Haustiere angegriffen:Der Feind auf dem Dach

Luftballons Puchheim

Satz mit X: Die Vergrämung von Saatkrähen in Puchheim mit Hilfe von Luftballons hat das Problem nicht gelöst, sondern vergrößert.

(Foto: Günther Reger)

Puchheimer fordern Einsatz eines Falkners gegen Saatkrähen

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Saatkrähen erhitzen die Gemüter in Puchheim. Am Dienstag übergab eine Bürgerinitiative dem Stadtrat einen Appell mit über 720 Unterschriften. Darin wird gefordert, die Vögel von einem Falkner vertreiben zu lassen. BI-Sprecherin Dana Fritzenschaft schilderte die Belastung der Anwohner im Bereich der Allinger Straße und rund um den Schopflacher Friedhof. "Uns sind die Hände gebunden, wir haben dafür keine Genehmigung", antwortete Bürgermeister Norbert Seidl (SPD).

Der Lärm während der Brutzeit sei unerträglich, die Saatkrähen würden inzwischen sogar kleine Haustiere und Menschen attackieren, berichtete Fritzenschaft. Manche Bürger würden schon zur Selbsthilfe greifen. Nachts seien vereinzelt Schüsse zu hören. So etwas lehne sie aus Tierschutzgründen ab. Stattdessen solle die Stadt einen professionellen Falkner beauftragen, der mit seinen Greifvögeln die Krähen an einen genehmen Standort vertreiben könnte.

Seidl wies daraufhin, dass in Puchheim nirgendwo ausreichend Platz zur Verfügung stehe. Das Wäldchen am Wasserwerk sei zu klein und die Nachbarkommunen würden "nicht Hurra schreien", wenn die Krähen dorthin ausweichen. Insofern sei die Lage in Puchheim nicht mit Meitingen zu vergleichen. Die mehr als 30 Anwohner, die zu der Sitzung erschienen waren, akzeptieren diesen Einwand nicht. Sie verwiesen auf den Parsberg, das Areal wäre groß genug. "Wenn das für die Vögel attraktiv wäre, wären sie schon dort", antwortete Seidl.

Der Bürgermeister argumentierte, dass die Regierung von Oberbayern den Einsatz eines Falkners wohl nur genehmigen würde, wenn die Stadt einen Ausweichstandort definieren kann. Im Übrigen sei das Ergebnis der bisherigen Maßnahmen der Kommune "entmutigend". Die Saatkrähen seien geschützt, weil sie so intelligent sind und darum "machen sie es uns so schwer". Fritzenschaft hielt dagegen, dass es Sondergenehmigungen für die sogenannte Vergrämung durch Raubvögel gibt. So ist der Falkner Leo Mandlsperger aus Odelzhausen auf den Erdbeerfeldern bei Puchheim im Einsatz. Ein Bürger lud den Stadtrat auf seine Terrasse ein, so dass sie den Radau mit eigenen Ohren hören könnten. Die Vögel würden sich den Menschen inzwischen auf zwei Meter nähern, zeigten keine Scheu und würden immer aggressiver, berichtete ein Anwohner.

Seit Frühjahr 2011 klagen Anwohner über Lärm und Kot der Tiere. Die Stadt hat Nester zerstören und umsetzen lassen und versucht, die Tiere mit Lärmklatschen und bunten Luftballons zu vertreiben. Ein paar Tiere zogen um, es bildeten sich Splitterkolonien und die Population wuchs, auf insgesamt etwa 350 Brutpaare, wie Fritzenschaft erklärte.

Damit ist eingetreten, wovor Experten vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) von Anfang an gewarnt hatten: Störe man die Tiere, vergrößere sich das Problem. "Ich bin wahnsinnig enttäuscht, dass diese Erkenntnisse den Leuten nicht in den Kopf wollen", sagte Monika Sepp der SZ. Die Biologin hat die Saatkrähen-Kolonie in Puchheim untersucht. Berichte über Angriffe auf Menschen wies sie als "Horrorgeschichten" zurück. Wolle man die Vögel umsiedeln, müsste das sehr gut vorbereitet sein, andernfalls würden sich die Tiere verteilen. Sepp sprach von einem Teufelskreis. Krähen seien nicht umsonst in die Städte gezogen. Die Landwirtschaft hat ihre ursprünglichen Lebensräume in Hecken und Feldrändern beseitigt.

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