Gröbenzell/Olching:Zwischen Kahlschlag und Schutzmaßnahme

Wieder einmal ruft eine Fällaktion der Bahn Proteste hervor. Naturschützer halten den Eingriff entlang der Güterzugtrasse in Gröbenzell für übertrieben. Nun wird die Zahl der markierten Bäume noch einmal überprüft

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell/Olching

Gröbenzeller Bürger und Mitglieder der Ortsgruppe vom Bund Naturschutz (BN) befürchten nach 2013 einen weiteren Kahlschlag am Bahndamm der Güterzugtrasse, die im Nordosten unmittelbar an der Gemeindegrenze auf Olchinger Flur verläuft. Dort sind nach einer Begutachtung durch Forstwirte in dem geschützten Landschaftsbestandteil etwa 40 Bäume mit einem F gekennzeichnet, was heißt, dass deren Fällung vorgesehen ist. Einige Bäume sind laut Chandani Barbara Sittl vom Bund Naturschutz in den vergangenen Wochen bereits massiv bis auf die Stümpfe eingekürzt oder gefällt worden, und auch das Unterholz sei beseitigt worden. Laut einem Bahnsprecher sind die Baumarbeiten an der Güterzugtrasse für dieses Frühjahr beendet. Allerdings werde in den nächsten Monaten geprüft und überlegt, was mit den gekennzeichneten Bäumen passieren soll.

Einen ersten Erfolg haben protestierende Naturschützer bereits erzielt. Am Rosenmontag wollen Vertreter der Bahn, Petra Heber von der Unteren Naturschützbehörde des Landratsamts und Vertreter vom BN bei einem Ortstermin besprechen, wie möglichst viele der stattlichen Bäume erhalten werden können. Empört ist auch Martin Runge von den Grünen. Der Zweite Bürgermeister von Gröbenzell erinnert daran, dass die Bahn zuletzt vor drei Jahren in diesem Bereich unter anderem mit dem Einsatz eines Harvesters großflächig Bäume beseitigt und damals "ohne Sinn und Verstand gewütet" und gerodet habe.

Baumfällung am Gütergleis

In Sorge um den Baumbestand entlang der Güterzugtrasse ist Chandani Barbara Sittl vom Bund Naturschutz Gröbenzell.

(Foto: Günther Reger)

Runge hofft, dass sich die Beteiligten bei dem Termin wenigstens noch darauf einigen können, künftig mit den Bäumen und dem Gehölz im Bereich der Güterzugtrasse "pfleglicher" umzugehen. Da es dort Trampelpfade gibt, nutzen viele Gröbenzeller wie Sittl den Bereich des Bahndamms für Spaziergänge, obwohl Bahndämme eigentlich nicht betreten werden sollen. Die Verärgerung über die neuerlichen Eingriffe ist auch deshalb so groß, weil die Bahn 2013 laut der Gröbenzeller BN-Vorsitzenden Ariane Zuber bei einem Ortstermin zugesagt hatte, in Zukunft bei Baumarbeiten in diesem sensiblen Bereich "vegetationsschonend" vorzugehen.

Chandani Barbara Sittl ist Beisitzerin im Vorstand der Gröbenzeller BN-Ortsgruppe. Sie verweist darauf, dass das Gebiet, auf dem die Bäume stehen, ein geschützter Landschaftsbestandteil ist, und Arbeiter trotzdem rigoros damit begonnen hätten, Bäume zu fällen und zu kappen. Was den Erholungswert des Gebiets und damit die Lebensqualität erheblich beeinträchtige. Zudem seien derart massive Eingriffe in die Natur nicht mehr mit der Sicherheit der Gleise und der Oberleitungen zu rechtfertigen. Das radikale Zurückschneiden und die Fällungen bringen laut Sittl das Gefüge der Bäume durcheinander, sie stören das Ökosystem und vernichten Nistplätze. Die Eingriffe hat Sittl mit einer Reihe von Fotos dokumentiert. Aufgrund der Kennzeichnungen befürchtet die Gröbenzellerin, dass noch weitere 40 Bäume fallen sollen, was sie für unverhältnismäßig und vor allem nicht notwendig hält. Auch weil ein Teil der Bäume so weit von den Bahngleisen entfernt steht, dass von ihnen keine Gefährdung für den Zugverkehr ausgehe.

Baumfällung am Gütergleis

In dem geschützten Landschaftsbestandteil entlang der Güterzugtrasse in Gröbenzell hat die Bahn etwa 40 Bäume mit einem F gekennzeichnet. Ob sie allerdings tatsächlich alle gefällt werden, wird eine weitere Prüfung in den die nächsten Monaten zeigen.

(Foto: Günther Reger)

Petra Heber von der Unteren Naturschutzbehörde spricht von einer schwierigen Konstellation. Sie verweist auf die Notwendigkeit, die Sicherheit des Bahnverkehrs zu gewährleisten und Oberleitungen vor herabfallenden Ästen zu schützen. Zudem müssten die Signale einsehbar bleiben und auch die Häuser der Anwohner vor umfallenden Bäumen geschützt werden. Und Heber verweist darauf, dass Bäume bis zu einem Abstand von sechs Metern von den Gleisen generell beseitigt werden dürfen. Auch ist laut Heber noch überhaupt nicht entschieden, dass alle mit einem gelben F markierten Bäume wirklich beseitigt werden. Sie spricht von einem Baumkataster, das von Fachleuten angelegt worden sei und als Grundlage für weitere Gespräche und Prüfungen diene. Heber erläutert, was die von den Experten angebrachten Kennzeichen bedeuten: Kr stehe für Kronenpflege, Ek für Einkürzungen oder Kappungen, T für das Entfernen von Totholz und F für Fällung.

Laut einem Bahnsprecher wurden an dem Güterzuggleis bei Gröbenzell in diesem Frühjahr lediglich drei nicht mehr standsichere Bäume gefällt. Das Entfernen von Ästen oder das Kappen von Baumteilen habe Vorrang, gerodet werde überhaupt nicht. Alles geschehe in Zusammenarbeit mit Spezialisten. Da die Bahn bewachsene Böschungen brauche, würden die für Bahndämme typischen Gehölzstreifen erhalten bleiben. Treiben im Frühjahr die Baumstöcke und -stümpfe wieder aus, gebe es wieder einen grünen Bewuchs.

Auch Petra Heber weist darauf hin, dass die Bahn wirklich nur dort eingreife, wo es nötig sei. Schön anzusehen sind die Baumtorsi nach Kappungen laut Heber nicht, aber die Bahn lasse sie stehen, um Insekten und Spechten ihren Lebensraum zu erhalten.

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