Glücksfall": Dem Museum gelingt es, das reich verzierte Trinkglas des früheren Kloster-Repräsentanten Alexander Pellhammer nach Fürstenfeld zurückzuholen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Mit spitzen Fingern und weißen Handschuhen wird der zerbrechliche Neuzugang des Museums Fürstenfeldbruck präsentiert. Ein Albtraum, dass einem dieser unersetzliche Wappenbecher aus böhmischem Glas herunterfallen könnte. Und das auch noch unter dem öligen Blick des Abtes Alexander Pellhammer, der da golden gerahmt an der Wand des Museums hängt und nicht so wirkt, als würde er ein solches Missgeschick so ohne Weiteres verzeihen. Aber Museumsleiterin Angelika Mundorff ist umsichtig und hat alles im Griff. So geht die Vorstellung des Pellhammer Bechers ohne Scherben und bestenfalls unter Freudentränen über die Bühne.

Neuankauf Glasbecher aus dem Besitz Abt Alexander Pellhammers Museum Fürstenfeldbruck

Der Pellhammer-Becher.

(Foto: oh)

Dass dieses höchst filigran geschliffene Einzelstück über verschlungene Pfade den Weg zurück nach Fürstenfeld gefunden hat, bezeichnet der Brucker Kulturreferent des Stadtrats, Klaus Wollenberg (FDP), als "einen echten Glücksfall". Spätestens Ende des Jahres soll das Prunkstück seinen festen Platz gefunden haben - in der Nähe des Ölgemäldes - und dann im prächtigsten Glanze den Besuchern der Dauerausstellung präsentiert werden. Einstweilen genießt die kleine Gruppe der Experten, zu der auch die stellvertretende Museumsleiterin Barbara Kink sowie Ulrike Bergheim, Anne Mischke-Jüngst und Johannes Hoffmann vom Historischen Verein zählen, die exklusive "Preview".

Historie: Präsentieren den Pellhammer-Becher (von links) Barbara Kink, Angelika Mundorff, Klaus Wollenberg, Ulrike Bergheim, Anne Mischke-Jüngst, Johannes Hoffman.

Präsentieren den Pellhammer-Becher (von links) Barbara Kink, Angelika Mundorff, Klaus Wollenberg, Ulrike Bergheim, Anne Mischke-Jüngst, Johannes Hoffman.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Damit rückt ein Stück Klostergeschichte ins Schweinwerferlicht. Wer war dieser Abt? Woher kam er? Und warum hatte er diesen Glasbecher? Alle Fragen, das macht Angelika Mundorff klar, lassen sich nicht zweifelsfrei beantworten. Vielleicht liegt gerade darin der Reiz, dass einige Kapitel der Geschichte bislang im Dunklen liegen und Raum für Spekulation lassen. Der Zisterzienser Alexander Pellhammer stammte aus Kemnath in der Oberpfalz, nicht allzu weit entfernt von dem für seine Glaskunst bekannten Böhmen. Im Jahr 1745, das in das Trinkgefäß eingraviert ist, wurde er im Kloster Fürstenfeld zum Abt geweiht. Ob er das im damals typischen Laub- und Bendelwerkstil ausgeführte Schmuckstück barocker Glaskunst geschenkt bekam oder es selbst in Auftrag gab, ist unklar. Der Repräsentant des Klosters galt jedenfalls als Mensch, der sich gern mit schönen Dingen umgab. 16 Jahre blieb er Abt, unter ihm wurde der 1691 begonnene barocke Neubau fertiggestellt. Der von Bändern und Ranken umwundene Becher weist drei Wappen sowie Gravuren auf, die Pellhammer eindeutig als Eigentümer ausweisen. Drei Initialen stehen für "Fürstenfeldensis", "Alexander" sowie "Abbas".

Offen ist, unter welchen Umständen und wann der Pellhammer Becher aus Fürstenfeld verschwunden ist. Mundorff tippt auf die Jahre 1803 oder 1804, als das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst wurde. Aus dem Nachlass eines Barons von Freyberg, in dessen Familienbesitz er 200 Jahre lang gewesen sein dürfte, ging der Becher 2018 in das Eigentum von Hans Uwe Trauthan aus Ellerau in Schleswig Holstein über. Trauthan ist Sammler und ausgewiesenen Glasexperten. Er veröffentlichte jüngst einen Beitrag über den Pellhammer Becher in der Zeitschrift Amperland ("Ein Becher für Abt Alexander Pellhammer von Fürstenfeld") und erklärte sich - nach einiger Überzeugungsarbeit durch die Museumsleitung - schließlich bereit, das 274 Jahre alte Kunstwerk für einen mittleren vierstelligen Betrag und wohl unter Wert ans Museum abzugeben. Dass der Historische Verein durch die Kostenübernahme den Weg für diesen Transfer ebnete und damit in vorbildlicher Weise "bürgerschaftliches Engagement" bewiesen habe, rechnet ihm Wollenberg hoch an - zumal die Stadt selbst nur über sehr limitierte Möglichkeiten für solche Rückkäufe verfüge. Zwar sind auch die Ausstellungsmöglichkeiten auf dem Klostergelände begrenzt. Angelika Mundorff hofft dennoch auf den einen oder anderen historisch wertvollen Neuzugang. Porträts von Äbten wären beispielsweise ebenso interessant wie Kunstobjekte aus mittelalterlichen Kirchen. Wollenberg fände es besonders spannend, alte Handschriften aus der Klosterbibliothek wieder heimzuholen.

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