Gröbenzell:Sozialverbände werfen Bahn "Saustall" vor

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Elf Organisationen kritisieren die viel zu langen Reparaturzeiten bei defekten Aufzügen. Mit deutlichen Worten fordern sie Veränderungen und ein neues Management. Ein wenig Hoffnung setzen sie nun auf die Freien Wähler

Von Peter Bierl

Die Beiräte und Sozialverbände aus den Kommunen im Osten des Landkreises sind stinksauer auf die Bahn AG. Der Grund dafür sind kaputte Aufzüge in Gröbenzell, Olching, Gernlinden sowie Lochhausen. Insgesamt elf Verbände, darunter neben den Behinderten- und Seniorenbeiräten der VdK, die beiden Pfarrgemeinden, der Interessenverein sowie der Sozialdienst Gröbenzell haben sich in einem offenen Brief an das Unternehmen gewandt und fordern Abhilfe: Im 21. Jahrhundert sollte es möglich sein, Ausfälle in ein bis zwei Tagen zu beheben.

Wie massiv der Unmut ist, zeigen die große Zahl der Unterstützer, aber auch die harsche Wortwahl. Das ist von "Saustall" die Rede sowie von einem unfähigen Management, das ausgewechselt werden müsse. "Es reicht, das Maß ist voll. Packen Sie es endlich an", heißt es am Ende des Briefes.

Vor fünf Jahren habe man sich schon einmal an die Bahn gewandt, aber nichts sei passiert, erklärte Josef Dittrich, der Vorsitzende des VdK-Ortsverbandes Gröbenzell, auf einer Pressekonferenz in der Geschäftsstelle des Kreisverbandes in Bruck. Leidtragende seien nicht bloß die Alten, sondern auch Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwägen und Reisende mit schwerem Gepäck.

Defekte Lifte würden fünf bis sieben Wochen stillstehen, weil die Bahn AG keine Ersatzteile auf Lager habe, rügte Dittrich. Kaufhäuser oder Kliniken hätten auch Aufzüge, deren Wartung von Firmen übernommen würden, die sofort Vertragsstrafen zu zahlen hätten, wenn die Lifte längere Zeit nicht funktionieren, sagten Dittrich und Karl Wacker, der Olchinger VdK-Chef.

VdK-Geschäftsführer Felix Hechtl warf nicht nur der Bahn AG sondern auch dem MVV vor, sich zu wenig um das Problem zu kümmern. So gebe es in Nürnberg eine Mobilitätsgarantie des Verkehrsverbundes. "Notfalls werden die Fahrgäste mit dem Taxi befördert", berichtete Hechtl.

Ein Sprecher der Bahn AG räumte ein, dass es in diesem Jahr auf dem Westast der S3 eine ungewöhnliche Häufung von defekten Aufzügen gegeben habe, die nicht in der üblichen Zeit von in der Regel zwei Werktagen vom bahneigenen Servicepersonal behoben werden konnten. Mittlerweile liefen aber alle Aufzüge an den genannten vier Stationen wieder.

Der Stillstand des Aufzugs am Bahnhof Olching sei durch eine defekte Bremse verursacht worden und konnte weder von der DB-Reparaturtruppe noch vom Service des Aufzugherstellers behoben werden. Erst ein Spezialist des Bremsenherstellers konnte die Anlage wieder herstellen, die seit Anfang September wieder ohne Ausfälle laufe. Der Aufzug am Bahnhof Gernlinden war in der Vergangenheit relativ häufig defekt, räumte der Bahnsprecher ein. Im Sommer habe man dann einen Spezialisten des Herstellers hinzugezogen. Seit Anfang September habe man nur noch kurze Ausfälle registriert. Am Bahnhof Lochhausen gab es am Aufzug einen größeren Wasserschaden. Die Reparaturarbeiten wurden mittlerweile aber abgeschlossen.

Der Aufzug in Gröbenzell habe sein Lebensalter erreicht und soll schon länger ausgetauscht werden, allerdings könne man wegen der boomenden Baukonjunktur keine Firma finden. Deshalb habe man den Lift noch einmal aufwendig repariert. Sowohl die Aufzugssteuerung als auch die Notrufeinrichtung wurden instand gesetzt. Seit Ende August laufe der Aufzug wieder mit wenigen kurzen Ausfällen. Der Austausch sei für 2019 geplant.

Um nicht immer auf Fremdfirmen angewiesen zu sein, habe die Bahn ein eigenes Serviceteam aufgebaut, das die gängigen Ersatzteile auf Lager hat. Die Abteilung DB Service erwäge, die eigenen Ersatzteillager zu vergrößern. Manche Reparaturen ließen sich aber nicht ohne die Herstellerfirma bewältigen. Da die Aufzugsfirmen momentan sehr volle Auftragsbücher haben, könne eine Reparatur in Einzelfällen etwas länger dauern.

Die Vertreter des Senioren und Behindertenbeirates aus Puchheim protestierten auf der Pressekonferenz erneut gegen den von Staatsregierung und Bahn AG geplanten Umbau des Bahnhofes. In Puchheim soll eine kleine Fußgängerunterführung angelegt werden und von dort ein Lift auf einen Mittelbahnsteig fahren. Das halten die Beiräte für ungenügend. Sie fordern einen viergleisigen Ausbau der S 4, wobei die Fläche des Mittelbahnsteigs für das vierte Gleis verwendet werden könnte. Auf der Nordseite soll dann ein neuer, richtig barrierefreier Außenbahnsteig mit kurzen, flachen Rampen angelegt werden. "Wir haben das Glück, dass die Unterführung noch nicht gebaut ist, und damit die Chance, dass es noch richtig gemacht wird", sagte Ingrid Kroppen.

Dem Versprechen der abgewählten Staatsregierung, alle Bahnhöfe würden bis 2023 barrierefrei sein, traute keiner in der Runde. Manche setzen ihre Hoffnung darauf, dass die Freien Wähler das Verkehrsministerium übernehmen. "Vielleicht macht es der Aiwanger ja besser", sagte Dittrich.

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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