Gröbenzell:Musikalische Tango-Reise

Cuarteto Soltango

Das Ensemble Cuarteto SolTango zeigt den Unterschied zwischen modernem und klassischem Tango.

(Foto: Günther Reger)

"Cuarteto SolTango" gastiert mit vielerlei Varianten in Gröbenzell

Von Klaus Mohr, Gröbenzell

Mit Tango verbindet jeder Musikfreund eine bestimmte Vorstellung, meist eine Verbindung von Musik und Tanz. Bei uns ist die konzertante Variante vielleicht die häufigste, oft eingestreut in ein klassisches Programm als lockerer Ausklang. Die Tangos des hierzulande bekanntesten Komponisten Astor Piazzolla stehen für den "Tango Nuevo", eine Weiterentwicklung des Tango Argentino. Das Ensemble "Cuarteto Soltango" mit Sophie Heinrich (Violine), Rocco Heins (Bandonéon), Karel Bredenhorst (Violoncello) und Martin Klett (Klavier) gastierte nun in der "Gröbenzeller Konzertreihe" im vollbesetzten Saal der Rudolf-Steiner-Schule.

Die Musiker knüpfen an die Goldene Ära des Tango an, wie er in den Dreißiger- und Vierzigerjahren auf der Straße und in den Kaffeehäusern erklang. Gespielt wurde er damals von unzähligen Orchestern, in denen die Instrumente jeweils mehrfach besetzt waren. "Cuarteto Soltango" versucht nun, diese Musik im Kammermusikformat in die Konzertsäle zu bringen. Die Musiker demonstrierten in den Arrangements von Martin Klett eindrucksvoll, worin sich die traditionellen Tangos aus der Goldenen Ära musikalisch von denen Piazzollas unterscheiden, von denen ebenfalls einige im Programm erklangen.

Auch wenn das Bandonéon heute in der Regel mit Lateinamerika assoziiert wird, so stammt es doch aus Deutschland: Heinrich Band konstruierte dieses Handzuginstrument im 19. Jahrhundert. Rocco Heins spielt ein originales Instrument aus der Fabrik von Alfred Arnold, der im Erzgebirge ansässig war. Von dort wurde bis etwa 1945 eine riesige Zahl an Bandoneons nach Argentinien und Uruguay exportiert. Heins bezeichnete sein Bandonéon als "Kummerraupe", womit sein Klangcharakter ziemlich gut getroffen ist. Melancholische Töne sind sein Markenzeichen, in der Variabilität der Nuancen hat es geradezu humane Züge, so dass man auch von einem Instrument mit Seele sprechen könnte. Die Klangfarbe des Bandonéons ist sicher das wesentlichste Charakteristikum des Tango Argentino. Auch wenn, wie in diesem Konzert, nicht gesungen wird, so verkörpert der Tango immer die zu Musik gewordene Poesie der Straßen von Buenos Aires. Die Gesangsstimme wird dabei ständig wechselnd auf die einzelnen Instrumente verteilt. Eine ganz bildhafte Sprache zeichnet die Lyrik aus, wie Sophie Heinrich an einem Gedicht demonstrierte.

Wichtiger als die Töne sind beim Tango wohl die kleinen Pausen, quasi die Luft, die den Atem anhält. Zu dieser effektvoll zelebrierten rhythmischen Ebene gesellte sich eine intensiv-emotionale Melodie, die dicht und mit großer Zugkraft musikalische Bögen spannte. Beide Ebenen wechselten sich manchmal ab, sie erklangen aber auch gleichzeitig, was einen besonderen Reiz für das Publikum ausmachte.

Beim Tango Argentino wird unterschieden zwischen dem Tango im 4/8-Takt, der Milonga im 2/4-Takt und der Vals im 3/4-Takt. Alle drei Varianten erklangen an diesem Abend. Sie waren vom Charakter her unterschiedlich, doch gehörten sie quasi unter ein gemeinsames Dach. Der kraftvoll-sehnsüchtige Tango hat eine Art Schwester in der quirlig-heiteren Milonga und einen Bruder im scheinbar unendlich fließenden Vals. Besondere Spieltechniken bei den Streichern wirken wie das i-Tüpfelchen auf der Musik, Virtuosität bildet eine Art glitzernden Überbau.

Dass dieser Abend moderiert wurde, war absolut essenziell und erhöhte den Hörgenuss. Es wäre jedoch erforderlich, diese Performance mit der Musik auf eine Stufe zu stellen und zu professionalisieren. Bei einem Vortrag auf der Bühne geht viel verloren, wenn das Sprechtempo zu schnell und die Aussprache zu schlampig sind. Am Ende gab es begeisterten Beifall, dem zwei Zugaben folgten.

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