Süddeutsche Zeitung

Hattenhofen:Weiterhin Ärger um Schießplatz

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Anwohner werfen Betreiber vor, die Auflagen des Landratsamts zu missachten

Von Karl-Wilhelm Götte, Hattenhofen

Die Anwohner der Schießanlage in der Nähe von Hattenhofen haben nach dem Bescheid des Landratsamtes vom 30. April etwas Hoffnung geschöpft, dass sich der Betreiber des Jagdparcours an die Auflage der Behörde hält, nur noch 2200 Schuss pro Tag zuzulassen. Jetzt haben gleich mehrere Anwohner an drei Schießtagen die Anzahl der Schüsse protokolliert und sind zu erheblichen Abweichungen nach oben gekommen. Daraufhin hat der Anwalt der vom Lärm beeinträchtigten Anwohner das Landratsamt aufgefordert, den Betreiber mit einem Zwangsgeld zu belegen.

Mehrere Anwohner des nahen Jagdparcours, auf dem Jäger, Polizisten und Sportschützen in der Regel von Mittwoch bis Samstag üben und mit Schrotflinten auf Tontauben schießen, haben am 15. Mai die Anzahl der Schüsse protokolliert und als "Zeugenaussagen" dokumentiert. Dieser Tag war ein Samstag, an dem der Schießplatz von neun bis 16 Uhr geöffnet ist. Die stundenweise Protokollierung der Beschwerde führenden Anwohner in Hattenhofen und Peretshofen kommt auf eine Summe von 4499 Schuss, also auf das Doppelte dessen, was das Landratsamt dem Betreiber zugestanden hat. Der von den Anwohnern mandatierte Fachanwalt Bernd Söhnlein aus Neumarkt in der Oberpfalz forderte mit Schreiben vom 18. Mai an das Landratsamt deshalb, ein Zwangsgeld gegen den Betreiber des Schießplatzes zu verhängen. Auch eine sofortige Schließung des Schießplatzes wegen des Verstoßes gegen die Auflage der Behörde, die tägliche Schussanzahl auf 2200 zu reduzieren, regte der Rechtsanwalt an.

"Jetzt aber passiert genau das, was ich schon befürchtet habe", sagt Jörg Sändig, einer der Beschwerdeführer. "Der Betreiber scheint sich geradezu ermuntert zu fühlen, Bescheide aus dem Landratsamt als eher weniger ernst zu nehmende Empfehlungen zu verstehen, die man vielleicht zur Kenntnis nimmt, aber nicht wirklich beachten muss. Das, was er über zwei Jahre ohne jede spürbare Konsequenz praktizierte, das macht er einfach ungerührt weiter." Weitere Zählungen am 14. und 19. Mai, an denen von neun bis 18 Uhr geschossen werden konnte, hätten ergeben, dass der Betreiber sich nicht um den Bescheid des Landratsamts kümmere. Er besteht aus wirtschaftlichen Gründen auf 8800 Schuss täglich. Florian Gmeiner, Geschäftsführer der Schießanlage, hat auf mehrmalige Nachfrage der SZ, wie er zum aktuellen Bescheid stehe, nicht geantwortet. Erwartet wird, dass der Betreiber gegen den 2200-Schuss-Bescheid Klage einreichen und auf Bestandsschutz plädieren wird. Gmeiner lässt zudem die Errichtung eines Schutzwalles um das große Gelände herum prüfen, dessen Wirksamkeit die Anwohner jedoch stark bezweifeln.

Nicht nur das Lärmproblem der Anwohner hat örtliche politische Abgeordnete im Landtag und Bundestag erreicht. Der Olchinger SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi hat das Landratsamt mehrfach auf die Bodenbelastung auf dem Gelände des Jagdparcours hingewiesen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Runge hat dazu im Landtag die Staatsregierung befragt. Das Umweltministerium hat die Bodenbelastung aufgrund einer Untersuchung des Landratsamtes bestätigt und Überschreitungen der Grenzwerte für Blei, Antimon und Arsen festgestellt. Schrodi fordert auch vom Landratsamt, dass die Behörde die Einhaltung der Schussbegrenzung sicherstellt. Der Landtagsabgeordnete Hans Friedl von den Freien Wählern will den Petitionsausschuss des Landtages einschalten.

Bei einer kürzlich erfolgten Videokonferenz der Anwohner der Schießanlage mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Benjamin Miskowitsch hat dieser ebenfalls versprochen, als "Vermittler" tätig zu werden. "So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen", versicherte Miskowitsch den 15 lärmgeplagten Anwohnern aus den nahen Wohngebieten, die an der Videokonferenz teilnahmen. Er werde "zeitnah Fakten einfordern", so der CSU-Politiker. Anwohner Manfred Kistler klagte dabei übereinstimmend mit anderen über "Körperverletzung" und ständige Beeinträchtigung der Lebensqualität durch den Schießplatz. "Ich vertraue diesem Mann nicht", bekräftigte Jörg Sändig, "er stellt als störende Lärmquelle seinen Profit über alles." Hattenhofens Bürgermeister Franz Robeller, bei dem sich seit drei Jahren laut seinen Worten "massive Beschwerden" über den Schusslärm häufen, stellte sich bei der Konferenz demonstrativ an die Seite der Anwohner: "Ein Wall hilft nur minimal. Wir wehren uns mit allen Mitteln gegen den Lärm."

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Quelle:
SZ vom 01.06.2021
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