Gröbenzell:En Garde!

Fechten

Doppeltreffer: Der Puchheimer Degenfechter Martin Pichlmeier (rechts) setzt im Kampf gegen Christian Büttner vom TV Augsburg einen Konter.

(Foto: Günther Reger)

Mann gegen Mann, Frau gegen Frau: Beim Marathonturnier des Fecht-Clubs treten 20 gemischte Teams mit dem Degen gegeneinander an. Dabei wird deutlich, wie sehr bei dieser Sportart Körper und Geist gefordert sind

Von Stefan Salger, Gröbenzell

Einem Laien gelingt es kaum, den schnellen Bewegungen zu folgen. Nur gut, dass Martin Pichlmeier vom Fechtclub Gröbenzell und sein italienischer Konkurrent Francesco Rosetto, die sich am Sonntag gerade beim Internationalen Wildmoos-Turnier messen, verdrahtet sind und die Treffer per Leuchtsignal angezeigt werden. Und nur gut, dass es bei solchen Degenduellen mittlerweile nicht mehr um Leben und Tod geht, sondern vielmehr um sportliche Ehre.

Gleichwohl erinnert der Kampf zwischen dem Puchheimer und seinem Gegner vom MTV München irgendwie an Filme wie Die drei Musketiere, Duell der Degen oder Die Legende des Zorro. Sicher, die beiden Wettkämpfer tragen Schutzausrüstung von Kopf bis Fuß, die dazu beiträgt, dass es jenseits eines verstauchten Knöchels praktisch kein Verletzungsrisiko gibt: einen Helm mit engmaschigem Drahtgeflecht, dem die durch einen Sensor verdickte Degenspitze nichts anhaben kann, sowie Kevlarweste, Halsschutz, Anzug, Handschuhe und Stulpen. Die Bewegungsabläufe sind ähnlich grazil, wie man das von den sorgsam einstudierten Choreographien aus den Filmen kennt: Auf der 14 Meter langen, nur zwei Meter breiten Bahn ist guter Gleichgewichtssinn erforderlich. Nichts aber wirkt hier wie ein archaischer Kampf. Hier werden vielmehr in aller Eleganz die Klingen gekreuzt. Füße hintereinander, das vordere Knie gebeugt, und dann kommt eine pfeilschnelle Bewegung nach vorn - ebenso reaktionsschnell weicht der Gegner der gut einen Meter messenden Stichwaffe aus biegsamem Stahl aus und startet seinen Konter. Nicht umsonst gilt Fechten als zweitschnellste Sportart - nach Tischtennis. Was ganz besonders an die einschlägigen "Mantel-und -Degen-Filme" erinnert, das ist die fast höfisch streng anmutende Etikette. Wer hier zu früh brüllt, wer dem Gegner den Handschlag vor und auch nach dem Duell verweigert, wer den Schiedsrichter nicht artig per Handzeichen ums Wort bittet, der riskiert Strafpunkte oder Disqualifikation. Dies ist ein Gentleman-Sport, dessen Akteure bisweilen erinnern an zwei Läufer eines Schachspiels, die heute ausnahmsweise beide in Weiß ihre Bahnen ziehen. Streng genommen müsste Francesco Rosetto bestraft werden, als er nach einer erfolglosen Attacke und noch vor einer Punktewertung abdreht und seinem Gegner den ungeschützten Hinterkopf zuwendet. "Aber das ist ja auch kein Listenturnier", sagt Dominik Nagel, da sei das nicht so streng. Das Marathonturnier dient eher der lockeren Vorbereitung auf die Bayerischen Meisterschaften im Februar. Nagel, 52, der selbst im Alter von 15 Jahren angefangen hat, ist Vorsitzender des 65 Aktive zählenden Fecht-Clubs Gröbenzell. Pichlmeier, 36, ist sein Stellvertreter. Und Nagel muss mit ansehen, wie dieser gegen den Italiener gerade mit fliegenden Fahnen untergeht. Und das, obwohl er bislang eine sehr gute Bilanz gegen den Italiener vorzuweisen hat. Aber an diesem Tag ist der Wurm drin. Oder besser: Der schwer berechenbare Rosetto hat diesmal die bessere Strategie, hat sich besser auf den Gegner eingestellt beim Tarnen und Täuschen, hat die bessere Hand-Bein-Abstimmung, bei der es um Zehntelsekunden geht, ist geistig und körperlich ein Quäntchen topfitter - oder er hat diesmal schlicht die besseren Nerven. Rosetto gelingt es, seinen Gegner konsequent unter Druck zu halten. Das kann für beide kräftezehrend werden, herrscht doch höchste Anspannung - bis einer fünf Punkte erreicht hat oder drei Minuten verstrichen sind. Der Arm Rosettos schießt vor zur Finte. Als Pichlmeier reagiert und die Klinge senkt, schwirrt die Degenspitze um seinen Arm herum und trifft diesen auf der anderen Seite. Die Klinge biegt sich, der Sensor löst bei 750 Gramm das Signal aus. "Schön getroffen", sagt Nagel anerkennend, "jetzt gibt's ne Klatsche." Und so kommt es denn auch. Beim Stand von fünf zu eins wird gewechselt, dann sind die Partnerinnen der Zweierteams an der Reihe. Pichlmeiers Mannschaftskameradin ist Rianne Mans aus Eichenau. Für die 37-Jährige, die vor vier Jahren nach dem Musikstudium mit dem Fechten angefangen hat, ist es kaum noch möglich, den Rückstand aufzuholen. Die Uhr tickt gegen sie. Sie muss mehr riskieren. Aber am Ende steht es vier zu zehn. Macht aber nichts, andere Kämpfe gegen die Teams aus ganz Bayern enden besser. Und so landen die beiden nach sechs Siegen in 19 Kämpfen auf Platz 15 und damit einen Rang hinter Michelle Theisen und Fabian Rieblinger, die das zweite Gröbenzeller Team bilden. Sieger werden mit 17 Siegen Claudia Henkelmann und Michael Krause vom MTV 2. D'Artagnan und die drei Musketiere Athos, Porthos und Aramis hätten es in diesem hochklassig besetzten 20er-Feld auch schwer gehabt.

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