Gremium ist sauer auf die Stadt und die Vereine:Fürstenfeldbrucker Sportbeirat wirft hin

Zehn Anträge wurden gestellt und Konzepte fürs Sportzentrum West oder einen Fitnessparcours ausgearbeitet. Bewegt aber hat sich wenig

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Sportbeirat der Kreisstadt schmeißt hin. Weil sich das siebenköpfige Gremium übergangen fühlt von der Politik und zu wenig gewürdigt von den örtlichen Vereinen, ist es geschlossen zurückgetreten. Briefe an die Sportvereine und Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat waren in den zurückliegenden Wochen größtenteils unbeantwortet geblieben. Deshalb platze Herbert Thoma, dem Vorsitzenden des Sportbeirats und TuS-Präsident, nun endgültig der Kragen. In seinem Brief an Oberbürgermeister Klaus Pleil (BBV) macht er keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Und er geht hart ins Gericht mit der Stadt, die den Sport seiner Überzeugung nach stiefmütterlich behandelt.

FFB: Sportlerehrung

Foto: Johannes Simon

Dass auf ein mahnendes Schreiben an die Fraktionsspitzen nur Klaus Quinten (BBV) kurz geantwortet hatte und dieses im Sportausschuss am 21. Juli nicht einmal erwähnt wurde, dürfte der buchstäblich letzte Tropfen gewesen sein. "Daraus schließen wir, dass die Arbeit des Sportbeirates den Stadtrat nicht interessiert", schreibt Thoma am 22. Juli in seinem Brief mit der Rücktrittsbotschaft an Pleil. Im Kern geht es darum, dass der Sportbeirat zwar zahllose Stunden ehrenamtlich Konzepte ausarbeitet, dann aber den Eindruck hat, dass diese in der Schublade landen. Entsprechende Vorwürfe hatte es bereits seitens des 2007 gegründeten Vorgängergremiums, eines informellen Arbeitskreises, gegeben. Auch dort waren die Fäden bei Herbert Thoma zusammengelaufen, der dem Sport einen Großteil seiner Freizeit opfert und auch zahlreiche Stadtratssitzungen besucht. So verfolgte er auch am Dienstagabend als Zuschauer die Debatte im Stadtrat. Verwaltungschef Roland Klehr nutzte die Gelegenheit, Thoma zu einer Fortsetzung der Arbeit zu bewegen. Nächste Woche wollen sich Pleil, Thoma und Sportreferent Erich Raff noch einmal zusammensetzen. Raff hofft, dass die Sportfunktionäre den "Schnellschuss" noch einmal überdenken und es somit noch nicht das letzte Wort war. Zudem müsse noch geklärt werden, ob eine Kündigung per E-Mail überhaupt zulässig ist - und ganz grundsätzlich, ob eine baldige Neuwahl des eigentlich zwei Jahre amtierenden Sportbeirats überhaupt machbar wäre angesichts der vermutlich fehlenden Kandidaten. Raff hat "in gewisser Weise Verständnis für den Frust" beim Sportbeirat, kann aber keine großen Defizite der Politik erkennen. Die Beiräte würden sehr wohl berücksichtigt. Dass das Gremium in letzter Zeit kaum von Vereinen konsultiert wurde, könne man auch als Beleg für eine grundsätzliche Zufriedenheit interpretieren. Gleichwohl hält es Raff für "eine ungute Sache", wenn beispielsweise Eishockey- und Schwimmverein über die Köpfe der Sportbeiräte direkt mit den Stadtwerken über mehr Trainingszeiten verhandelten.

Vereinsexperten

Vor zwei Jahren wählte der Stadtrat auf Antrag von Erich Raff erstmals einen Sportbeirat - als Nachfolger des Sportarbeitskreises, nach Vorbild von Senioren- und Behindertenbeiräten. Als Vertreter von etwa 9000 Mitgliedern in 27 Sportvereinen soll er Scharnier sein zwischen Verein und Politik. Anträge müssen innerhalb von drei Monaten im Stadtrat behandelt werden. Dem Beirat gehörten seit Mai 2014 an: Nikolaus Gnam, Lothar Mangel, Herbert Thoma, Ute Perchtold, Petra Willis, Mehmet-Akif Nemutlu und Konrad Schober.slg

Bereits 2012 hatte es Zoff gegeben, damals wehrte sich Herbert Thoma entschieden gegen eine von Stadträten angeregte Erweiterung des Sportbeirats. Dieser dürfe nicht zum "Debattierclub" verkommen, so Thoma. In den vergangenen zwei Jahren wurde es nicht besser. Thoma ärgert sich darüber, "dass wir kein einziges Mal vom Stadtrat, den Parteien oder den entsprechenden Ausschüssen um Rat gefragt worden sind" - weder beim Umbau des Sportplatzes auf der Lände sowie dem Bau der Tribüne, noch bei der Diskussion um eine Eishalle oder zum Thema Sportgelände im Fliegerhorst. Auch über einen im September vorgeschlagenen Fitnessparcours wurde bis jetzt nicht entschieden. Dabei blickt der Sportbeirat durchaus selbstbewusst auf seine Arbeit. Im Brief an die Vereine streicht er seine Erfolge heraus: So wird die Jugendförderung für die Sportvereine von 2016 an von 56 000 auf 75 000 Euro aufgestockt, die Planung für das Sportzentrum West wird fortgeführt, und zehn Anträge sind an den Stadtrat gestellt worden. Zudem sei erreicht worden, dass auch die Volkshochschule von September an für die Benutzung von Turnhallen bezahlen muss. Vor allem die angebliche Bevorzugung der Volkshochschule ist Thoma ein Dorn im Auge - im Gegensatz zu den Sportvereinen würden auch deren Erwachsenen-Sportkurse von der Stadt bezuschusst.

Der oberste Sportfunktionär der Kreisstadt vermisst nach all den flammenden Bekenntnissen der Oberbürgermeisterkandidaten im Wahlkampf entsprechende Taten. Laufend würden "andere Projekte gegenüber dem Sport bevorzugt", neben der VHS auch die defizitären Millionenprojekte Veranstaltungsforum und neuerdings Lichtspielhaus. "In der Stadtpolitik spielt der Sport seit Jahren nur eine untergeordnete Rolle. Wir hofften, dies verbessern zu können. Leider sind wir in diesem Punkt gescheitert", so Thoma.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: