Puchheim:Mit Hip-Hop mutig und stark werden

Puchheim: Alvyda Zilvyte (links) und Dovydas Sipulskis sind Hip-Hop-Tänzer und Veranstalter der Flow Games in Puchheim.

Alvyda Zilvyte (links) und Dovydas Sipulskis sind Hip-Hop-Tänzer und Veranstalter der Flow Games in Puchheim.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Tänzer Alvyda Zilvyte und Dovydas Sipulskis veranstalten in Puchheim die "Flo Games". Der SZ haben sie erzählt, was sie antreibt.

Von Mona Philipp, Puchheim

Bei einem Tanzwettbewerb mitzumachen, das sei keine ganz einfache Sache, erklärt Dovydas Sipulskis, 28. Man spüre die Anspannung im Raum und die Blicke, die sich auf einen richten. Es erfordere Mut, sich auf eine Bühne zu stellen und sein Talent unter Beweis zu stellen. "Du hast nur deinen Körper und Kopf als Ausdrucksmittel", sagt Sipulskis. Mit seiner Freundin Alvyda Zilyvte, 27, veranstaltet er den Tanzwettbewerb "Flow Games", der an diesem Samstag um 14.30 Uhr im Jugendzentrum Puchheim beginnt.

Sipulskis und Zilyvte sind beide Psychologen, er arbeitet im Puchheimer Jugendzentrum, sie im Grünwalder, beide leben in Germering. Beide sind auch selbst Tänzer. Vor 13 Jahren haben sie im selben Studio in ihrer Heimat Litauen mit dem Tanzen angefangen und den Hip-Hop als Mittel entdeckt, einen Zugang zu sich selbst zu finden. "Ich war als Kind schüchtern und körperlich klein. Durch das Tanzen bin ich selbstbewusst geworden und habe angefangen mehr zu reden", erklärt Sipulskis.

Schon mit 14, 15 Jahren habe ihr Tanzlehrer sie beide auf offene Bühnen geschickt und sie gegen andere Teilnehmer antreten lassen. Schnell hätten sie durch die Konfrontation gelernt, ihre Ängste zu bewältigen. Die Grundvoraussetzung sei eine Umgebung, in der man sich sicher fühle. "Man braucht Menschen um sich, denen man vertraut", sagt Zilvyte. Ihr Tanzlehrer habe sie schon früh bewusst vor Herausforderungen gestellt, ihnen aber auch Rückhalt geboten. Seit vergangenem November geben beide nun im Tanzunterricht für Kinder und Jugendliche weiter, was sie gelernt haben.

Ihr Anliegen ist, sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen einen Schutzraum zu bieten. "Es gibt manche, die sich nicht finden, dann fängt oft die Kriminalität an", sagt Sipulskis. Ebenso, wie sie es selbst erfahren hätten, hofften sie, Kindern und Jugendlichen die Chance zu geben "sich selbst zu entdecken". Sie möchten Heranwachsenden eine sinnvolle Beschäftigung und eine Stimme geben.

Das Gefühl, nicht gehört und gesehen zu werden, sei eng verbunden mit der Entstehungsgeschichte des Hip-Hops, der seinen Ursprung Anfang der Siebzigerjahre in dem New Yorker Stadtteil Bronx hat, erklären Experten. Systematischen Unterdrückungsformen hätten dazu geführt, dass Afroamerikaner und Latinos größtenteils aus dem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben der weißen Mittelschicht ausgeschlossen worden seien. Mit der Zeit hätten sie durch den Hip-Hop eine Sprache und ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, sich in alten Fabrikhallen, auf der Straße und in Jugendzentren eigene Bühnen geschaffen. Anstatt ihren Frust in Gewalt und Kriminalität auszuleben, hätten sie ihre Unstimmigkeiten "auf der Tanzfläche" geklärt, sagen Sipulskis und Zilvyte.

Mit den "Flow Games" möchten die beiden den Wurzeln des Hip-Hops möglichst treu bleiben. Den Tanzwettbewerb veranstalteten sie im vergangenen Jahr zum ersten Mal in Ravensburg. Sie hoffen, auch in Bayern dem Hip-Hops zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen, und sie wollen den Tänzern die Möglichkeit geben, sich untereinander zu vernetzen. Dank der Unterstützung des Jugendzentrum und des Kulturvereins Puchheims können Zilvyte und Sipulskis "Flow Games" nun erneut stattfinden lassen.

Zu dem Wettbewerb kann sich jeder anmelden, ganz gleich, wie viel Vorerfahrung er mitbringt. "Wir haben bewusst keine Kinderkategorie eingeführt. Es gibt Kinder, die sind besser als wir", sagt Zilvyte und lacht. In der Vorrunde bekommen alle Teilnehmer jeweils eine Minute Zeit zum Improvisieren. Je nach Teilnehmerzahl lässt die Jury 16 oder acht Tänzer in die nächste Runde weiter. In der anschließenden Runde werden die Sieger im Genre Hip-Hop und Poppin mit einem Preisgeld von jeweils 200 Euro gekürt. Ein Sonderpreis von 150 Euro erhält der Gewinner im Experimentaltanz.

In der Finalrunde treten die Gewinner gegeneinander an und kämpfen um den Hauptgewinn von 550 Euro. Zudem haben die Veranstalter zwei professionelle Tänzer als Battle-Guests eingeladen. Sinan Saibou, bekannt als "SA1BOU", moderiert die Veranstaltung. Als DJ eingeladen ist der Künstler "DUC". In der Regel fühlten sich die Teilnehmer durch die hohen Ansprüche nicht entmutigt, sondern eher angespornt: "Sie tanzen oftmals besser, als sie es vielleicht ohne solch ein hohen Leistungsdruck getan hätten", sagt Sipulskis.

Der Wettbewerb in Puchheim soll erst der Anfang sein: "Unser Ziel ist es, dass der Tanzwettbewerb in fünf Jahren weltbekannt ist", sagt Zilvyte.

Tanzwettbewerb "Flow Games". Jugendzentrum, Adenauerstraße 2 in Puchheim. Anmeldung der Tänzer bis Freitag per Mail an flowgames1st@gmail.com. Eintritt Tänzer: sieben, Zuschauer zehn Euro.

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