Gröbenzell:Mehr als nur ein Denkmal

Die Gemeinde Gröbenzell nimmt die Sanierung der Russenbrücke zum Anlass, dort einen Lernort zu schaffen. Auf der Wiese vor dem Bauwerk sollen auch Schaukästen und Kunstwerke aufgestellt werden

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

In dem vom Landesamt für Denkmalpflege herausgegebenen Landkreisband der Denkmäler in Bayern werden gerade mal drei Baudenkmäler für die Gemeinde Gröbenzell aufgelistet. Für eine so junge Stadtrandsiedlung ist das nicht verwunderlich. Es ist eher erstaunlich, wie lange die frühere Kulturreferentin des Gemeinderats, Brigitte Böttger (CSU), trotz dieses Mangels an historischer Bausubstanz kämpfen musste, bis sie den Gemeinderat und die Rathausverwaltung für die überfällige Sanierung der Russenbrücke gewinnen konnte. Vielleicht war die sich über Jahre hinziehende Debatte über das Denkmal ja notwendig.

Wird nämlich in der kommenden Woche endlich mit den Arbeiten zur Erhaltung des eigenwilligen Bauwerks begonnen, geht es nicht mehr nur darum, bröckelnden Beton zu erhalten oder hässliche Risse zu beseitigen oder gar die auf schwammigem Moosuntergrund errichteten Fundamente zu sichern. Das war die Ausgangslage. Inzwischen geht es um mehr: nämlich auch um Bewusstseinsbildung. Man will auf der baumbestandenen Wiese vor der Brücke einen ortshistorischen Lern- und Identifikationsort schaffen. So sollen in Zusammenarbeit mit den Gröbenhütern Schaukästen aufgestellt werden, die daran erinnern, dass das gefällige, in der Zeit des Ersten Weltkriegs errichtete Bauwerk mit einfachen Jugendstilelementen mit dem Leid und Blut russischer Soldaten erkauft wurde, die in einem Gefangenenlager in Puchheim lebten. Und der etwas abgelegene Ort gilt auch als ideal, um dort zum Denkmal passende Kunstwerke aufzustellen. Das wünscht sich zumindest Bürgermeister Martin Schäfer (UWG). Bis in zwei Jahren das hundertjährige Bestehen der dann wieder instand gesetzten Russenbrücke begangen wird, soll in deren Umfeld einen Identifikationsort für Gröbenzell entstehen. Der kleine Übergang über den Gröbenbach an der Straße Am Zillerhof soll zusammen mit der davor gelegenen gemeindlichen Grünanlage aufgewertet werden.

Noch etwas haben die sich über Jahre hinziehenden Diskussionen im Gemeinderat, mit Denkmalschützern, Restauratoren und den Gröbenhütern ergeben. Man hat sich von der anfänglichen Idee, den Übergang nur aufzuhübschen, inzwischen ganz verabschiedet. Vorrang vor Baukosmetik hat nun der Gedanke, die Jugendstilbrücke in ihren originalen Urzustand zurückzuversetzen. Bevorzug wird eine ehrliche Lösung. Die Russenbrücke ist ja alles andere als ein Prachtbau. Sie wurde mit bescheidenen Mitteln von Zwangsarbeitern errichtet und dokumentiert damit auch das einfache Leben im Moos vor hundert Jahren.

Russenbrücke

Ein Prachtbau ist das mit Jugendstilornamenten verzierte Brücke am Gröbenbach sicher nicht. Sie zeigt, wie einfach das Leben vor hundert Jahren war.

(Foto: Günther Reger)

Deshalb will der Gemeinderat nun ganz darauf verzichten, den Asphaltbelag des Übergangs durch alte Granitsteine zu ersetzen. So war es erst vor einem Monat bei einem Ortstermin mit Vertretern der Unteren Denkmalschutzbehörde vereinbart worden. Aber vor hundert Jahren hatten in Gröbenzell die Straßen vor allem Schlaglöcher, sie waren schlammig und im besten Fall gesandet. Straßenpflaster oder andere Beläge gab es nicht. Die Gröbenhüter, die die Sanierungsmaßnahmen begleiten und dokumentieren und Gemeinderat Hans Böhmer (FW) hoffen, dass die lange verschollenen und erst im Zusammenhang mit den Recherchen zur Sanierung wieder aufgetauchten Bauunterlagen Aufschluss über die noch offenen Fragen zum Belag bringen.

Geklärt sind dagegen andere Dinge. So ist vorgesehen, die im Volksmund Einmannfußwege genannten Radabweiser an den Innenseiten der Brüstungen wieder zu entfernen. Sofern das möglich ist, ohne die Brüstungen zu beschädigen. Da die Russenbrücke lange mit Fuhrwerken und später mit Autos befahren wurde, schützten die Abweiser die Brüstungen vor Beschädigungen. Beseitigt werden auch die sichtbaren Folgen von Sanierungsmaßnahmen, die vor mehr als 25 Jahren ausgeführt worden waren. Nach dem Stand der damaligen Technik wurden Risse und Löcher im Beton mit Kunstharz verschlossen und verpresst. Dort, wo der braungelbliche Kunststoff sichtbar ist, wird er demnächst mit einem schonenden Sandstrahlverfahren wieder beseitigt. Kosten wird die gesamte Sanierung etwa 160 000 Euro.

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