Süddeutsche Zeitung

Handball:Ein Jahr für die Annalen

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Gröbenzells Frauen spielen am Vatertag zu Hause um den Aufstieg in die zweite Bundesliga, die Fürstenfeldbrucker Männer haben auf die Relegation verzichtet

Von Ralf Tögel, Gröbenzell/Fürstenfeldbruck

So eine Saison hat die Handballszene aus der Region Fürstenfeldbruck noch nie erlebt. Nicht nur, dass zwei Mannschaften in der dritthöchsten Spielklasse an den Start gehen und damit die mit Abstand ranghöchsten Teams im Raum München stellen, beide haben die Saison auch noch auf dem zweiten Tabellenplatz abgeschlossen. Doch bei all den Gemeinsamkeiten der Frauen des HCD Gröbenzell und der Männer des TuS Fürstenfeldbruck gibt es einen gravierenden Unterschied: Der HCD hat die Lizenz für die zweite Bundesliga eingereicht, der TuS hat verzichtet. Ausgerechnet an diesem Donnerstag, bekanntlich Vatertag, ist das Relegationshinspiel der Gröbenzeller Frauen (15 Uhr, Wildmooshalle) gegen den Zweiten der West-Gruppe, TuS Lintfort. Das Rückspiel passt besser: Am Muttertag (Sonntag, 8. Mai, 16 Uhr) geht nach Kamp-Lintfort, ein 40 000-Seelen-Städtchen 20 Kilometer nordwestlich von Duisburg.

Die Brucker Handballer haben mit dem Lizenzverzicht auch der Chance zur Aufstiegsrelegation entsagt. Die Statuten besagen, dass jeweils der Erste der vier Drittliga-Gruppen in die zweite Bundesliga aufsteigt, doch in der West-Gruppe verzichtet der Leichlinger TV. Dann dürfen die aufstiegswilligen Zweitplatzierten eine Relegation um den vakanten Platz spielen, doch die Anwärter sind überschaubar. Neben den Bruckern verzichten auch der West-Zweite VfL Fredenbeck, im Norden ist der SC Magdeburg II Tabellenzweiter, Bundesliga-Reserveteams dürfen aber nicht aufsteigen. Bleibt der Zweite der Gruppe Süd, die SG Leutershausen, die eine Lizenz beantragt hat und somit mangels Konkurrenz kampflos in die zweite Bundesliga aufsteigt.

Natürlich sind sich die Brucker Verantwortlichen der vielleicht historischen Chance bewusst, allein die wirtschaftlichen Möglichkeiten hätten den Aufstieg zu einem Himmelfahrtskommando degradiert. Die Vernunft obsiegte, schweren Herzens wurde trotz der sportlichen Qualifikation verzichtet. "Wir wollen erst die wirtschaftlichen Strukturen schaffen", hatte Teammanager Alexander Raff mitgeteilt, denn bei den Männern ist die zweite Liga eine reine Profi-Liga. Für Spieler, die den Sport als Hobby betreiben, sind Fahrten von Hunderten Kilometern unter der Woche kaum machbar, besonders wenn ein adäquater finanzieller Ausgleich fehlt.

Die zweite Bundesliga der Frauen ist dagegen deutlich kleiner und das Niveau nicht so hoch wie bei den männlichen Kollegen, der Sprung also nicht ganz so exorbitant. Freilich ist diese Entscheidung auch für den HCD ein Wagnis, sie musste gut überlegt werden. Die Gröbenzeller haben ein sehr rühriges Umfeld mit vielen kleinen Geldgebern, sind daher breit aufgestellt. Vielleicht auch eine Lehre aus den frühen Neunzigern, als der HCD schon einmal drei Spielzeiten in der zweiten Liga war, sich dann aber der Hauptsponsor zurückzog. Die zweite Liga wäre dennoch ein Quantensprung: Allein der Etat der Gröbenzellerinnen müsste im Falle des Aufstieges verdoppelt werden, weitere Strukturen wären zu schaffen. Doch diesen Überlegungen steht der TuS Lintfort im Weg, eine Mannschaft mit einem ganz anderen Hintergrund. Der Klub liegt knapp 30 Kilometer von der holländischen Grenze entfernt, was auch das Bild der Mannschaft prägt. Drei ehemalige niederländische Erstligaspielerinnen prägen den Kader, in Harma van Kreij und Talent Katharina Hufschmid haben zwei Akteurinnen sogar die Klasse, dass sie bereits Verträge bei Erstligisten unterschrieben haben. Nicht ohne vorher behilflich zu sein, ihren derzeitigen Verein noch in die Zweitklassigkeit zu hieven.

Auch wenn es nichts werden sollte mit dem Aufstieg der Gröbenzeller Frauen, auch wenn die TuS-Männer mindestens ein weiteres Jahr warten müssen, ehe man wieder Gedanken an die zweite Bundesliga ernsthaft hegen kann: Diese Spielzeit wird in die sportlichen Annalen der Region eingehen.

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SZ vom 04.05.2016
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