Gröbenzell:Im Alter zum Schreiben gefunden

Gröbenzell: Buchautor Alfons Wahr.

Buchautor Alfons Wahr.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Gröbenzeller Alfons Wahr hat ein Buch mit vielen persönlichen Erinnerungen gefüllt. Es kann zum Nachdenken über die eigene Kindheit anregen, aber ebenso Historikern als Quelle dienen.

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Alfons Wahr, 73, hat sich kürzlich einen Lebenstraum erfüllt und unter dem Titel "Im Garten der Erinnerung" ein Buch über seine Kindheit und Jugend in der Zeit von 1950 bis 1980 in Gröbenzell veröffentlicht. Der Autor bezeichnet sich als werdender Schriftsteller und stammt, wie er selbst schreibt, aus armen Verhältnissen. Nach einer Lehre bei Siemens absolvierte er zuerst ein Studium an der Fachhochschule München und dann ein Zweitstudium in Informatik mit Elektrotechnik an der TU München. Danach arbeitete er in der Forschung und Entwicklung als Computer-Wissenschaftler, meldete zahlreiche Patente an und gründete eine eigene Firma. Seit er Rentner ist, schreibt er nicht mehr nur Tagebücher, sondern er betätigt sich schriftstellerisch.

Bei der Lektüre des Buches wird klar, dass die Grundlage für diese Erfolge in seiner Kindheit gelegt wurde. Seine Eltern mögen arm und die Lebensverhältnisse in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vergangenen Jahrtausends schwer gewesen sein. Aber der Reichtum der Wirtschaftswunderjahre und der Kindheit des Autors bestand in der Fähigkeit, zur Verbesserung der anfangs bescheidenen Lebensumstände handwerkliches Geschick und Erfindergeist zu entwickeln. Man arbeitete sich zielstrebig hoch. So lebensnah wie der in Fürstenfeldbruck lebende Wahr in 69 Kapiteln auf 332 Seiten oft mit der nüchternen Präzision des Technikers schreibt, wirkte für ihn und seine Familie die finanzielle Not wie ein Katalysator, den Mangel an vielem mit Lebenstüchtigkeit und Fleiß zu überwinden. Das macht das Buch zu einem Zeitzeugnis der Alltagsgeschichte der Nachkriegszeit im Münchner Westen.

Dafür steht beispielhaft das längste Kapitel mit dem Titel "Hausbau bei armen Leuten". Das mit den armen Leuten ist wahr. Lebte doch die Familie des Autors bis zum Hausbau auf einem für wenig Geld erworbenen, 2000 Quadratmeter großen Grundstück in einer Hütte mit einer 20 Quadratmeter großen Wohnküche und einem zehn Quadratmeter großen Schlafraum. Das Wasser stammte aus einer Pumpe, die im Garten stand.

Gröbenzell: Alfons Wahr hält sein Werk in den Händen.

Alfons Wahr hält sein Werk in den Händen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Schon der Aushub der Baugrube durch die Familienmitglieder für das spätere Siedlerhaus wird im Rückblick als "unmenschliches Stück Arbeit" beschrieben. Sogar die Betonsteine für den Keller wurden in Handarbeit selbst gegossen. Die Maurerarbeiten und der Innenausbau samt der Elektroinstallation erfolgen ebenfalls in Eigenregie. Selbst Kleinigkeiten wie die Angeln für das Gartentor schmiedete der handwerklich begabte Vater, der von Beruf Maler war, selbst, um Geld zu sparen. Es wurde viel improvisiert und es gab Rückschläge und Pannen. Aber die Erfolge stärkten das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Schließlich war die Arbeitskraft damals noch billig, vor allem die eigene, und das Baumaterial teuer. Die Mutter, eine Schneiderin, mischte Beton. Der Sohn profitierte sein Leben lang von all den Arbeiten, die er beim Hausbau erledigte. Das wissbegierige, neugierige Kind eignete sich auf diese Weise neben umfassenden handwerklichen Fähigkeiten auch einen praktischen, gesunden Menschenverstand an, der charakteristisch für seinen Schreibstil ist. Seine Motivation, seine Erinnerungen aufzuschreiben, begründet er folgendermaßen: "Diese 'alten' Geschichten ... schrieb ich auf, um den heutigen Gröbenzellern ein Gefühl für die Nachkriegszeit ... und für die Not in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts näherzubringen."

Herausgekommen ist ein subjektives, in der Ich-Form erzähltes Buch mit vielen persönlichen Erinnerungen, das zum Nachdenken über die eigene Kindheit anregen und Ortshistorikern als Quelle für weitere Recherchen dienen kann. Nicht jeden wird jede Anekdote gleichermaßen interessieren. Dessen ist sich auch der Autor bewusst, wenn er dazu rät, auch mal das eine oder andere Kapitel zu überschlagen. Da viele Themen angeschnitten werden, bedient das Buch vielfältige Interessen. Leider wird vieles nur kurz behandelt, nicht alles hat einen Bezug zu Gröbenzell. Wer sich für diese Gemeinde interessiert, erfährt in Kapiteln wie denen über die vier ehemaligen Bahnübergänge mit Bahnschranken, die Böhmersiedlung, das Jägerheimwäldchen oder den Ursprung des Namens der Beislerstraße Neues.

Ansehen beziehungsweise erwerben kann man das Buch in Gröbenzell im Heimatmuseum und in der Buchhandlung litera zum Preis von 19,99 Euro. Wer es im Internet bestellen will, erhält es unter ISBN 978-3-7568-7422-4. Gedruckt wurde das Buch in kleiner Auflage bei BoD - Books on Demand, Nordersted. Books on Demand bietet den Vorteil, dass jederzeit einzelne Exemplare nachgedruckt werden können. Sonst wäre es auch nicht ohne größere finanzielle Vorleistungen möglich, zu einem solchen speziellen heimatkundlichen Thema eine Veröffentlichung herauszubringen.

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