Jörg Sändig ist auch am Tag nach der Verhandlung des Verwaltungsgerichts München noch emotional aufgewühlt. "Ich schwanke zwischen Resignation und Wut", sagt der Sprecher der Bürgerinitiative der Anwohner aus Hattenhofen. Die Niederlage vor Gericht gegen den Betreiber der Schießanlage zwischen den Ortsteilen Peretshofen und Loitershofen ist für die Anwohner schwer verdaulich. Sändig und viele seiner Mitstreiter wehren sich seit 2019 gegen den Schusslärm der 800 Meter entfernten Schießanlage. Doch Sändig lässt sich nicht unterkriegen. Er sondiert die neue Lage und schreibt schon wieder eine Email ans Brucker Landratsamt. Eine telefonische Stellungnahme von Florian Gmeiner, dem Geschäftsführer des Jagdparcours Oberbayern, war nicht zu bekommen. Laut Sändig habe Gmeiner in seinem Telegram-Kanal gejubelt und sich als Gewinner geäußert.
Die Schießanlage auf der zumeist Jäger und Sportschützen trainieren, um auch ihre Schießerlaubnis zu verlängern oder sich auf Prüfungen oder Wettkämpfe vorzubereiten, existiert seit etwa 50 Jahren. Viele Jahrzehnte hielt sich der Konflikt mit den Anwohnern, die ebenfalls sehr lange dort wohnen, in Grenzen oder es gab ihn gar nicht, weil der langjährige Eigentümer die Anlage eher zurückhaltend betrieb.
Das hatte sich 2019 mit der Übernahme des Schießplatzes durch den neuen Betreiber geändert. Für einen wirtschaftlichen Betrieb des Schießplatzes benötigt dieser nach eigener Aussage viel mehr als die vom Landratsamt verfügten 2200 Schuss pro Betriebstag. Das Verwaltungsgericht hatte bei seiner fast zweistündigen Verhandlung am Mittwoch zu erkennen gegeben, dass die Bescheide des Landratsamtes Fürstenfeldbruck, die den Schießanlagenbetreiber zur Zahlung von Zwangsgeldern in Höhe von insgesamt 59 000 Euro verpflichtet haben, weil er die 2200 Schuss pro Tag mehrfach überschritten hatte, nicht rechtmäßig sind. Zum einen hatte das Landratsamt die Bescheide nicht wie nötig an die Betreibergesellschaft adressiert, sondern an den Geschäftsführer Florian Gmeiner. Zum anderen betrachtete der Vorsitzende Richter die von der Behörde angeordnete Schussbegrenzung von 2200 Schuss pro Tag als nicht ausreichend, weil andere Faktoren, zum Beispiel die Öffnungszeiten, nicht berücksichtigt worden sind.
Den immissionsschutzrechtlichen Regelungsbedarf durch das Landratsamt hat der Richter als durchaus gegeben angesehen. "Nach Einschätzung des Richters könne der erforderliche Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Lärmimmissionen ohne behördliche Regelungen zum Betrieb des Jagdparcours voraussichtlich nicht gewährleistet werden", schreibt die Pressesprecherin des Verwaltungsgerichtes Susanne Beer in ihrem Verhandlungsresümee. Daran gedenkt auch das Landratsamt jetzt anzuknüpfen. "Wir streben eine gemeinsame Lösung mit dem Betreiber an", kündigt Hausjuristin Saskia Müller an, die das Landratsamt vor Gericht vertreten hat. Jörg Sändig befürchtet für die Bürgerinitiative bei dieser Lösung - wie so oft zuvor - wieder außen vor zu bleiben. Für ihn steht vorrangig fest: "Grenzenlos schießen - das geht nicht".
Maßlos enttäuscht ist er von den örtlichen CSU-Politikern, besonders von der Bundestagsabgeordneten und Jägerin Katrin Staffler und dem Mammendorfer Benjamin Miskowitsch, der im Landtag sitzt. "Die CSU kannst du vergessen", sagt Sändig spürbar ungehalten. Hattenhofens Bürgermeister Franz Robeller zeigt sich ebenfalls enttäuscht, dass das Gericht die 2200 Schuss pro Tag nicht akzeptiert hat. "Damit hätte ich gut leben können", meint Robeller auf Nachfrage der SZ. Auch er sieht "das Spannungsverhältnis zwischen der Betriebserlaubnis für den Schießplatz aus den Siebzigerjahren und der gewachsenen Sensibilität der Anwohner". Dass Jäger und Sportschützen aus ganz Süddeutschland mangels Alternative dort schießen müssen, hält er für keine gute Sache. Robeller hofft weiterhin auf eine Lösung, "die auch für die Anwohner erträglich ist."