Süddeutsche Zeitung

Handwerk:Die Bäcker verschwinden

Auf der Innungsversammlung klagt der wieder gewählte Obermeister Werner Nau über neue Gesetze, Steuern und fehlendes Personal und fordert eine Mindestpreisgarantie

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Ob in der Industrie, der Landwirtschaft oder dem Handwerk, die Konzentration schreitet immer weiter voran. 28 Betriebe gehörten der Bäckerinnung im Landkreis an, als Franz Höfelsauer 1994 zum Obermeister gewählt wurde, heute sind es noch 14, also genau die Hälfte. Um 1950 existierten allein in der Kreisstadt noch acht Bäckerbetriebe. Die meisten werden nicht aufgegeben, sondern zu Filialen, die von Kollegen übernommen werden, vielfach von auswärtigen. Sie vergrößern ihre Betriebe, während die anderen verschwinden. "Es werden nicht weniger Geschäfte vor Ort, aber weniger Unternehmen", bilanziert Höfelsauer.

Er macht zwei Ursachen für diesen Trend aus. Viele Bäckermeister finden keine Nachfolger und geben auf, weil die Jungen lieber einen anderen Beruf wählen, so ist es auch ihm ergangen. Und die Anforderungen werden immer höher, etwa der Hygiene. So müsse heute die Backstube bis zur Decke gefliest werden, erzählt er. Solche Auflagen machen Investitionen notwendig. Ein weiteres Problem sind der Arbeitskräftemangel in der Branche oder die Ladenöffnungszeiten.

Der amtierende Obermeister Werner Nau hatte auf der Jahresmitgliederversammlung der Innung am Dienstag im Brucker Hotel Post jedenfalls reichlich Grund zur Klage. "Ständig neue Gesetze, Steuern und kein Personal. Wir brauchen einfache Gesetze und eine Mindestpreisgarantie, statt alles zu verramschen", sagte er. Die Industrie werde von Auflagen befreit, aber wer setze sich für die kleinen Betriebe ein. Neidvoll schauen die Bäcker auf die Bauern und ihre Proteste und fragen sich, warum Handwerker das nicht zustande bringen. "Wir haben halt keine Schlepper", witzelt ein Bäckermeister.

Etwas widersprüchlich wird es in Bezug auf Ladenöffnungszeiten. Nau rügt, dass die Konsumenten rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche einkaufen wollten, und klagt andererseits, dass Verkäuferinnen nur an 20 Sonntagen im Jahr hinter der Theke stehen dürfen. Das sei eine neue Regelung, erklärt Höfelsauer der SZ. Wegen des Arbeitskräftemangels habe man dieses Zugeständnis gemacht, um nicht Personal zu vergraulen, weil niemand gerne am Sonntag arbeite. Stattdessen würden Aushilfskräfte die Kundschaft bedienen, für die die Beschränkung nicht gelte.

Auch Kreishandwerksmeister Harald Volkwein, der zu den Bäckern gekommen ist, ist sich nicht sicher, ob der verkaufsoffene Sonntag "Chance oder Belastung" darstellt. Das müsse jeder selber abwägen, antwortet Nau. Obendrein gelten ganz andere Regeln, wenn jemand seinen Laden als Café führt. Als weiteres Ärgernis prangert der Obermeister Subunternehmer an, die gar nicht kontrolliert würden. Immerhin sei die Regierung bei der Meisterqualifikation zurückgerudert, deren Abschaffung Nau als falsch bezeichnet. Von den 53 betroffenen Berufen hätten alle wieder den Meistertitel haben können, aber nur zwölf werden diesen Schritt tun, berichtet Volkwein.

Nau beendete seinen Rechenschaftsbericht mit einem hausgemachten Problem. Die Erweiterung der Meisterschule in Lochham werde um etwa eine Million Euro teurer, sie koste 15 Millionen. Ein Fünftel müssen die Innungen aufbringen, der Rest wird vom Staat gefördert. Allerdings habe der zuständige Funktionär des Landesinnungsverbandes den Förderantrag zu spät eingereicht, deshalb blieben die Bäcker auf den Kosten sitzen. In langen Gesprächsrunden habe man nun einen Verteilungsschlüssel ausgehandelt. Das Geld soll über mehrere Jahre hinweg aufgebracht werden, wobei jeder Betrieb nach seiner Größe herangezogen wird. Einig sind sich alle, dass die Meisterschule und ihre Erweiterung unverzichtbar sind.

Einstimmig bestätigen die zehn anwesenden Bäckermeister anschließend Nau als Obermeister der Innung sowie seinen Stellvertreter Uli Drexler. Dem weiteren Vorstand gehört wie bisher Brigitte Schmitt aus Germering an, neu gewählt wurden Markus Graf aus Moorenweis und Martin Reicherzer aus Bruck.

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Quelle:
SZ vom 31.10.2019
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