Bei 350 Punkten liegt der künftige Hebesatz für die Gewerbesteuer in Gröbenzell, bei 385 Punkten der für die Grundsteuer B. Das ist das Ergebnis eines langen Ringens der Gemeinderäte. Nach vier Sitzungsabenden fanden die Kommunalpolitiker zu einem Kompromiss, nun kann die Kommune einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan aufstellen. Es war letztlich ein Vorschlag aus den Reihen von CSU und Grünen, der am späten Dienstagabend doch noch eine Mehrheit bekam. Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und CSU-Fraktionschef Anton Kammerl stimmten mit acht anderen Gremiumsmitgliedern gegen den Vorschlag.
Begonnen hatten die Haushaltsberatungen im Oktober mit dem Vorschlag, die fehlenden Mittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro über eine einseitige Erhöhung der Grundsteuer von derzeit 310 auf dann 480 Punkte zu erzielen. Diesen Weg favorisierte der Bürgermeister. Seine Argumentation: Gröbenzell hat nur wenige, begrenzte Gewerbeflächen. Um konkurrenzfähig zu sein, bedarf es eines Standortvorteils in Form einer niedrigen Gewerbesteuer. In der Gröbenbachgemeinde lag der Hebesatz bislang bei 330 Punkten, in Olching und Puchheim liegt er bei 350; die angrenzende Landeshauptstadt München erhebt 490 Punkte. "Wir sägen uns den Ast ab, auf dem wir sitzen", warnt Schäfer mit Blick auf eine mögliche Anhebung der Gewerbesteuer.
Die Stadt Olching verfüge über das Dreifache an Gewerbeflächen "und hat die gleichen Einnahmen wie wir", führt der Rathauschef aus. Und ergänzt: "Wir haben laufend steigende Gewerbesteuereinnahmen." Laut Kämmerer Gregor Kamp stieg das Aufkommen seit 2013 von 3,4 auf mehr als neun Millionen Euro. Trotzdem sinken die Gesamteinnahmen immer weiter ab, weil Gröbenzell im Vergleich mit anderen bayerischen Kommunen nicht wächst, also auch keine zusätzlichen Einkommensteuerzahler gewinnt.
Auf das Unternehmerfrühstück vom gleichen Morgen verweisend, bestätigt der Gewerbereferent Schäfers Bericht von einer großen Verunsicherung der Geschäftsleute. Und Wolfgang Netschert (FW) verweist auf ein weiteres Problem: "Wenn ein Großzahler geht, ist die ganze Gewerbesteuererhöhung null und nichtig." Er schlägt vor, ein Gemeindegrundstück zu verkaufen, ein weiteres zu bebauen und mit den Mieteinnahmen mittelfristig den Haushalt zu sanieren.
Als zu einseitig und sozial ungerecht kritisiert die Mehrheit im Gemeinderat eine Erhöhung ausschließlich der Grundsteuer. Die SPD-Fraktion regt an diesem Abend an, die Abgaben für Gewerbetreibende auf 360 Punkte festzusetzen, die Grundsteuer auf 350. Die Grünen-Fraktion schlägt die Sätze genau andersherum vor. Kammerl regt eine zeitlich begrenzte Erhöhung der Gewerbesteuer auf 380 Punkte an - ohne Grundsteuererhöhung. Als gegen 21 Uhr noch mehrere weitere Varianten zur Steuererhöhung kursieren, unterbricht Schäfer auf vielfachen Wunsch die Sitzung; im Verlauf des Abends wird es noch eine Pause geben.
Während die UWG-Fraktion jeweils den Saal verlässt, um sich gesondert zu beraten, tauschen sich in verschiedenen Ecken Grüppchen aus, auch über Fraktionsgrenzen hinweg. Nach der zweiten Pause gibt es schließlich eine Mehrheit von 19 zu 10 für den von Anita Rieger (CSU) und Martin Runge (Grünen) ausgehandelten Kompromissvorschlag. Bis zu dieser von allen herbeigesehnten Einigung stimmten die Gemeinderäte über acht verschiedene Varianten von Steuererhöhungen ab - allein an diesem einen Abend.