Gröbenzell:Eingestaubte Darstellung der Stadtgeschichte

Seit 19 Jahren lagert ein großes Holzrelief von Arno Visino im Depot des Gröbenzeller Bauhofs. Nun erinnert die Witwe des Künstlers daran, dass die Stadt zugesagt hat, es bei einem Neubau des Rathauses zu berücksichtigen

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Auf diesen Moment hatte Lise-Lotte Visino lange gewartet. "Wenn sich im Rathaus etwas ändert, wird das Werk miteingeplant", sagte die Witwe des Holzbildhauers Arno Visino, sei ihr von der Gröbenzeller Ratshausverwaltung regelmäßig mitgeteilt worden. Jetzt gibt es bald einen Neubau des Gröbenzeller Rathauses und Lise-Lotte Visino und ihre Tochter Andrea Visino meldeten sich kürzlich bei der Informationsveranstaltung zum Rathausneubau zu Wort. "Ist dort Platz für das Wandrelief von Arno Visino?", wollten sie von Bürgermeister Martin Schäfer wissen. Der Rathauschef verwies erst einmal auf die Arbeitsgruppe "Kunst am Bau", die aus mehreren Gemeinderäten und Verwaltungsmitarbeitern besteht. Diese soll über die Einbindung der bisherigen Rathaus-Kunstwerke ins neue Gebäude beraten und entscheiden.

Visino Relief

Die Aufbauarbeiten im Jahr 1965 hat Arno Visino selbst begleitet. Als die Sparkasse dann 1998 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurde, hat die Bank der Gemeinde das Kunstwerk überlassen.

(Foto: Gröbenhüter)

Nun ist das Wandrelief von Arno Visino, das die Geschichte Gröbenzells darstellt, ein ganz besonderes Kunstwerk. Es hat Ausmaße, die bisher eine Aufstellung verhindert haben. Mit einer Breite von etwa 4,80 Metern und einer Höhe von 3,50 Meter fand sich bisher kaum eine Wand, die zum Aufstellen reichte. Auch im alten Gröbenzeller Rathaus fehlte der Platz. So ist das Relief seit 19 Jahren im Gröbenzeller Bauhof eingelagert und muss dort seitdem angestaubt im Verborgenen wirken. Arno Visino hatte das Kunstwerk 1964 im Auftrag der Kreissparkasse Fürstenfeldbruck für deren neu errichtete Zweigstelle in Gröbenzell geschaffen. In einem halben Jahr fertigte der Holzbildhauer das Werk, das den Namen "Die Siedler" trägt und sich mit der Geschichte Gröbenzells beschäftigt.

Relief Die Siedler von Arno Visino

Mehr als 30 Jahre lang hing das Holzrelief in der Gröbenzeller Sparkassenfiliale.

(Foto: privat)

Zu sehen ist, wie die "Gröbenzöllner" Zollgebühren und Maut eintreiben oder im zweiten Bild die Übergabe von Ländereinen von adeligen Grundbesitzern an die Bauern. Dann stellt Arno Visino, der 1930 geboren wurde, Impressionen aus der Landwirtschaft und auch von der Gröbenzeller Kirche dar. Die Russenbrücke wird angedeutet mit Angler und Fischzucht. Außerdem zeigt das Relief auch die Schafzucht aus vergangenen Gröbenzeller Zeiten und den Torfabbau. Als Abschluss des großformatigen Reliefs setzt Visino auch aktuellere Bezüge zu den Badeseen, den typischen Gröbenzeller Häusern, dem Flugplatz am Brucker Fliegerhorst und zum Bahnhof mit Dampflok. "Es war mein Lebenswerk", schrieb Arno Visino einst für die Nachwelt auf. "Nun fristet es im Bauhof zwischen Baumaschinen ein trauriges Dasein", bedauerte der Künstler, der im Februar 2016 mit 85 Jahren verstorben ist, noch zu Lebzeiten.

Visiono Relief,Visino Relief

Weil es nirgends den passenden Platz gab, wurde das Holzrelief im Depot des Bauhofs einelagert, wo es noch heute liegt.

(Foto: Werner Urban)

"Die Siedler" fanden zunächst 1965 vereinbarungsgemäß Platz im Neubau der Sparkasse Gröbenzell. Als die Sparkassenfiliale 34 Jahre später neu gebaut wurde, wurde das Relief 1998 abgebaut und der Gemeinde Gröbenzell von der Sparkasse geschenkt. Die lagerte es mangels Aufstellplatz dann im Bauhof ein.

Arno Visino war gelernter Bildhauer mit Meisterprüfung. Seit 1957 wirkte er als freischaffender Holzbildhauer in Gröbenzell. In seinem Atelier beschäftigte er sich mit Kopien alter Meister oder mit eigenen Entwürfen. Visino war auch Spezialist für Restaurationsarbeiten. 1976 wurde er Vorsitzender der Künstlervereinigung im Landkreis Fürstenfeldbruck. In seiner Freizeit bastelte er Modell-Segelflieger. Seine Witwe Lise-Lotte Visino will nun das Lebenswerk ihres Mannes wieder aus der Versenkung holen und im neuen Rathaus aufgestellt sehen.

"Leider gab es bisher für das Relief keinen geeigneten Standort", sagt Bürgermeister Martin Schäfer auf Nachfrage der SZ. "Durch die Größe des Kunstwerks stellt es bei der Standortsuche natürlich eine Herausforderung dar." Ob das im neuen Rathaus, das laut Planungen im Herbst 2019 bezugsfertig sein soll, der Fall sein wird, überlässt Schäfer erst einmal der Arbeitsgruppe "Kunst am Bau". Hand in Hand mit dem Planungsteam soll dann versucht werden, das Visino-Kunstwerk in den Neuabu zu integrieren. Schäfer gibt aber auch zu bedenken: "Hierzu sind der Platz, die Wandflächen und -höhen, das Licht, die Größe des Objektes, sowie die Wirkung des Kunstwerkes zu berücksichtigen."

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