Gröbenzell:Problem-Schnäppchen

Der ungewöhnliche Gröbenzeller Weg zum neuen Rathaus

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Ein Schnäppchen kann in der Politik erhebliche Probleme nach sich ziehen. Zu erleben ist das in Gröbenzell. Der Beschluss des Gemeinderats, ein günstiges Angebot zu nutzen und die Verwaltung kurzerhand für fünf Jahre in ein angemietetes Bürogebäude zu verlegen, entwickelt eine Eigendynamik. Der Gröbenzeller Weg besteht diesmal darin, den zweiten oder dritten Schritt vor dem ersten zu tun. Man zieht mutig um, ohne eine Planung für einen Rathausneubau zu haben und ohne über ein Finanzierungskonzept zu verfügen, für das wiederum das ebenfalls fehlende Raumkonzept die Grundlage wäre. Selbst lange nach dem Umzug Ende September ist ungeklärt, wie viel Platz der Gemeinderat der Verwaltung im Neubau zugestehen will und wie viele Räume multifunktional genutzt werden sollen. Nur eines ist unstrittig, als die Beschlüsse fallen: Das alte Rathaus ist nicht mehr zeitgemäß, marode und viel zu klein - und damit reif für die Abrissbirne.

Die ersten Probleme ergeben sich aus der Frage, was aus dem leer stehenden Gebäude werden soll. Begehrlichkeiten gibt es. Als sich im Sommer die Flüchtlingskrise zuspitzt und der Landrat Aylbewerber in Turnhallen einweist, liegt es auf der Hand, den Verwaltungskomplex als Notquartier zu nutzen. Kaum wird bekannt, dass das Landratsamt interessiert ist, regt sich Widerstand. Als Anwohner Unterschriften gegen Asylbewerber im Ortszentrum sammeln, bleibt alles in der Schwebe. Nur die CSU bezieht Position. Sie lehnt ein Flüchtlingsquartier im Rathaus ab, um den Zeitplan für den Neubau nicht zu gefährden, wie es heißt. Sind die Flüchtlinge da, wird man sie nicht mehr los, so die Befürchtung. Im Herbst erfährt der Gemeinderat, dass das Baurecht fast doppelt so hoch ist wie der Platzbedarf der Verwaltung. Von nun an wird nicht mehr nur über ein neues Rathaus diskutiert, sondern über einen zweiten Gebäudekomplex als Kulturhaus, über einen eigenen Trakt für die Volkshochschule, über die Verlegung der Bücherei vom Bürgerzentrum ins Rathaus. Und auch Wohnungen sollen plötzlich ins Rathaus. Aus der guten Gelegenheit ergeben sich viele weitere. So vergeht eine Sitzung nach der anderen ohne Entscheidungen. Bis Ende Februar hat der Gemeinderat Zeit, das nachzuholen. Dann müssen für den Architektenwettbewerb die Eckdaten für den Bau vorliegen.

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