Süddeutsche Zeitung

Gröbenzell:Terrassen-Streit endet gütlich

Gemeinde Gröbenzell erlaubt Mieterin rollstuhlgerechten Belag

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Pünktlich zum Frühjahrsbeginn kommt die Nachricht aus Gröbenzell, dass der sogenannte Terrassen-Streit zwischen einer Mieterin und ihrer Vermieterin, der Gemeinde, beigelegt ist. Der Zwist begann vor sechs Jahren damit, dass die auf ihren Rollstuhl angewiesene Concetta Tatti den Bodenbelag ihrer Terrasse, ein Kiesbett, mit Holzdielen überbauen ließ. Die heute 44-Jährige Gröbenzellerin tat dies jedoch ohne Genehmigung der Gemeinde. Ende 2017 verklagte die Gemeinde Tatti schließlich auf Rückbau des fachmännisch verlegten Belags. Wie beide Parteien in einer gemeinsamen Presseerklärung mitteilen, ist das nun Geschichte.

"Die beiden bei Gericht anhängigen Rechtsstreite werden durch die Anwälte übereinstimmend für erledigt erklärt und die Kosten werden gegeneinander aufgehoben, das heißt im Endeffekt hälftig geteilt", heißt es in der Mitteilung vom Mittwochnachmittag. Demnach hatte der Gemeinderat die Einigung am Donnerstagabend im nichtöffentlichen Teil einstimmig befürwortet. Das Gremium war es auch gewesen, das Bürgermeister Martin Schäfer damit beauftragt hatte, die Auseinandersetzung gütlich und außergerichtlich zu einem Ende zu bringen.

Die Gemeinde hatte zwar im September vorigen Jahres mit ihrer Klage einen Teilerfolg errungen. Das Amtsgericht in Fürstenfeldbruck entschied damals, dass die Mieterin einen Großteil ihrer Terrasse zurückbauen muss; es erlaubte nur einige wenige Bohlen, damit der knapp fünf Quadratmeter große gepflasterte Bereich etwas größer wird und so das Herumrangieren mit dem Rollstuhl ungefährlicher.

Doch nach Ansicht von Tattis neuem Rechtsanwalt Hans Böhmer war das Urteil anfechtbar, weil es unter anderem das Gebot der Inklusion ignorierte, das de facto einem Benachteiligungsverbot für Menschen mit Einschränkung gleichkommt. Nach Einschätzung des Juristen, der bis Sommer 2017 für die Freien Wähler im Gemeinderat saß, hätte das Gericht den Fall demnach vorrangig unter dem Aspekt der Gleichbehandlung prüfen müssen. Da die anderen fünf Parteien in dem Haus den gekiesten Außenbereich in vollem Maße mitnutzen - zum Wäschetrocknen, Sonnenbaden, Grillen - müsste diese Art der Nutzung auch einem Mieter im Rollstuhl ermöglicht werden, so Böhmer.

Also ging Concetta Tatti mit Böhmer in Berufung. Öffentlichkeitswirksam sammelten die Beiden mit Unterstützung von Böhmers Partnerin, der Schauspielerin Monika Baumgartner, zahlreiche Unterschriften und beantragten bei der Übergabe Ende Oktober, dass die Holzdielen bleiben dürfen. Als zwei Monate lang keine Reaktion aus dem Rathaus kam, verklagte Tatti die Gemeinde außerdem darauf, dass sie die Terrasse in der von ihr gewünschten Form behalten darf. Mit der jetzigen Einigung werden alle rechtlichen Streitigkeiten beigelegt.

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Quelle:
SZ vom 04.03.2021
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