Süddeutsche Zeitung

Gröbenzell:Umweltschutz mit sozialer Komponente

Das Repair-Cafe Gröbenzell hilft, Müll zu vermeiden. In den fünf Jahren ist es auch ein Treffpunkt geworden

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Seine ersten fünf Jahre kann das Repair-Cafe Gröbenzell aktuell natürlich nicht gebührend feiern. Die Corona-Pandemie mit all ihren Beschränkungen hat die Pläne der Organisatoren vom Bund Naturschutz und Volkshochschule zunichte gemacht. Unterkriegen lassen will man sich davon aber nicht, wie die BN-Vorsitzende Ariane Zuber betont: "Wir feiern trotzdem, auch wenn keinem nach feiern zumute ist." Schließlich können alle Beteiligten von sich behaupten, in den letzten fünf Jahren einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz geleistet zu haben, da Repair-Cafes helfen, weniger Müll zu produzieren. Und abgesehen vom ökologischen Aspekt hat sich die Aktion in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Treffpunkt am Ort entwickelt.

"Es geht einfach um den Gedanken der Nachhaltigkeit", erklärt Ariane Zuber die Motivation hinter den Repair-Cafes. Die Idee ist so bestechend wie simpel: Engagierte Mitmenschen mit einer Begabung zum Reparieren - oft sind es Ingenieure oder Handwerker in Rente, aber immer wieder sind auch jüngere Tüftler mit dabei - stellen ihr Knowhow ehrenamtlich zur Verfügung, um kaputte Gegenstände wieder funktionsfähig zu machen. Repariert wird so ziemlich alles, von kaputten Fahrrädern über defekte Kleidungsstücke bis zu elektrischen Geräten und Handys. Etwa 70 Gegenstände bringen die Gröbenzeller zu jedem Repair-Cafe, im Durchschnitt 70 Prozent können wieder zum Laufen gebracht werden, berichtet Zuber. "Ein ganz großer Schwerpunkt sind Nähmaschinen, wobei es meistens Bedienungsfehler sind."

Oft genüge es, wenn ein Fachmann eine Kleinigkeit an dem Gerät behebe - und schon funktioniere es wieder. Wären die Menschen nicht ins Repair-Cafe gekommen, wäre wieder ein weiteres Stück auf dem Müll gelandet. Ein weiteres Problem der Wegwerf-Gesellschaft, das beim Reparieren zum Tragen kommt: "Ganz viele Elektrogeräte sind heutzutage verclipst." Sie dürfen offiziell nur von Herstellerzertifizierten Werkstätten geöffnet werden, mit speziellem Werkzeug. Letzteres hat das Repair-Cafe inzwischen angeschafft. Und damit die Eigentümer sich nicht rückwirkend beklagen, werden sie vor der Reparatur aufgeklärt und müssen eine Einverständniserklärung unterschreiben. Sollte bei einer Reparatur trotzdem einmal etwas schief gehen, betont Zuber, "sind wir auch versichert".

Angefangen hat das Gröbenzeller Repair-Cafe ganz bescheiden. "Wir waren ein ganz kleines Team", erinnert sich die BN-Vorsitzende. Es gab sechs oder sieben Reparateure, und es kamen 26 Leute mit reparaturbedürftigen Gegenständen. Inzwischen kommen meistens etwa drei Mal so viele Besucher zu den 15 fachkundige Reparateuren. "Wir können eigentlich alles abdecken." Viele der Ehrenamtlichen reparieren laut Zuber aus Leidenschaft, es ist ihr Hobby. Das Alter ist breit gestreut, der Jüngste ist 18, der Älteste 82 Jahre alt. Überraschend viele seien aber auch im mittleren Alter.

Dass so viele verschiedene Menschen so oft und gerne in das Repair-Cafe kommen, das vier bis sechs Mal im Jahr in Galerie und Foyer des Bürgerhauses stattfindet, mag auch damit zu tun haben, dass es sich im Lauf der Jahre auch zu einem sozialen Treffpunkt entwickelt hat. Wie Zuber erzählt, kommt ein Reparateur, der inzwischen nach Augsburg gezogen ist, jedes Mal nach Gröbenzell. "Und wir haben einen Reparateur aus Trudering, weil es ihm so gut bei uns gefällt." Es gäbe mittlerweile auch Besucher, die einfach nur auf Kaffee und Kuchen im Café vorbeikämen. "Was ich auch immer nett finde, dass Leute nach bestimmten Reparateuren fragen." Öfter bringen sie dann kleine Aufmerksamkeiten mit.

Über all die Jahre wurden im Repair-Cafe noch ein paar weitere gute Ideen verwirklicht. "Wir haben eine Alt-Handy-Sammlung", erklärt Zuber. Außerdem eine Vereinbarung mit den Gröbenzeller Ärzten. Die überlassen dem Cafe nun die Batterien, die bei einem 24-Stunden-EKG zum Einsatz kommen. Dafür dürfen nämlich nur frische Batterien verwendet werden; früher wurden sie danach entsorgt. Jetzt landen sie im Repair-Cafe und werden dort weiterverteilt. Des weiteren gibt es parallel zum Cafe eine Kleidertauschbörse. "Die bringt die jüngeren Leute." Und seit neuestem in Zusammenarbeit mit der Gemeindebücherei die Möglichkeit zur Bücherreparatur.

Wie es mit dem Repair-Cafe in Zukunft weitergeht, ist derzeit allerdings offen. Zuber hofft, im Oktober den Betrieb wieder aufzunehmen. Und für die Zeit davor gibt es Überlegungen für eine Fahrrad-Werkstatt mit Anmeldung. "Da sind wir schon am Planen."

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Quelle:
SZ vom 23.06.2020
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