Einen neuen Schulranzen, Hefte, Stifte, Turnsachen und vieles andere, das für den Schulbeginn benötigt wird, können sich manche der Eltern von Kindern, die in der kommenden Woche eingeschult werden, nicht leisten. Die "Aktion Schultüte" wird mehr denn je gebraucht. Vor zehn Jahren wurde die Hilfsaktion für bedürftige Kinder ins Leben gerufen. Mit dabei in diesem Hilfsbündnis waren damals das Diakonische Werk Fürstenfeldbruck, die Initiative zur Selbsthilfe für Betroffene mit geringem Einkommen (ISB), der Sozialdienst Germering und der Aufrechte Gang in Puchheim. 2017 konnten im Landkreis Fürstenfeldbruck 85 Familien mit 89 Einschulungskindern unterstützt werden. Insgesamt wurden 12 863 Euro ausbezahlt.
"Die gesellschaftliche Schere zwischen Arm und Reich geht in ganz Deutschland weiter auseinander", stellt Sabine Brügel-Fritzen vom Germeringer Sozialdienst fest. Im Durchschnitt konnte jede Familie mit etwa 150 Euro unterstützt werden. Die Statistik der Aktion Schultüte besagt, dass 49 dieser 85 Familien, also 57,5 Prozent im Hartz-IV-Bezug standen. Darunter auch Berufstätige, die so einen geringen Lohn bekamen, dass sie als "Aufstocker" beim Jobcenter registriert waren. In mehr als der Hälfte der Familien erzog nur ein Elternteil - meistens waren es die Mütter - die Kinder. "74 Prozent der Familien hatten einen Migrationshintergrund", informiert Brügel-Fritzen, die Geschäftsführerin des Germeringer Sozialdienstes.
"Der Aufwand für die Einschulung ist groß", sagt auch Friedhelm Engelhard vom ISB, ein Aktivist der ersten Stunde aus Fürstenfeldbruck. "Und die Sachen werden immer teurer." So müssen die Eltern für einen neuen Schulranzen zwischen 80 und 200 Euro ausgeben. Zu den Schulmaterialien kommen Turn- und Hausschuhe hinzu. Für das sogenannte Kopiergeld müssten 50 Euro im Jahr veranschlagt werden. Noch nicht eingerechnet, so Engelhardt, sind ein Schreibtisch und ein Stuhl zu Hause für den Erstklässler. "Wir leisten einen Zuschuss von maximal 150 Euro, alles können wir nicht übernehmen", sagt Engelhard.
Für den nach der Erkrankung seines Gründers Hans Bittner ausgeschiedenen Verein "Aufrechter Gang" ist die Johanniter-Unfall-Hilfe aus Puchheim als neuer Hilfspartner in das Bündnis eingestiegen. "In Germering wurden im vergangenen Jahr insgesamt 2019 Euro an 15 Familien ausgezahlt", berichtet Brügel-Fritzen. Das entspricht einem Durchschnitt von 134 Euro pro Familie. Gespendet wurde der Gesamtbetrag von der Germeringer Sozialstiftung. Ebenfalls engagieren sich die Jugendsozialstiftung Dr. Rieder, der Second-Hand-Laden Esting, die Stadt, die Sparkasse und die Sparda-Bank Fürstenfeldbruck, der Ladies' Circle Germering, die Edeltraud Haberle-Stiftung, Einzelspender und der SZ-Adventskalender für die Aktion Schultüte.
Besonders 2016, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland, galt es, sehr viele Schultüten zu füllen. "Da kam mal eine Grundschullehrerin mit ihrer Klasse vorbei", erinnert sich Brügel-Fritzen. Natürlich weiß sie auch, dass die Aktion ein Defizit staatlicher Sozialpolitik ausgleicht, obwohl sich das Jobcenter mit hundert Euro beteiligt. Kurioserweise werden vom Jobcenter 70 Euro im August ausgezahlt und 30 Euro erst sechs Monate später. "Wäre schön, wenn der Staat noch mehr helfen würde", meint Brügel-Fritzen. Solange das nicht geschieht, ist das Aktionsbündnis vonnöten. Man achte darauf, dass die bedürftigen Kinder neue Sachen bekämen. Brügel-Fritzen: "Wir wollen keiner Zweiklassengesellschaft Vorschub leisten." Wichtig ist, dass die Eltern die Kassenbelege und Quittungen beim Kauf sammeln und sie zur Auszahlung vorlegen. Auch das Cineplex-Kino in Germering unterstützt die Erstklässler mit einer "Einschulungsaktion" am 15. September. Den Kindern, die samt leerer Schultüte zwischen zehn und 13 Uhr zu einer Filmvorstellung ins Kino kommen, verspricht das Kino "tolle Überraschungen".