Süddeutsche Zeitung

Gröbenzell:CSU erneuert Kritik an Gröbenzells Bürgermeister

Fraktionschef Anton Kammerl betont Interessenkonflikte zwischen Schäfers Amt und privaten Tätigkeiten

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

In seiner jüngsten Sitzung hat der Gröbenzeller Gemeinderat zwar wie berichtet einstimmig die Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht zur Kenntnis genommen, dass Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) für seine diversen Privatfirmen keine genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten ausübe. Laut dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Anton Kammerl ist dem Rathauschef damit jedoch noch keine Generalabsolution erteilt worden. Wie der Christsoziale im Gespräch mit der SZ beteuerte, gehe es ihm nicht um den von der Kommunalaufsicht als Maßstab angewandten reinen Zeitaufwand Schäfers für seine privaten Geschäfte, sondern um das aus den Nebentätigkeiten resultierende Spannungsfeld zwischen den privaten Interessen und dem Bürgermeisteramt.

Dieses Spannungsfeld sei mit Interessenkonflikten vermint, "die sein Amt seit sieben Jahren meiner Meinung und der Meinung vieler Gröbenzeller Bürger und Bürgerinnen nach beschädigen", gab Kammerl in der Sitzung samt seiner schriftlichen, im Wortlaut vorgelesenen Stellungnahme, zu Protokoll.

Der CSU-Fraktionschef sieht sich als Kritiker von Schäfers Amtsverständnis nicht in der Rolle eines Einzelkämpfers, auch wenn nicht alle CSU-Gemeinderäte seine Ansicht teilen, sondern als derjenige, der nur ausspricht, was andere auch denken. Wie bereits in der Sitzung führte Kammerl gegenüber der SZ nochmals vier Beispiele solcher Konflikte zwischen den privaten Interessen des Bürgermeisters und dessen Amt an.

So haben der Rathauschef und sein Bruder das ihnen gehörende Traditionslokal "Hexe" 2016 an eine Wohnungsbaugesellschaft verkauft. Angesichts der Proteste gegen den drohenden Abriss habe der Bürgermeister die Jugend dazu aufgerufen, sich dagegen zu wehren und von ihren demokratischen Rechten Gebrauch zu machen. 2019 habe Schäfer im Gemeinderat mit dafür gestimmt, die Neuaufstellung des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet einzustellen, obwohl er "als Inhaber mehrerer Firmen im Gewerbegebiet - man darf annehmen - Eigentümer von Betriebsgrundstücken als befangen zu gelten hat", so Kammerl weiter. Im gleichen Jahr habe der Bürgermeister als Privatperson in dem Gebiet eine große Gewerbehalle erworben, um diese mit neuen Nutzungen zu entwickeln. Im Kommunalwahlkampf habe Schäfer als Bürgermeisterkandidat und gleichzeitig Inhaber mehrerer Firmen im Gewerbegebiet die Auffassung seiner UWG-Wählergruppierung vertreten, die Gewerbesteuer in der Gemeinde drastisch zu kürzen. Im Kommunalwahlkampf 2014 habe der Bürgermeisterkandidat Schäfer einen Kran aufgestellt, um einen zu hohen Hotelbau am Bahnhof zu verhindern. Daraufhin zog der Investor des siebenstöckigen Hotels zurück, während die Brüder Schäfer, woran Kammerl auch erinnert, fast gleichzeitig am östlichen Ortsrand ein Boarding-Hotel planten und bauten.

Ingo Priebsch hatte die Diskussion über die Nebentätigkeiten des Bürgermeisters mit angestoßen. Das Gemeinderatsmitglied der Grünen konnte wegen der Folgen eines Fahrradunfalls nicht an der Sitzung Ende Juni teilnehmen, bezeichnet aber die Einschätzung der Kommunalaufsicht als "falsch" und teilt die von Kammerl. Für den ehemaligen Offizier hat das Verhalten des Bürgermeisters zudem eine moralisch-ethische Dimension. "Ein pflichtbewusster Beamter würde anders handeln als Schäfer", sagt Priebsch mit Verweis darauf, dass ein Bürgermeister ein kommunaler Wahlbeamter ist. In dem Fall gehe es ums Prinzip und um das Nicht-ernst-nehmen von staatlichen Institutionen.

In der Pflicht sieht Priebsch nach wie vor auch den Gemeinderat als Dienstherrn des Rathauschefs. Dabei kann er sich auf die Stellungnahme des Landratsamts berufen. Zwar konnte dieses in den Darlegungen Schäfers zu seinen Nebenbeschäftigungen keine Hinweise auf eine genehmigungspflichtige oder zu untersagende Tätigkeit erkennen. Aber diese Feststellung relativiert das Landratsamt sogleich mit dem Hinweis, "dass die Zuständigkeit für die Sachverhaltsaufklärung und die Beurteilung/Bewertung darüber, ob eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit des Ersten Bürgermeisters vorliegt, ausschließlich beim Dienstherrn (also beim Gemeinderat Gröbenzell) liegt". Sollte Schäfer eine Genehmigung seiner Nebentätigkeiten beantragen, würde er, Priebsch, dem zustimmen, wie höchstwahrscheinlich der gesamte Gemeinderat.

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Quelle:
SZ vom 17.07.2021
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