Gröbenzell:Fesselnde Kurzgeschichten

Christian Ude

Ein Foto als Beweis: Christian Ude dokumentiert den guten Besuch im Gröbenzeller Stockwerk.

(Foto: Günther Reger)

Ex-Bürgermeister Christian Ude unterhält die Gröbenzeller

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Christian Ude kommt von hinten in das Veranstaltungsfoyer im Gröbenzeller Stockwerk hinein. Plötzlich bleibt er stehen und zückt sein Handy, um ein Foto zu machen. Vorne auf der Bühne angekommen, fotografiert er wieder in den Saal hinein. Etwa 250 Zuhörer sind ins voll besetzte Stockwerk gekommen. "In München glaubt mir das kein Mensch, dass in Gröbenzell so viele Leute kommen", erklärt sich Ude, der kurz darauf zu seiner Lesung "Das kann ja heiter werden" ansetzen wird. "Keine Angst", schickt er voraus, "es wird keine Orgie der Besinnlichkeit werden". So kommt es dann auch, wenn er von seiner "kometenhaften Karriere" als Musikerkind erzählt, die in der fünften Klasse bei einer Adventsvorführung im Gymnasium schnell zu Ende ist, als er "Luftgitarre" spielt.

Ude hat viel Erfahrung mit Lesungen und öffentlichen Veranstaltungen, das spürt man sofort. Seine Politikertätigkeit, besonders als langjähriger Münchner Oberbürgermeister, hilft ihm dabei mit der notwendigen Verve auf der Bühne zu stehen. Von Nervosität keine Spur. Doch ist nicht immer alles professionell, was Ude macht. Als er eine halbe Stunde lang - viel zu lang - von einer Reise seiner Münchner Studenten-WG im Jahre 1971 in die Osttürkei erzählt, um vergeblich ein Foto eines Wolfes zu machen, für das tausend Mark versprochen gewesen sind, liest er den Text nicht wie zuvor andere pointiert ab, sondern spricht ihn frei ins Mikrofon. Dabei läuft er hin und her, was den Besucher optisch ablenkt. Manchmal fällt ihm nicht sofort das passende Wort ein und man begleitet ihn bei der langsamen Wortfindung. Dass Ude langsam, häufig sehr langsam und deutlich spricht, ist wiederum ein Vorteil, weil die Zuhörer so weniger Mühe haben, ihm zu folgen.

Der langjährige SPD-Politiker erzählt durchaus fesselnd. Seine Geschichten enden häufig anders als gedacht. Dem Publikum gefällt das. Es folgt ihm bereitwillig bei seinen humorigen Exkursen. Die "Stille Nacht" ist keine Weihnachtsgeschichte, sondern eine amüsante Erzählung "über München, wo es am allerherzlichsten ist", so Ude, "auf dem Immobilienmarkt". Die Besucher amüsieren sich köstlich über das Austricksen eines Investors, der die Mieter mit üblen Schikanen aus ihren Wohnungen in einem Haus an der Isar zu vertreiben versucht, aber damit scheitert. Auch die Erzählungen über seine Anwaltstätigkeit, die den "roten SPD-Lumpen" mit der katholischen Kirche in Verbindung gebracht hat, sorgen doch für große Heiterkeit im Saal.

Ude ist als Pensionär viel beschäftigt. Kurz vor der Pause kommt der Werbeblock in eigener Sache. "Ich werde die Bücher und Hörbücher signieren", kündigt er dem Publikum an. Die Resonanz bleibt nicht aus; die Menschen stehen vor seinem Tisch Schlange. Neben den 20 Lesungen pro Jahr ist der inzwischen 71-jährige Jurist noch zehnmal als "Doppelter Ude" mit dem Kabarettisten und Schauspieler Uli Bauer, der ihn viele Jahre beim Derblecken auf dem Nockherberg gedoubelt hat, unterwegs. Dreimal im Jahr veranstaltet er "Ude und Fans" im Münchner Prinzregententheater. An der Volkshochschule München ist er zudem zehn Abende mit "Politik der Woche" zu sehen. Da kommen prominente Frauen und Männer zum Gespräch mit Ude vor großem Publikum vorbei. Sigmar Gabriel war schon da und auch Sarah Wagenknecht.

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