Helfer:Nachbarschaftshilfe in finanziellen Nöten

Bücherflohmarkt

Breites Tätigkeitsfeld: Eine der Veranstaltungen der Nachbarschaftshilfe ist der Bücherflohmarkt in Puchheim.

(Foto: Günther Reger)

Der Puchheimer Sozialverband macht Verluste und muss auf einen pauschalen Zuschuss der Stadt verzichten. Nun hat der Verein einen Anwalt mit der Umstrukturierung beauftragt und verhandelt mit der Stadt über Geld

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Nachbarschaftshilfe Puchheim fährt Verluste ein und ist in eine finanziellen Schieflage geraten. Ein Zuschuss der Stadt in Höhe von 103 000 Euro darf aus rechtlichen Gründen nicht mehr gezahlt werden. Über eine Neuregelung verhandeln Kommune und Vereinsvorstand seit eineinhalb Jahren. "Wir müssen eine Umstrukturierung machen, schaffen das aber aus eigener Kraft nicht, deshalb haben wir einen Fachanwalt eingeschaltet", erklärte die Vorsitzende Dorothea Sippel. Details wollten weder sie noch Geschäftsführerin Meike Wilski nennen.

Die Nachbarschaftshilfe ist der wichtigste Sozialverband der Stadt. Der Verein betreibt Kindertagesstätten, bietet Mittags-, Nachmittags- und Ferienbetreuungen für Schüler, ist Träger des Mehrgenerationenhauses Zap, liefert Essen auf Rädern, leistet ambulante Pflege oder Hilfe im Haushalt. Etwa 100 Beschäftigte arbeiten meist in Teilzeit für die Nachbarschaftshilfe, dazu kommt ein Heer von Ehrenamtlichen, einige kriegen eine Pauschale, etwa in der Mittagsbetreuung.

In den Jahren 2016 und 2017 habe man ein Defizit festgestellt, sagte Sippel. Sie bezifferte den Fehlbetrag für 2016 mit 30 000 Euro. Wie viel Geld im vergangenen Jahr fehlte und welchen Verlust sie heuer erwarten, wollten weder die Vorsitzende noch die Geschäftsführerin sagen. Schatzmeister Thomas Prediger soll vor einigen Tagen aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten sein und war für die SZ nicht zu sprechen. Die Stadt bezahlte bislang jährlich einen allgemeinen Zuschuss in Höhe von 103 000 Euro, der heuer erstmals ausfällt, sagte der geschäftsleitende Beamte Jens Tönjes. Vor einiger Zeit hat die Nachbarschaftshilfe einen Brief an ihre mehr als 900 Mitglieder geschrieben und um Spenden gebeten. Von dem Geld soll ein Wirtschaftsanwalt finanziert werden, der die Umstrukturierung vornimmt.

"Es gibt einige Bereiche, die sind defizitär", berichtete Sippel, wollte aber nicht sagen, welche Sparten der Nachbarschaftshilfe mit Verlusten arbeiten. Schaut man sich die Rechenschaftsberichte der Jahre 2014 bis 2016 an, so traf es mal den einen, mal den anderen Bereich. "Wir haben Änderungen eingeleitet, seit Februar haben wir eine neue Geschäftsführerin", sagte die Vorsitzende. Außerdem müsse man sehen, ob man einige Bereiche abgebe. "Wir gehen Schritt für Schritt vor, wichtig ist der Erhalt der Nachbarschaftshilfe."

Der Kommune ist die Schräglage seit längerem bekannt, weshalb man bereits seit eineinhalb Jahren miteinander verhandelt. Diese Gespräche lobte Tönjes als konstruktiv. Zusätzlichen Druck erzeugte der Bayerische Kommunale Prüfungsverband der nach einer Prüfung im Vorjahr den allgemeinen Zuschuss für unzulässig erklärt hat. Die Stadt darf Geld nur noch für ganz bestimmte Zwecke überweisen und es gibt Bereiche wie die ambulante Pflege, die nicht mehr als öffentliche Daseinsvorsorge gilt, sondern als Markt, auf dem private Unternehmen tätig sind. "Die Stadt muss einen rechtskonformen Zustand herstellen", betonte Tönjes. Auch die Kommunalaufsicht im Landratsamt habe einen Bericht angefordert.

Fest steht, dass die Stadt die Nachbarschaftshilfe nicht im Stich lassen kann, weil diese in Puchheim viele öffentliche Aufgaben übernommen hat. Im Fall einer Pleite müsste die Kommune neue Träger für die Krippen und Kindergärten finden. Das Zap wurde auf einen Beschluss des Stadtrats hin eingerichtet und leistet wichtige Arbeit. Hilfreich dürfte bei den Verhandlungen sein, dass in der Führung der Nachbarschaftshilfe etliche Stadträte aktiv sind, etwa Dorothea Sippel und Jean-Marie Leone (beide SPD) oder Lydia Winberger (Grüne), die die Finanzen verwaltet.

Vermutlich werden die Zuschüsse neu geregelt. Der Sozialausschuss des Stadtrates hat im Sommer bereits beschlossen, die defizitäre Mittagsbetreuung der Nachbarschaftshilfe mit 50 000 Euro zu unterstützen. "Die Stadt ist bereit zu helfen", versicherte Dritter Bürgermeister Thomas Salcher (UBP), der zur Zeit die Geschäfte im Rathaus führt. "Die Zuschüsse werden nicht mehr so hoch ausfallen, aber sie kommen." Für ihn ist die finanzielle Schräglage auch Ausdruck davon, dass die Nachbarschaftshilfe über viele Jahre hinweg kontinuierlich gewachsen ist und sich jetzt neu aufstellen muss. "Man müsste die Geschäftsfelder klar voneinander trennen, um Geldflüsse transparenter zu machen, und es darf keine Querfinanzierungen mehr geben", sagte Salcher.

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