Kunst:Brucker Ansichten

Kunst: In seinem Fotografien kondensiert Florian Haamann das Alltägliche zu dichten, atmosphärischen Beobachtungen.

In seinem Fotografien kondensiert Florian Haamann das Alltägliche zu dichten, atmosphärischen Beobachtungen.

(Foto: Johannes Simon)

Nur wenige Künstler in Fürstenfeldbruck beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit der Stadt selbst. In einer sehenswerten Ausstellung in der Galerie Frey kommen nun vier von ihnen zusammen.

Von Johannes Simon, Fürstenfeldbruck

Es gab eine Zeit - lange vor der Erfindung des Smartphones - da war der Beruf des sogenannten Veduten-Malers eine durchaus angesehene Tätigkeit. Der Begriff Vedute war nichts anderes als die etwas vornehmere Beschreibung von Stadt-Ansicht. Veduten gab es von allen bedeutenden und unbedeutenden Orten, sie dienten dazu, einen Ort in seiner Anschaulichkeit zu dokumentieren, sie hingen in Rathäusern und Palästen und in Form gedruckter Kupferstiche dienten sie Reisenden dazu, sich ein Bild von weit entfernten Zielen wie Rom oder Neapel, London oder Paris zu verschaffen. Mithin war die Vedute die Vorläuferin der banalen Postkarte. Der Maler und Galerist Günter Frey, einer der eher seltenen Berufs-Künstler in der Brucker Kunstszene, hat sich nun des geradezu vergessenen Themas "Stadt-Ansicht" angenommen. Es ist bereits die zweite Ausstellung mit diesem Titel, weshalb Frey auch ganz vorsichtig von einer Ausstellungsreihe spricht. "Der vage Titel", so Frey "erlaubt von der Postkartenansicht bis hin zu konkreten Meinungen zu regionalen Themen und Geschehnissen so ziemlich alles. Mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass eigentlich nur wenige hiesige Kunst- und Kulturschaffende sich in ihrer kontinuierlichen Arbeit mit Fürstenfeldbruck und dem Landkreis beschäftigen."

Kunst: Mit Erstaunen habe er festgestellt, dass sich nur wenige lokale Künstler in ihren Arbeiten mit Fürstenfeldbruck beschäftigen, sagt Galerist und Künstler Günter Frey.

Mit Erstaunen habe er festgestellt, dass sich nur wenige lokale Künstler in ihren Arbeiten mit Fürstenfeldbruck beschäftigen, sagt Galerist und Künstler Günter Frey.

(Foto: Johannes Simon)

Stadt-Ansicht ist also das Schauen, das Ansichtig-Werden, das Beschäftigen mit dem Bild eines Ortes, der als Lebensraum auch Mikrokosmos ist - für Menschen, die an diesem bestimmten Ort leben und/oder arbeiten. Nicht zufällig hat das Wort "Ansicht" auch einen Doppelsinn im Sinne von "Meinung": So dass die geschaute Ansicht nicht nur im Vedutenhaften verharrt, sondern immer auch eine Interpretation des An-Geschauten sein kann oder vielleicht sogar sein muss.

Kunst: In seinem Zyklus "Das Geheimnis der griechischen Eule" verbindet Guido Zingerl die Antike mit der Geschichte Fürstenfeldbrucks.

In seinem Zyklus "Das Geheimnis der griechischen Eule" verbindet Guido Zingerl die Antike mit der Geschichte Fürstenfeldbrucks.

(Foto: Johannes Simon)

Für seine kleine, aber durchaus bemerkenswerte, Ausstellung hat Frey sich Gäste eingeladen, die unterschiedlicher nicht sein können: Der Maler und Graphiker Guido Zingerl, der in vielen Jahrzehnten künstlerischen Schaffens immer sehr genau und notorisch kritisch auf die Stadt Fürstenfeldbruck geschaut hat, was - einigen dürfte das gut bekannt sein - nicht immer ohne Blessuren vonstatten ging. In der Galerie Frey ist neben einigen aktuellen Zeichnungen, die den amtierenden Bürgermeister eher unsanft aufs Korn nehmen, der tragikomische Zyklus über den Maler Georg Asam, "Das Geheimnis der griechischen Eule-Asam-Apollo-Amper", zu sehen. Zingerl erweist sich als begnadeter Geschichtenerzähler, der mit der ihm eigenen spitzen und zugleich widerborstigen Feder, griechische Mythologie, Brucker Stadtgeschichte und politisches Statement amalgamiert. Es lohnt sich allemal, sich in die Texte einzuarbeiten, die humorvoll sind, die gebildet sind, ironisch und zugleich wehmütig stimmen.

Kunst: Guido Zingerl blickt mit seiner Kunst seit Jahrzehnten genau und kritisch auf das Geschehen in Fürstenfeldbruck.

Guido Zingerl blickt mit seiner Kunst seit Jahrzehnten genau und kritisch auf das Geschehen in Fürstenfeldbruck.

(Foto: Johannes Simon)

Nandor Kiss bildet gleichsam Kunst mit Worten. Bei ihm entstehen Wort-Bilder - im doppelten Sinne des Wortes gerahmt und ansichtig, "er beschreibt, was ihm über den Weg läuft, ... nicht ohne Dreistheit auf altherkömmliche Weise in Reimen", sagt Günter Frey.

Einer, der den direkten Blick auf die Stadt wagt, die Alltäglichkeit ihrer Erscheinung in den Moment ihrer Anschauung einfriert, ist der Fürstenfeldbrucker SZ-Journalist Florian J. Haamann. Sein Medium ist die Schwarz-Weiß-Fotografie, mittels derer er dem Genre der Streetphotography ein weiteres Kapitel hinzufügt. Was er da sieht und entdeckt, ist eigentlich unglaublich banal und teilt die Seh-Erfahrung von vielen Menschen. Und trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - gelingt es ihm, diese Seherfahrung zu eindrucksvollen und atmosphärisch dichten Bildern zu kondensieren. Die Menschen, die er in scharfen Schwarz-Weiß-Kontrasten abbildet, erscheinen einsam, in ihrem Schicksal gefangen, ja selbst der, vor dem Supermarkt angebundene und auf sein Herrchen (oder Frauchen) wartende Pitbull strahlt eine lastende Melancholie aus.

Kunst: In seinem Gemälden hält Günter Frey den Blick aus seinem Atelier in Grafrath fest.

In seinem Gemälden hält Günter Frey den Blick aus seinem Atelier in Grafrath fest.

(Foto: Johannes Simon)

Malerisch und geradezu Farben- und Licht-flirrend erscheinen die Öl- und Ölkreide-Bilder von Günter Frey, der mit großem Selbstbewusstsein die optische Präsenz einer Ansicht in den Mittelpunkt stellt. Sein Blick geht aus dem Atelierfenster ins Grüne (nicht in Fürstenfeldbruck, sondern in Grafrath) und er repetiert, wie das bereits Claude Monet als Impressionist vor ihm getan hat, den immer selben und doch immer wieder unterschiedlichen Ausblick. Wer jemals selbst diesen traditionellen Kunstansatz dieser Art Landschaftsmalerei ausgeübt hat, der weiß um deren Intensität und Sogwirkung. Im Gegensatz zu allen zeitgenössischen Techniken und Medien, zu Video-Clip und Fotomontage ist diese Kunst ein trotziges Bekenntnis zum Wert der Langsamkeit, der Bedächtigkeit und des genauen An- und Hinschauens. Freys Bilder sind vielschichtig, sie glühen in ihren Farben, und protzen trotzdem nicht. Sie sind in einem guten, im besten Sinn erstaunlich.

"Brucker Ansichten", Ausstellung in der Galerie Frey, Hauptstraße 12, Fürstenfeldbruck. Zu sehen bis Sonntag, 16. Oktober, jeweils donnerstags bis sonntags von 10 bis 15 Uhr.

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