Gröbenzell:Trampen 2.0

Gröbenzell: Reinhard Paesler (links) und Bürgermeister Martin Schäfer stellen die neue Mitfahrerbank vor.

Reinhard Paesler (links) und Bürgermeister Martin Schäfer stellen die neue Mitfahrerbank vor.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Sich an den Straßenrand stellen und Autofahrern den Wunsch zum Mitfahren per Daumen signalisieren: Das war gestern. Die Gemeinde ist schon weiter und weiht als erste Landkreiskommune eine Mitfahrerbank ein

Von Ariane Lindenbach

Das System an sich ist nicht neu: Jemand ohne Auto stellt sich an den Straßenrand und signalisiert den vorbeifahrenden Autofahrern, dass er auf eine Mitfahrgelegenheit hofft. Ein ausgestreckter Arm mit der zur Faust geschlossenen Hand und dem nach oben gestreckten Daumen ist das international gültige Handzeichen für diese Art der Fortbewegung. Heute, in Zeiten von Klimawandel und Dieselskandal, wird das Ganze als "Mitfahrerbank" zu einer neuen Möglichkeit, das Auto stehen zu lassen und schädliche Abgase zu minimieren. In Gröbenzell hat Bürgermeister Martin Schäfer am Donnerstag die erste Mitfahrerbank im Landkreis feierlich eingeweiht; sie steht an der Olchinger Straße gegenüber dem Drogeriemarkt in Richtung München - kurz vor dem Wertstoffhof.

"Früher hätte man gesagt Trampen", erklärt der Rathauschef dem guten Dutzend Anwesenden, bestehend aus Gemeinderäten, Rathausmitarbeitern, Mitgliedern des Agenda-Arbeitskreises Verkehr. Die Bank aus Metall wurde von einem Rathausmitarbeiter gestiftet, der namentlich nicht genannt werden will. Sie ist versehen mit einem eigenen Logo, das Elemente des Gemeinde-Wappens aufgreift. Ein Hinweisschild mit dem Logo ein paar Meter davor soll die Aufmerksamkeit der Autofahrer auf die neue Mitfahrbank lenken (etwa 200 Meter davor steht ein weiteres Hinweisschild). An der Konstruktion ist in etwa einem Meter Höhe eine Haltevorrichtung für die Richtungsschilder aus Metall, von denen man das passende einfach nach vorne blättert. Derzeit sind sie mit Lochhausen, Pasing und Moosach beschriftet, ein weiteres eher spaßeshalber mit den beiden Gröbenzeller Partnerstädten Garches bei Paris und Pilisvörösvar nahe Budapest sowie ein letztes ohne Aufdruck; dieses können die Mitfahrer mit dem extra angehängten Stift mit einem anderen Ziel beschriften.

"Wir finden's toll", begrüßt Karin Schwarzbauer vom Agenda-Arbeitskreis Verkehr das Projekt. Es sei zwar nur "ein kleiner Schritt" auf dem Weg zu einer autofreien Gemeinde. Aber Änderung bestehe meistens aus vielen kleinen Schritten. "Und morgens ist der Verkehr hier so langsam", da funktioniere das Zusteigen ohne Stopp, scherzt sie. Reinhard Paesler, ebenfalls im Arbeitskreis sowie im Gemeinderat engagiert, verweist darauf, dass die Gemeinde sich aus gutem Grund für die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommunen (AGFK) beworben hat. Projekte wie die Mitfahrerbank begünstigen eine wohlwollende Prüfung.

Auf Facebook, in der Gruppe "Du kommst aus Gröbenzell, wenn ..." haben immerhin 182 Personen die Mitfahrbank gelikt. Eine Fahrgemeinschaft wurde in den 37 Kommentaren freilich noch nicht erwähnt. Allerdings schreibt dort eine Userin, die ursprünglich aus Hessen stammt, dass sie die Mitfahrerbank aus ihrer Heimat kenne und diese dort nach einer gewissen Anlaufzeit inzwischen sehr gut funktioniere. Knallrote Mitfahrerbänke gibt es seit fast einem Jahr bereits in Bergkirchen im Nachbarlandkreis Dachau - an zehn Station in verschiedenen Ortsteilen.

Sollte sich das in Gröbenzell positiv entwickeln, gibt es laut Bürgermeister durchaus Entwicklungspotenzial: Eine weitere Bank könnte in die Gegenrichtung aufgestellt werden, und vielleicht könnte auch die Stadt München für das Projekt gewonnen werden. Mitglied in der AGFK ist die Landeshauptstadt jedenfalls schon.

Nahe der Bank befinden sich Fahrradständer, als kleine Anregung beispielsweise an Fahrgemeinschaften, sich nicht direkt vor der Haustür abholen zu lassen, sondern wenigstens bis zur nächsten großen Straße zu radeln. Die Kosten für die Mitfahrerbank gehen laut Pressesprecherin Susanne Flügel "gegen Null". Die Schilder hätten noch im Bauhof herumgelegen, das Logo sei von Rathausmitarbeitern am Computer entworfen worden. Was die Frage betrifft, ob die Mitfahrer denn im Falle eines Unfalls versichert sind, gibt es eine klare Antwort aus dem Rathaus: Die Kfz-Haftpflichtversicherung, die in Deutschland jedes Fahrzeug hat, deckt alle Haftpflichtansprüche Dritter ab.

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