Alles deutet darauf hin, dass es in Kottgeisering einen Bürgerentscheid geben wird. Eine Bürgerinitiative wehrt sich gegen die von einem Landwirt geplante, bis zu drei Hektar große Photovoltaik-Freiflächenanlage an der Bahnlinie und hat eine Liste mit rund 280 Unterschriften an Bürgermeister Josef Drexler (CSU) übergeben - die Hürde für ein Plebiszit wäre damit genommen. Befürworter des Projekts sehen in dem Streit, der auch Parteien und Gruppierungen entzweit, einen Prüfstein für die Energiewende im Landkreis.
Westlich des Dorfes will Erich Klas den Solarpark auf einem bis zu 110 Meter breiten Streifen zwischen seinem Hof und der Straße nach Türkenfeld errichten und damit die Weichen stellen für eine weitgehende Eigenversorgung des Orts mit Strom. Sieben von 13 Gemeinderäten stimmten nach kontroverser Diskussion - auch mit Blick auf den Klimawandel - für einen entsprechenden Bebauungsplan. Eine Entscheidung, die viele Kottgeiseringer nicht hinnehmen wollen. 500 Einwohner sowie auswärtige Besucher hatten noch vor der Debatte im Gemeinderat eine Erklärung "gegen die Verschandelung der Landschaft" unterschrieben.
Im Gemeinderat sind die Fraktionen von Bürgervereinigung (BV) und CSU gespalten. "Wir müssen endlich etwas für die Energiewende tun", fordern etwa Peter Woderschek (CSU) und Peter Eder (BV), während Josef Schmid (CSU) und Maria Klotz (BV) den freien Blick zu Ammersee und Alpen erhalten wollen. "Statt eines Schnellschusses", so Maria Klotz, solle der jüngst gegründete Arbeitskreis Energiewende lieber ein Gesamtkonzept erarbeiten, das Sonnenenergie, Windkraft, Geothermie und Möglichkeiten der Energieeinsparung berücksichtigt.
Landwirt Klas zweifelt daran, dass dies in absehbarer Zeit gelingt. Der massive Widerstand hat ihn sichtlich überrascht. Der 44-Jährige kann nicht verstehen, dass einem benachbarten Bauherrn das Projekt einer 1,5 Hektar großen Anlage bewilligt wurde, das eigene Vorhaben nun aber angeblich die Landschaft verschandelt. Er wirft den Gegnern reine Blockadehaltung vor: "Maisausbau für Biogasanlagen wollen die ja auch nicht". Klas glaubt, dass die maximal 2,50 Meter hohen Kollektoren am Rande des bis zu vier Meter hohen Bahndamms kaum in Erscheinung treten würden. Zudem sei er bereit, die höchste Stelle des Hügels unbebaut zu lassen.
Ebenso wie Bürgermeister Drexler geht er davon aus, dass die Prüfung der vorgelegten Liste durch die Gemeinde ergeben wird, dass die Mindestmarke von 121 gültigen Unterschriften erreicht wurde. Klas sieht dies betont gelassen: "Vielleicht ist das auch ganz gut so, denn dann müssen sich die Bürger entscheiden" - nur so lasse sich offenbar der Stimmungsmache Einzelner Einhalt gebieten. Klas zur SZ: "Ich akzeptiere eine Mehrheitsentscheidung."
2007 war ein ähnliches Bürgerbegehren in Moorenweis gescheitert - mehr als 70 Prozent hatten dort den Bau eines Solarparks befürwortet. Josef Drexler hat eine Erklärung für die Gemeinderatssitzung am 26. März angekündigt. Er hält eine Konsenslösung in Kottgeisering für möglich: "Der Bürgerentscheid ist kein Muss."
Ähnlich wie bei der Nutzung der Sonnenenergie regt sich auch bei der Windkraft bereits Widerstand. So soll im Nachbarlandkreis Dachau per Bürgerentscheid durchgesetzt werden, dass die Gemeinde Odelzhausen die als geeignet eingestuften Flächen um die Hälfte reduziert. In Mammendorf hat der Gemeinderat von sich aus große Teile der theoretisch geeigneten Flächen für Windräder ausgeschlossen.