Süddeutsche Zeitung

Größte Faschingsveranstaltung im Landkreis:Olchinger Eiszeit

Der diesjährige Faschingszug wartet zwar mit einer Rekordteilnehmerzahl an Wagen und Fußgruppen auf. Doch das Wetter hat vielen Narren wohl den Spaß verdorben. Nicht mehr als 10 000 Menschen säumen die Straßen - weniger als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr

Von Julia Bergmann, Olching

Während ein kleines Krokodil in Gummistiefeln mit Karacho in die Pfützen entlang der Hauptstraße springt, ein wandelndes Skelett seinen Blick über die Szenerie schweifen lässt und Biene Maja sich mit einem Glas Prosecco in Stimmung bringt, rennt eine kleine, aufgebrachte Katze den Weg herauf. "Sie kommen, sie kommen!", ruft sie und strahlt. Der 64. Olchinger Faschingszug beginnt.

Mit 34 teilnehmenden Zugwagen und 10 Fußgruppen ist es der wohl längste Zug, den es in Olching je gegeben hat. Doch während die Wagenbauer die Messlatte zahlenmäßig weit nach oben legen, schaut es an der Zuschauerfront an einigen Stellen regelrecht verwaist aus. Rund 10 000 Menschen sind gekommen, um dem Faschingstreiben entlang der Feurs- und Hauptstraße zuzusehen, schätzt die Polizei. Weniger als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr. "Das ist wohl dem Wetter geschuldet", sagt Polizeihauptkommissar Herbert Kanz. Aber die hartgesottenen Faschingsfans haben sich auch in diesem Jahr von Regen und Kälte nicht von einem Besuch des Faschingszugs abbringen lassen. "Klar, bei drei bis vier Grad überlegt man schon", sagt etwa Richard Bockel, der sich am Dienstag als Kuh verkleidet hat. "Mit Kindern ist das aber einfach ein Muss", sagt er. Auf den Schultern trägt er seine vier Jahre alte, grinsende Enkeltochter Emily, die schon gespannt darauf wartet, dass die ersten Wagen an ihr vorbeiziehen.

Eisig sind in Olching an diesem Faschingsdienstag aber nicht nur die Außentemperaturen. In eine Schicht aus Frost gehüllt, kommt auch der diesjährige, vom Faschingskomitee gekürte Gewinnerwagen daher. Vor dem Hintergrund einer Blau-weißen Eislandschaft zeigt der Wagen eine fröhlich feiernde Eisbärenschar. Im Zentrum des Wagens rotiert ein gigantischer, martialischer Eisbär, der in seiner Schnauze einen missmutig dreinblickenden orangefarbenen Fisch mit der Aufschrift "Stadtwerke Olching" hält. Auf einer der Schrifttafel heißt es: "Ewige Baustellen, Schlaglöcher , Stau, ein Irrsinn Olchings Fernwärme-Ausbau". Auf einer anderen Tafel steht: "Wir Eisbären ham' die Nase voll, scheiß auf Wärme, frieren ist toll!" Damit hat der MSCO auch heuer traditionsgemäß wieder ein kommunales Motto aufgegriffen. "Ich denke, das ist das Thema, das die Leute am meisten ärgert", sagt Michael Böck vom MSCO.

Während der Zweitplatzierte, der Schützenverein Frisch Auf Graßlfing, mit seinem Motto "Zirkus Berlin" einen Blick auf die Irrungen und Wirrungen der Bundespolitik wirft, hat sich auch der Drittplatzierte auf heimische Absurditäten beschränkt. Die Faschingsfreunde Spechtranch haben mit ihrer "Grauzone Olching" unter den Zuschauern für gute Laune gesorgt. Der Verein hat mit seinem Wagen den irrwitzigen Streit um das mittlerweile wohl bekannteste Gebäude Olchings in Sperrholz verewigt: Das ehemals grüne Haus, das aufgrund einer städtischen Bestimmung grau werden musste.

Den ersten Platz unter den auswertigen Wagen (Gesamtrang sieben) belegte der Kombiwagen der Haberfeldtreiber und der Schürzenjäger Gernlinden. Die beiden Gruppen haben die Fantasiewelt der Alice im Wunderland auferstehen lassen und die Herzkönigin, den weißen Hasen, die Grinsekatze und ihre absurden Kumpanen in Pappmaschee gebannt. Seitlich auf dem Fahrzeug prangt ein Wegweiser, der in sämtliche Himmelsrichtungen zeigt, mal den falschen, mal den richtigen Weg anzeigt. Daneben steht: "Uns wundert gar nichts mehr". Ein ganz bewusst offen gehaltenes Thema. "Ob man das auf die Politik bezieht, auf Deutschland, die USA oder etwas anderes, bleibt dann jedem selbst überlassen", erklärt Daniel Sander von den Schürzenjägern.

Für ausgelassene Stimmung unter den Besuchern sorgten natürlich auch die zehn Fußgruppen. Unter ihnen räumten die Volksbühne Olching mit dem Motto "Kirchturmuhr" den ersten Platz ab. Sie erinnerte damit an den Streit um den Zuschuss zur Sanierung der maroden Kirchturmuhr. Mit ihrem Einhornthema landete die Gruppe Lady Gracha auf dem zweiten Platz. Und die Ampernixen, die in diesem Jahr ihr 20. Jubiläum feiern, belegten mit ihrem Motto "Nur noch Feuer und Flamme" - gewandet in Glutrot - den dritten Platz.

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Quelle:
SZ vom 01.03.2017
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