Handball:Abruptes Saisonfinale

Handball: Mit einem großen Banner bedanken sich die Brucker Panther, wie sich die Drittliga-Handballer nennen, bei vier Spielern, die den Verein nach vielen Jahren verlassen.

Mit einem großen Banner bedanken sich die Brucker Panther, wie sich die Drittliga-Handballer nennen, bei vier Spielern, die den Verein nach vielen Jahren verlassen.

(Foto: Johannes Simon)

Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer stehen einen Spieltag vor Schluss als Vizemeister fest und können sogar noch Meister werden. Dennoch verzichten sie auf die Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Yannick Engelmann braucht keinen Dirigentenstab. Er steht unten auf dem Spielfeld der Wittelsbacher Halle, umgeben von Mitspielern und Vereinsfunktionären, und gibt den Fans oben auf der Tribüne mit beiden Händen den Takt vor, auf dass diese die Namen laut skandieren. Vier Handballer, die viele Jahre beim TuS Fürstenfeldbruck zugebracht haben, gilt es zu verabschieden. Die Zeremonie wird zu einem wunderbaren Zusammenspiel mit den mehr als 800 Zuschauern, von denen die meisten noch geblieben sind nach der Partie.

Handball: Der Kapitän und emotionale Anführer geht: Yannick Engelmann wechselt zum HT München.

Der Kapitän und emotionale Anführer geht: Yannick Engelmann wechselt zum HT München.

(Foto: Johannes Simon)

Engelmann gehört ja selbst zum Kreis der Scheidenden. Applaus brandet auf, als von seinen 565 Toren in 178 Spielen für den TuS Fürstenfeldbruck die Rede ist. Seit acht Jahren spielt er dort, nun wechselt er zum HT München. Berufliche Gründe und weniger Zeit werden als Gründe für den Wechsel genannt, aber der HT München könnte schon im nächsten Jahr zum Ligakonkurrenten werden: Er führt die Aufstiegsrunde zur dritten Liga an.

Wer genau hinhört, kann im Satz, "man will immer viel spielen" schon raushören, dass dem 28-Jährigen die Einsatzzeit, die er in der zu Ende gehenden Saison beim TuS bekommen hatte, nicht immer ausreichend genug erschien. Dem Team wird künftig nicht nur der Kapitän fehlen, sondern auch die Stimmungskanone. "Wer mich kennt, weiß, dass ich die dritte Halbzeit liebe", lässt Engelmann das Publikum zum Abschied noch wissen.

Der Kader für die nächste Saison ist weitgehend gebaut, auch wenn Nikolai Link, der ältere Bruder von TuS-Rückraumspieler Jonas Link, nun doch beim Erstligisten Erlangen verlängert hat und nicht nach Fürstenfeldbruck kommt, was wohl zumindest mal im Gespräch war. Dafür kommen Benedikt Keller vom HC Erlangen und der Linkshänder Han Völker vom Ligakonkurrenten Baden-Baden.

Kellner, in Ismaning groß geworden, bringt die Erfahrung aus 89 Erstliga- (Erlangen) und 34 Zweitligaspielen (Coburg) mit. Beim HCE musste er sich zuletzt in dessen Drittligateam verdingen. Ein Qualitätsverlust ist trotz der Abgänge bei den Brucker Panthern, wie sie sich nennen, nicht zu erwarten, das war auch im Vorjahr so, als ein halbes Dutzend Spieler aufhörte.

Handball: Er kam schon in der Jugend zum TuS Fürstenfeldbruck und blieb 18 Jahre lang: Gianni Huber

Er kam schon in der Jugend zum TuS Fürstenfeldbruck und blieb 18 Jahre lang: Gianni Huber

(Foto: Johannes Simon)
Handball: Kumpel, mach's gut: Alexander Leindl (rechts) will in den Profihandball. Wohin es ihn zieht, sagt er noch nicht.

Kumpel, mach's gut: Alexander Leindl (rechts) will in den Profihandball. Wohin es ihn zieht, sagt er noch nicht.

(Foto: Johannes Simon)

Auch mit umformiertem Team spielte der TuS Fürstenfeldbruck eine famose Saison, die nun abrupt endet. Nach dem 28:24-Heimsieg über Pforzheim/Eutingen ist die Mannschaft Vizemeister der Süd-Staffel, am letzten Spieltag kann sie sogar noch Meister werden. Doch dann ist Schluss, der Verein verzichtet auf die Teilnahme an der Aufstiegsrunde, zu der Platz eins und zwei berechtigen. Es fehlen die finanziellen Möglichkeiten.

Die Geschichte der kargen Finanzen kann Jahr für Jahr aufs Neue erzählt werden. Auch in der Saison 2015/16, damals in der Ost-Staffel der dritten Liga, verzichtete der TuS als Tabellenzweiter auf die Aufstiegsrelegation. Das ist sieben Jahre her, Begründung damals: kein Geld.

Sportlich liefern Fürstenfeldbrucks Handballer seit Jahren ab, dennoch bleibt die zweite Liga irgendwie unerreichbar. Auch weil die Deutsche Handball-Liga (DHL) die organisatorischen Voraussetzungen für eine Teilnahme immer weiter nach oben schraubt. Die Corona-Saison 2020/21, die Fürstenfeldbrucks Handballer in der zweiten Bundesliga spielen durften, bleibt wohl vorerst ein Abenteuer ohne Chance auf Wiederholung. "Die Strukturen sind noch nicht auf Zweitliganiveau", weiß auch Linksaußen Felix Kerst, der seit sieben Jahren im Verein ist. Man müsse das so annehmen, sagt er der SZ.

Junge Spieler, vor allem jene, die aus der A-Jugend-Bundesliga kommen, freilich sehen Fürstenfeldbruck eher als Durchgangsstation. Ob Florian Scheerer bleiben wird, ist noch ungewiss. Der 19-Jährige wurde sofort zum Stammspieler und hat Angebote aus der Bundesliga vorliegen. Auch Alexander Leindl, 25, will es im Profibereich versuchen. Vor einigen Jahren schon stand der Wechsel des Linkshänders zum TuSEM Essen bevor, ehe eine Verletzung die Pläne durchkreuzte. Wohin es diesmal gehen soll, sagt er noch nicht.

Auch Gianni Huber wird verabschiedet. Jahrelang gab der mittlerweile 30-Jährige den Einwechselspieler. Ein Allrounder, der als Rechtshänder sogar auf Rechtsaußen eingesetzt werden kann und nach 18 Jahren beim TuS mit dem Handballspielen aufhört. Beim Abschied richtet er emotionale Dankesworte an das Publikum: "Für so eine Stimmung machen wir's. Das ist einfach geil."

Handball: Jahrelang ein sicherer Rückhalt: Fürstenfeldbrucks Torhüter Michael Luderschmid.

Jahrelang ein sicherer Rückhalt: Fürstenfeldbrucks Torhüter Michael Luderschmid.

(Foto: Johannes Simon)

Auch Michael Luderschmid macht Schluss. Mit 38 Jahren ist er der Teamsenior und doppelt so alt wie mancher Youngster. Anfang Juli wird der Lehrer für Sport, Mathematik und Informatik erstmals Vater, da verschieben sich die Prioritäten. In Erinnerung bleiben nicht nur seine Aufwärmübungen, wenn der Handball-Torhüter seine Beine einem Turner gleich mit Schwung neben die Ohren warf. Seine Paraden retteten so manche Partie zugunsten des TuS Fürstenfeldbruck.

In seinem Abschiedsheimspiel fiel er vor allem als Torschütze auf. Die Taktik von Gegner Pforzheim, den eigenen Torhüter zugunsten eines Feldspielers rauszunehmen, gab Luderschmid gleich dreimal die Möglichkeit, den Ball übers ganze Spielfeld erfolgreich ins leere Tor zu werfen.

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:Unbezahlbar gut

Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer können sich erneut für die Aufstiegsrunde qualifizieren. Ob sie sich die Rückkehr leisten könnten, ist fraglich. Zudem erwächst dem Verein Konkurrenz in der Region.

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