Süddeutsche Zeitung

Hecken-Zwist:Verantwortung wahrnehmen

Der Vorfall in Harthaus zeigt, wie sensibel Menschen reagieren, wenn andere unsensibel agiert haben

Kommentar von Ingrid Hügenell

Die Aufregung um die Hecke in Germering zeigt vor allem eins: Viele Menschen sind inzwischen sehr sensibel, wenn es um die Belange der Natur geht. Das ist gut so. Denn die natürliche Umwelt ist in einer prekären Lage. Die Zahl der Vögel und Insekten nimmt in besorgniserregendem Maße ab. Es ist in der Tat überaus wichtig, ihre Lebensräume zu schützen. Die Aufregung zeigt aber auch, dass viele Menschen gerade in den Städten sich weit entfernt haben von der Landwirtschaft und ihren berechtigten Anliegen. Das ist bedauerlich. Denn wenn Naturschützer und Landwirte öfter Hand in Hand arbeiten würden, wäre das nicht nur für beide Seiten, sondern auch für den Schutz der Umwelt ein Segen.

Die ziemlich rabiate Aktion des Landwirts hat dem Ansehen der Bauern insgesamt geschadet, und das in einer Zeit, in der diese ohnehin ein schlechtes Image haben. Auf seinen Arbeiter kann sich Johann Oberhauser nicht herausreden. Den hätte er so instruieren müssen, dass der die Tätigkeit fachgerecht erledigt. Das ist seine Verantwortung und hätte gezeigt, dass ihm die Bedeutung einer so langen Wildhecke für den Arten- und Klimaschutz bewusst ist.

Auf Seite der Naturschützer wäre weniger Dramatik und etwas mehr Gelassenheit angebracht. Die Hecke wird wieder wachsen. Offenkundige Übertreibungen helfen niemandem, sind aber geeignet, der eigenen Glaubwürdigkeit zu schaden. Die Naturschützer sollten Gesprächspartner sein, die die Landwirte ernst nehmen können. Das ist ihre Verantwortung.

Zu guter Letzt wäre es dringend geboten, dass die zuständigen Behörden endlich personell so ausgestattet werden, wie es der großen Bedeutung der Erhaltung der Umwelt entspricht. Es ist unverständlich, warum die Untere Naturschutzbehörde über so wenige Mitarbeiter verfügt, dass sie durch einen Krankheitsfall praktisch handlungsunfähig wird. Das ist die Verantwortung des Landkreises. Womöglich ist es bei der Stadt München personell ähnlich eng, weshalb dort niemand seiner Verantwortung nachgekommen ist, den Weg zu pflegen.

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Quelle:
SZ vom 20.01.2021
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